Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
beeinträchtigen.
Und er wurde ein wenig traurig, als er sich vorstellte, dass er in
kurzer Zeit aufbrechen würde, ohne daran etwas ändern zu
können. „Wie hast du das Verhältnis von Anne und Allan
gesehen?“, fragte Sylvester dann, vor allem in dem Bemühen,
das Thema zu wechseln, aber auch weil er meinte, dass in den
Beziehungen dieser beiden Menschen der Schlüssel zum
negativen Ausgang der Faunella-Arbeiten zu suchen sein
könnte.
„Als ich ging, herrschte da eitel Lust und Sonnenschein, wie
man so sagt. Ich hatte zwar den Eindruck, dass Anne mit ihrer
Arbeitswut übertrieb, aber diese Liaison schien dem Vorhaben
förderlich – gleiche Interessen sozusagen. Ich war schon
überrascht, als ich gelegentlich vom Bruch dieser Verbindung
hörte, und der Tod Annes hat mich sehr erschüttert. Sie war ein
bemerkenswerter Mensch.“
„Und Nagy?“, erkundigte sich Sylvester. Ihm waren, als sie
vom Ethos sprachen, Nagys Argumente beim Gespräch in der
Jagdhütte in den Sinn gekommen. Wie ehrlich mochte der es
damals gemeint haben? Sylvester kam nicht von der
Vorstellung los, dass es sich um eine einstudierte
Rechtfertigung gehandelt hatte.
„Der beste Genoperateur, den ich je kennen gelernt habe, und
ich habe auch jetzt mit welchen zu tun. Ein wenig
unausgeglichen vielleicht. Ob ich das aber richtig sehe? Seine
Zuneigung zu Anne, sein Verhalten damals haben seinem Bild
möglicherweise einen anderen Ausdruck verliehen. Ich mochte
ihn. Ein Leichtfuß, mag sein, ein Mensch aber mit Humor. Wie
sagte dieser alte Dichter? Der Tag, an dem nicht gelacht wird,
ist ein verlorener Tag. Und Nagy hatte Geschick, Leute zum
Lachen zu bringen, nicht durch Plattheiten, sondern durch
echte, von ihm provozierte Situationskomik. Als ich ihn – es
ist auch schon wieder Jahre her – wiedertraf, hat er mir nicht
gefallen.“
„Er ist jetzt verbittert, beinahe bösartig“, sagte Sylvester
nachdenklich. „Wahrscheinlich ist er mit den Ereignissen
damals nicht fertig geworden.“
Es entstand eine Pause.
„Konnte ich dir ein wenig helfen?“, fragte Conny Higgs. Sie
fühlte, dass das Gespräch eigentlich zu Ende war.
„Ja – und nein“, antwortete Sylvester. „Ich bin dir dankbar.
Jetzt sehe ich Zusammenhänge, obwohl es mir und der Arbeit
konkret sicher kaum weiterhilft. Aber ich glaube, und das ist
die Erkenntnis aus unserem Treffen, ich sollte nicht länger in
Vergangenem rühren.“
Alina sah Sylvester mit einem warmen Blick an. Dann sagte
sie: „Es dringt zu sehr in Intimsphären ein. Und es ist wohl
richtig, wenn du zu Gunsten der inneren Ruhe einiger
Beteiligter deinen Eifer ein wenig zurücknimmst, zumal die
Ursachen für das plötzliche Versagen der Faunella nicht
geklärt werden konnten. Du hast dich redlich bemüht,
Sylvester. Lass es nun aber gut sein.“ Sie legte ihm flüchtig die
Hand auf den Arm.
Sylvester nickte.
„Es ist sicher das Beste“, fügte Conny Higgs hinzu. „Obwohl
ich auf meinem Standpunkt beharre, wünsche ich euch
befriedigende Erfolge.“ Sie lächelte, und Sylvester wurde sich
der Doppeldeutigkeit ihres Wunsches bewusst.
„Was haltet ihr von einer Ruderpartie?“ Die Higgs wies wie
ein stolzer Eigentümer hinüber zum Stausee.
Als die beiden erstaunt blickten – immerhin ging es erst auf
Mittag zu –, aber freudig einwilligten, fügte sie hinzu: „Es ist
selten, dass ich Besuch bekomme.“
Es wurden noch schöne Stunden mit Conny Higgs.
Die beiden, Alina und Sylvester, lernten eine humorvolle
Conny kennen, eine, die dem Bild entsprach, das ihr Nachbar
in Nowosibirsk von ihr entworfen hatte. –
    Alexej Bolscha beobachtete die Veränderung des Gefährten
mit Verwunderung. War Mac noch Tage vorher abgespannt
und müde, einsilbig, ja mitunter sogar unwirsch von seinem
12- bis 14-stündigen Außendienst heimgekehrt, kaum fähig,
die notwendigsten Verrichtungen zu erledigen, wirkte er jetzt
ausgeglichen, beinahe fröhlich, obwohl er die Dauer seiner
Tätigkeit nicht verkürzte und die Arbeit draußen – seinen
Berichten nach und auch nach den letzten Luftaufnahmen –
nicht vernachlässigte.
    Macs Bindung zu Kim lebte sogar wieder auf – und das
verwunderte Alexej besonders. Mac hatte sie zwar nie wirklich
vernachlässigt, hatte ihre Videogramme stets sofort
beantwortet, aber seine Einstellung dazu war im Vergleich zu
früher eine andere gewesen, so als wäre er ständig gedanklich
abwesend. Jetzt hingegen fragte er bereits von der Tür her, ob
Post eingegangen sei.

Weitere Kostenlose Bücher