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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Schmutz ins Gesicht gewischt.
    Mac dachte an seine Bestürzung, wie er vergeblich versucht
hatte, sie mit Worten zu beruhigen. Ihm hatte das Wesen auf
einmal unsagbar leid getan, dieses Häufchen Unglück, nackt,
zerschunden.
    Als er sie tröstend berührte, war sie zurückgewichen und
aufgestanden, nicht einmal eilig. Und plötzlich, so als tauchte
sie in eine andere Welt ein, hatte sie gelacht und ihren Weg
über die Felsen eingeschlagen, allerdings diesmal in einem
normalen Schritttempo.
    Mac befand sich im starken Zweifel: Wäre das Wesen nicht
grün gewesen, er würde es für eine stumme, irrsinnige Frau
gehalten haben, die an einer der früher üblichen
Geistesstörungen litt, für eine Menschenfrau.
    Anfangs fühlte er sich geneigt, anzunehmen, sie sei infolge
eines üblen Scherzes oder eines Unfalls mit dauerhafter Farbe
in Berührung bekommen. Und eine Frage drängte sich Mac
auf: Wo lebt sie? Er hatte sich bisher gescheut, sie zu
verfolgen, sie damit vielleicht zu erschrecken oder, was
schlimmer gewesen wäre, so zu verängstigen, dass sie
womöglich diese Gegend verließe und in der Weite der
Marswüsten und Felder auf Nimmerwiedersehen untertauchte.
    Und das war es auch, was Macs Gewissen schwer belastete:
Wenn sie verschwände wie ein Phantom, was hatte er dann?
Ein Paar kunstharzene Fußabdrücke. Und der Menschheit
ginge durch seine egoistische Heimlichtuerei vielleicht ein
Schlüssel zu einem Geheimnis verloren, ihr entginge eine
Entdeckung, die möglicherweise für das Verständnis des
eigenen Entwicklungsprozesses von großer Tragweite sein
könnte.
    Es gab Augenblicke, in denen sich Mac der Verantwortung
nicht gewachsen fühlte. Wenn ihn vor dem Einschlafen solche
Gedanken befielen, war er drauf und dran, hochzuspringen und
über den Videor die Meldung in den Marsäther zu jagen.
    Aber jedes Mal, wenn er sie sah, verstärkte sich seine
Meinung: Es ist ein unglückliches, ein krankes Wesen. Und
dann brachte er es nicht fertig, sie dem auszusetzen, was käme
– nicht, bevor er ihr Verhalten einigermaßen analysiert haben
würde! Freilich, man hatte natürlich die allergrößte Achtung
vor dem Leben. Aber allein wenn Mac an die simplen
medizinischen Torturen dachte, an Blutproben und Ähnliches,
hegte er nach seinen bisherigen Erkenntnissen die größten
Befürchtungen für die Unbekannte.
    Und war sie kein Mensch, woraus sollte jemand die
Gewissheit schöpfen, sie sei schwachsinnig, sei krank? Das
entspräche zu sehr hergebrachten Maßstäben. Wer konnte dann
sagen, dass ihr für menschliche Begriffe merkwürdiges
Verhalten nicht ihr normales sei?
    Noch wusste niemand von Macs Entdeckung. Und es war
auch kaum damit zu rechnen, dass etwas bekannt wurde, so
lange die Treffen in solchen Grenzen blieben. Alles andere
hatte Mac mit sich allein abzumachen Er wusste zwar, dass es
ihm sehr zu schaffen machen würde, sicher ein Leben lang,
wenn er etwas unwiderruflich verpatzte. Doch das wollte er
dem Wesen zuliebe auf sich nehmen. Aber auch hier nagte der
Zweifel: Was hieß „dem Wesen zuliebe“? Hieß es, etwas zu
tun oder zu unterlassen?
    Bisher hatte sich Mac der Grünen dann genähert, wenn sie
bereits eine Weile ihr ergötzliches Spiel betrieben hatte. Heute
wollte er das Risiko steigern. Er hatte sich vorgenommen, sie
an der Maschine zu erwarten.
    Pomeranze, die sanfte Sonne, berührte den Horizont noch
nicht, und gewöhnlich kam die Frau erst, wenn es wirklich
warm wurde, und dann musste Sunnyboy ein Fünftel seiner
Bahn zurückgelegt haben.
    Mac machte sich an dem Aggregat zu schaffen. Er las an den
Tanks die Stände des Wasser- und Sauerstoffs ab, überprüfte
den Behälter der Mineralisierungsanlage, dachte daran, dass
die Maschine eigentlich kein Trinkwasser produzierte, und
daran, dass die Grüne davon bereits eine große Menge zu sich
genommen haben mochte. Mac kostete und fand das Wasser
fad und geschmacklos. Dann brach er an Stellen, wo er
erwartete, dass sie beim Duschen stehen würde, Zweige und
Ranken ab, damit wenigstens hier der grünen Haut keine neuen
Wunden geschlagen würden.
    Und nun war es soweit. Mac begann nach dem Aufgang von
Sunnyboy zu schwitzen. Dann stieg die Sonne vollständig über
den Roten Felsen. Wenig später tauchte davor, wie aus den
Strahlen geboren, ein Schatten aus dem Felsen und kam
zielgerichtet auf den Wassersprüher, auf Mac zu. –
    Sylvester Reim hörte der Touristen führerin nur halb zu. Sie
liefen durch das enge Holzhäuschen mit einer

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