Die Maschen des Schicksals (German Edition)
hatte ich ein paar Kurse gegeben und die Erfahrung gemacht, dass die richtige Zusammensetzung von Leuten entscheidend war. Bei den Frauen, die sich diesmal angemeldet hatten, kamen mir Zweifel. Aber ich wollte mir nicht schon vorher Sorgen machen.
Dass die drei Teilnehmerinnen so unterschiedlich waren, erinnerte mich an meinen ersten Strickkurs im vergangenen Jahr. Elise, Bethanne und Courtney hatten in meinen Augen absolut nichts gemeinsam, bis auf die Tatsache, dass sie stricken wollten. Genauso wie damals bei dem Babydecken-Kurs mit Jacqueline, Carol und Alix. Sie waren so verschieden, wie drei Frauen nur sein konnten, trotzdem entwickelte sich innerhalb einer bemerkenswert kurzen Zeit eine innige Freundschaft zwischen uns allen. Ich dachte immer wieder darüber nach und hoffte, dass sich die Geschichte wiederholte. Obwohl ich nicht wirklich daran glaubte. Eigentlich bin ich nicht pessimistisch – im Gegensatz zu meiner Schwester –, aber Elise Beaumont kam mir so steif und misstrauisch vor, so verschlossen. Bethanne Hamlin, sofern ich das nach unserem kurzen Zusammentreffen beurteilen konnte, war nervös und ängstlich, jederzeit bereit, die Flucht zu ergreifen. Courtney Pulanski war ein Teenager. Sie tat mir leid – dem armen Kind stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, als Vera darauf bestanden hatte, ihre Enkelin zum Kurs anzumelden. Leider konnte ich nicht behaupten, dass diese drei eine besonders gute Mischung waren.
Ich warf Margaret, die gerade mit einer Kundin beschäftigt war, einen Blick zu, während ich mich auf den Unterricht vorbereitete. Heute Morgen hatte ich meiner Schwester gleich zu Beginn die Gelegenheit gegeben, sich mir wegen Matts Arbeitslosigkeit anzuvertrauen, aber sie blieb verschlossen. Es fiel mir schwer, meine Enttäuschung nicht zu zeigen. Jedenfalls wollte ich sie nicht dazu drängen, mich ins Vertrauen zu ziehen. Ich war voller Mitgefühl für sie – und litt selbst auch. Ein Dutzend Fragen lag mir auf der Seele, wie zum Beispiel, abgesehen von anderen Sorgen, meine Nichten Julia und Hailey mit der Situation fertig wurden. Ich hatte immer schon ein enges Verhältnis zu ihnen und war sicher, dass sie mit mir darüber sprechen würden, wenn Margaret es ihnen nicht verboten hätte. Einerseits verstand ich die Zurückhaltung meiner Schwester, doch dadurch wurde die Situation nicht erträglicher.
Die Glocke über der Tür bimmelte, und Elise Beaumont kam in den Laden. Sie verkörperte nicht gerade das, was ich unter einer warmen, freundlichen Person verstehe, doch bei unserem ersten Treffen war sie jedenfalls höflich gewesen. An diesem Morgen allerdings strahlte sie eindeutig schlechte Laune aus. Sie wirkte auch, als hätte sie nicht gut geschlafen. Wäre sie mir vertrauter gewesen, hätte ich sie darauf angesprochen. Doch da sie eine neue Kundin war, ließ ich es sein. Oh je, dieser Kurs begann wirklich nicht sehr gut.
„Guten Morgen.“ Ich hoffte, dass meine Begrüßung sie etwas aufmunterte, aber sie sah mich nur stirnrunzelnd an.
„Ich muss wissen, wie lange der Kurs dauert.“
„Zwei Stunden.“ Ich griff nach dem Informationsblatt, das Margaret am Computer hergestellt hatte, und reichte es ihr.
„Ich denke, das geht.“ Mit einem mürrischen Gesichtsausdruck zog sich Elise einen Stuhl vor, setzte sich an den Tisch und legte sich die Tasche mit den Stricksachen auf den Schoß.
Mir fiel ein, dass sie bereits das Material für den Kurs ausgesucht hatte – hellblaue Wolle mit grauen und schwarzen Sprenkeln, die beim Stricken automatisch ein Muster bildet. Vermutlich wollte sie Socken für einen Mann stricken.
Elise saß kaum an ihrem Platz, als Bethanne hereinkam, die für meinen Geschmack sehr förmlich gekleidet war. Courtney folgte ihr auf dem Fuß und stellte in ihren Jeans und dem übergroßen T-Shirt genau das Gegenteil von Bethanne dar. Ohne ein Wort gingen beide nach hinten und nahmen Platz, jede so weit wie möglich von der anderen entfernt.
Ich stellte mich an das eine Ende des Tisches und lächelte. „Wie ich sehe, sind wir vollständig. Ich hoffe, dass ihr alle Spaß daran haben werdet, das Stricken mit Rundnadeln zu lernen. Es wird ein kleines Abenteuer sein, aber ich bin sicher, dass keine von euch nachher enttäuscht ist. Am besten stellen wir uns erst mal alle vor.“
Meine Schülerinnen starrten mich an; jede schien darauf zu warten, dass die anderen begannen. „Okay, also mache ich den Anfang“, sagte ich. „Mein Name ist Lydia Hoffman,
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