Die Maschen des Schicksals (German Edition)
erzählt, dass Elise von seiner Krebserkrankung wusste. In den Wochen vor ihrer letzten Begegnung war sie von Maverick immer wieder in sein Apartment eingeladen worden, hatte jedoch jedes Mal abgelehnt.
Nach ihrem letzten Gespräch hatte er sie nicht mehr eingeladen, und sie konnte es ihm nicht verübeln. Inzwischen bereute sie ihren Ausbruch. Als sie das Schweigen nicht mehr länger ertragen konnte, beschloss Elise, ihn in seiner Wohnung zu besuchen.
Es war ein Neubau in einer schönen Gegend, nicht weit von Auroras Haus und nahe der Innenstadt von Seattle. Ihr fiel auch auf, dass es in der Nähe recht viele medizinische Einrichtungen gab.
Die Schwermut, die sie befallen hatte, seitdem sie von Mavericks Leukämieerkrankung wusste, wurde von Tag zu Tag unerträglicher. Sie fühlte sich gekränkt, dass er nicht mit ihr darüber gesprochen hatte. Trotzdem verstand sie die Gründe für sein Schweigen. Spät in der Nacht, wenn sie zusammengekuschelt im Bett gelegen hatten, war Elise manchmal so gewesen, als wolle er ihr etwas sagen. Ein Dutzend Mal hatte sie das Gefühl gehabt, jedoch immer befürchtet, er würde ihr gestehen, wieder gespielt zu haben. Das hätte sie einfach nicht ertragen können, deshalb hatte sie einfach so getan, als schliefe sie schon. Ihre gemeinsamen Nachtstunden waren ihr zu kostbar gewesen, um sie durch ein solches Geständnis zu ruinieren.
Der Portier war so freundlich, ihr die Klingel von Mavericks Gegensprechanlage zu zeigen. Maverick meldete sich beim zweiten Läuten. Er hörte sich müde an.
„Ich bin es. Kann ich raufkommen?“, fragte Elise zögernd.
„Natürlich.“ Der Summer ertönte, und die Haustür öffnete sich. Mavericks Wohnung befand sich im fünfzehnten Stockwerk. Als sie aus dem Fahrstuhl trat, stand er bereits an der Tür und wartete auf sie.
Sein Willkommenslächeln ließ sie fast stolpern. Die ganzen Wochen über hatte sie ihm ständig nur Vorhaltungen gemacht. Nun war sie voller Schuldgefühle und bereute, so viel Zeit vergeudet zu haben. Jetzt, da sie ihn sah und wusste, dass er bald sterben würde, brach sie in Tränen aus. Dabei weinte sie fast nie. Sie konnte sich einfach nicht mehr beherrschen. Geschüttelt von Schluchzern, schlug sie die Hände vors Gesicht.
Er reagierte sofort auf ihren Gefühlsausbruch, legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie in seine Wohnung. Mit dem Fuß stieß er die Tür zu, ohne Elise loszulassen.
„Elise, Elise“, flüsterte er und umfasste ihr Gesicht mit seinen großen Händen. „Was ist denn los? Mein mutiges Mädchen weint doch nicht.“
„Ich … komme … mir … so … schlecht vor.“ Sein Mitgefühl, die leisen, sanften Worte machten ihre Schuldgefühle nur noch größer.
„Warum das?“ Er sah sie fragend an.
„Wegen allem. Ach, Maverick, ich war so verbittert und so gemein zu dir.“
„Ich habe dir ja auch jeden Grund dazu gegeben.“
„Ich war nie die richtige Frau für dich, und …“
„Ich war auch nicht der richtige Mann für dich.“
„Aber ich liebe dich“, sagte sie schniefend. Sie hatte versucht, es zu verdrängen, aber sie liebte Maverick. Als sie erfuhr, dass er nach Seattle kam, wollte sie ihm nicht begegnen, weil sie die Wahrheit erkannt hatte – und diese Erkenntnis hatte ihr Angst gemacht.
Maverick zog sie noch fester an sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich habe dich immer geliebt. Immer.“
Sie sah ihn mit tränennassen Augen an. „Ich weiß, aber …“
„Warum, glaubst du, habe ich nie wieder geheiratet?“
Das hatte sie sich gefragt, aber nie gewagt, den Grund herauszufinden. Seiner Bemerkung entnahm sie, dass er wohl Möglichkeiten dazu gehabt hatte. Das glaubte sie sofort. Doch das war nicht wichtig. Nicht einmal seine Spielerei schien mehr von Belang zu sein.
„All diese verschwendeten Jahre … diese einsamen, leeren Jahre“, sagte sie mit brüchiger Stimme. „Und jetzt … jetzt ist es zu spät … Aurora hat mir gesagt, dass du … todkrank bist.“ Es fiel ihr schwer, das auszusprechen.
Er seufzte. „Das habe ich befürchtet.“
„Nein, nein, es ist richtig, dass ich das erfahren habe.“ Doch sie hatte es Maverick unmöglich gemacht, es ihr selbst zu sagen.
„Es tut mir so leid.“ Sie musste wieder schluchzen. Es war kaum zu ertragen, dass sie ihn so schnell wieder verlieren würde, nachdem sie sich gerade erst gefunden hatten.
Er umarmte sie fest. „Noch bin ich nicht tot.“
Wenn sie nicht so verzweifelt gewesen wäre, hätte sie
Weitere Kostenlose Bücher