Die Maschen des Schicksals (German Edition)
dreimal die Woche zu einem freundschaftlichen Pokerspiel vorbeikamen. Er hatte sie in dem hiesigen Pokersalon kennengelernt.
„Sie kommen um drei“, erwiderte er. In der Welt des Wettspiels war er offensichtlich sehr bekannt. Seine früheren Eskapaden während ihrer Ehe hatten sie geängstigt und wütend gemacht. In ihrer Furcht – und Selbstgerechtigkeit – wollte Elise sich lieber vorstellen, er würde von der Hand in den Mund leben. In Wahrheit aber war er erfolgreich. Doch er hatte niemanden dazu ermuntert, so ein Leben zu wählen, wie er es führte, sondern anderen davon abgeraten, professionelle Spieler zu werden. Im Nachhinein wünschte er, für seinen Lebensweg eine andere Wahl getroffen zu haben.
Elise ging zu ihrem Mann ins Wohnzimmer und setzte sich zu ihm auf die Sessellehne. Er legte ihr den Arm um die Taille und schloss seufzend die Augen. Er war müde, wie sie wusste. Der Besuch beim Arzt heute, wo verschiedene Tests gemacht wurden, hatte ihn erschöpft, doch die letzten Ergebnisse waren ermutigend. Der Fortgang der Krankheit hatte sich merklich verlangsamt. Sie erhielten einen Aufschub. Elise hatte keine Ahnung, wie viel Zeit ihnen noch vergönnt war. Doch sie wusste, jeder einzelne Tag mit ihm war ein Geschenk, auf das sie kaum zu hoffen gewagt hatte.
„Warum schläfst du nicht ein bisschen vor dem Spiel?“, schlug sie vor.
„Ich glaube, das werde ich tun.“
Sie stand von der Lehne auf und setzte sich ihm gegenüber, während sich Maverick im Lehnstuhl ausstreckte. Elise griff nach dem weißen Weidenkorb und breitete ihre Handarbeit aus. Sie strickte ihm eine Decke, die er sich bei solchen Gelegenheiten über den Schoß legen konnte. Die Nadeln machten leise klickende Geräusche. Tröstliche Geräusche.
Seit einem Jahr lebten sie jetzt zusammen, und nicht ein einziges Mal hatte sie es bereut, Maverick noch einmal geheiratet zu haben. Jeder Tag seitdem war wie Flitterwochen gewesen. Ihr gefiel es, wie sehr er ihre Tochter und die Enkelkinder liebte. Er hatte für ihre Zukunft gesorgt, indem er ihnen ein Treuhandvermögen einrichtete.
Über Elises Klage war nun bei Gericht entschieden worden und ein Teil ihrer Auslagen ersetzt. Es war mehr als erwartet, aber weniger, als sie sich gewünscht hätte. Das Geld, das sie erhalten hatte, war zurzeit angelegt. Dieses Kapitel in Elises Leben war abgeschlossen, und sie war dankbar dafür, finanziell überlebt zu haben.
Sie hatte ihren Freundinnen vom Strickkurs nie gesagt, dass es sich bei ihrem anonymen Wohltäter um Maverick handelte. Obwohl sie manchmal versucht gewesen war, hatte sie geschwiegen. Als Courtney von ihrem schönen Kleid erzählte und Einzelheiten über den Homecoming-Ball und den Besuch ihrer Schwester berichtete – alles hatte sie ihrem unbekannten Gönner zu verdanken –, hörte Elise nur schweigend zu und freute sich. Sie versuchte sich jedes Detail zu merken, sodass sie es Maverick später berichten konnte.
Noch bemerkenswerter war es, welche Auswirkungen sein Geschenk auf Bethanne gehabt hatte. Sie erzählte Elise damals unter vier Augen, dass ihr ein Fremder das Anfangskapital für ihr Geschäft gegeben habe und wie viel ihr diese paar Tausend Dollar bedeuteten. Dieses Geld war die Rettung gewesen und gerade zu einer Zeit gekommen, als sie es am nötigsten gebraucht hatte.
Bethanne war außerordentlich kreativ in ihren Geschäftsideen. Elise konnte nichts mehr bei ihr überraschen. In wenigen Jahren würde sich Bethannes Party-Service sicher zu einer richtigen Firma entwickelt haben. Ihre Einfälle waren originell, erfrischend, erfinderisch. Mavericks Großzügigkeit hatte zu Bethannes Erfolg beigetragen, und eines Tages würde ihre Freundin einem anderen ums Überleben kämpfenden Jungunternehmer finanziell und mit guten Ratschlägen unter die Arme greifen. Elise verspürte Stolz und Freude bei dem Gedanken daran.
Nicht ein Mal hatte Bethanne im Kreis der Strickrunde ein Wort über das Geld verloren. Das war auch gut so. Wenn Bethanne etwas davon erwähnt hätte, wären ihre Freundinnen vielleicht nach Courtneys Geschichte darauf gekommen, wer dahintersteckte. Maverick wollte keinen Dank oder Bewunderung; er bevorzugte es, unerkannt zu bleiben.
Elise lächelte beim Stricken in sich hinein. Sie nahm an, dass Lydia Bescheid wusste. Sie hatte nie direkt etwas gesagt oder Elise danach gefragt, doch eines Tages hatte sie wie nebenbei bemerkt, dass es wohl in ihrer Gruppe so etwas wie einen guten Zauberer geben musste.
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