Die Maschen des Schicksals (German Edition)
vernünftige Art besprechen könnten. Merkwürdig vielleicht, aber sie hasste Grant nicht. Und den Kindern zuliebe sollten sie zusammenarbeiten. Sicher dachte er genauso darüber.
Während sie an ihrem Espresso nippte, hoffte sie, etwas Kraft aus dem starken heißen Kaffee schöpfen zu können. Die Unterhaltung würde unangenehm werden. Vor allem, weil sie das Thema Geld anschneiden musste.
Grant kam um die Ecke, und sie fragte sich, wo er wohl seinen Wagen abgestellt hatte. Sie hatte ihn schon gesehen, bevor er sie entdeckte. Er war eine eindrucksvolle Erscheinung, und obwohl er ihr Vertrauen in so einer grausamen Weise missbraucht hatte, konnte sie nicht aufhören, ihn zu lieben. Es ärgerte sie, dass sie noch immer Gefühle für ihn hegte, doch zu ihrer Liebe kamen auch Wut, Enttäuschung und Unverständnis. Dieser Mann, der dort auf sie zukam, war eigentlich ein Fremder.
Als Grant sie sah, lächelte er nicht, sondern nickte ihr nur kurz zu. Sie trug einen schwarzen maßgeschneiderten Blazer über einer hellgrünen Seidenbluse und eine teure schwarze Hose. Ihr Haar war mit einer großen Silberspange zurückgesteckt. Er reagierte überhaupt nicht auf ihr Äußeres, obwohl er sie früher in diesem Outfit immer bewundert hatte. Ohne die Spur eines Lächelns oder irgendeinen Hinweis, dass er sich freute, sie zu sehen, setzte er sich auf einen der schmiedeeisernen Stühle.
„Möchtest du etwas trinken?“, fragte sie. Vielleicht würde es leichter werden, wenn sie beide etwas entspannter wären.
„Nein.“ Er blickte auf die Uhr. „Ich habe nur ein paar Minuten Zeit. Um was geht es?“
Bethanne gab sich alle Mühe, um sich nicht von seiner Art abschrecken zu lassen. „Es ist wegen Annie.“
„Das hast du schon am Telefon gesagt, und ich verstehe ganz ehrlich nicht, was sie so Außerordentliches gemacht hat. Okay, sie ist wütend. Das war zu erwarten, aber Tiffany trägt ihr diese Zeitschriftenabos und Anrufe von der Blutbank nicht nach. Du bist diejenige, die meint, Annie hätte so viel Wut aufgestaut, dass sie bald eine Bombe platzen lässt.“
„Ich
meine
es nicht, Grant, ich weiß es. Ich mache mir Sorgen … Sogar Andrew hat seine Befürchtungen, sonst wäre er nicht damit zu mir gekommen.“
„Schön, also du und Andrew seid besorgt. Ich möchte nicht gefühllos klingen, aber ich glaube nicht, dass es so schlimm um Annie steht. Ein gewisser Grad von Verbitterung ist normal. Darüber wird sie schon hinwegkommen.“
„Aber du bist nicht derjenige, der mit ihr zusammenwohnt“, widersprach Bethanne, „sondern ich. Schon, oberflächlich gesehen scheint sie sich langsam zu beruhigen, doch ich glaube das nicht.“ Grant schüttelte abschätzig den Kopf, und Bethanne wurde zusehends ärgerlicher. „Seit wann bist du denn Experte in Bezug auf die Auswirkungen einer Scheidung auf Teenager? Hast du vielleicht ein Buch darüber gelesen?“ Sie konnte sich kaum vorstellen, dass er mit einem Psychologen gesprochen hatte.
Grant seufzte und lehnte sich zurück. „Ich weiß, dass sie angefangen hat zu joggen. Das ist eine gute Art, ihre Frustration rauszulassen“, sagte er, ohne auf ihre Frage einzugehen.
„Ich weiß. Das denke ich auch, aber …“
„Du benutzt die Kinder, um mich zu schikanieren“, sagte er herausfordernd.
„Dich zu schikanieren?“ Sie musste sich beherrschen, um nicht zu schreien, obwohl sie das Gefühl hatte, vor Wut zu platzen. Nur wegen ihrer Kinder und weil sie sich hier in der Öffentlichkeit befanden, unterdrückte Bethanne ihren Ärger. Sie hatte gehofft, zu ihm durchzudringen, ihm klarmachen zu können, dass ihre Tochter ernsthafte Probleme hatte. Sie war sich nicht sicher, wie sie mit Annie umgehen sollte, und sie wollte, sie
brauchte
seine Hilfe.
„Ich soll mich schuldig fühlen“, murrte Grant. „Das bezweckst du doch hiermit. Du manipulierst mich, und Annie ist genauso schlimm. Ihr beide tyrannisiert mich. Nach den Scheidungsvereinbarungen sollte ich alle zwei Wochenenden mit ihnen verbringen. Sie weigern sich, und du lässt es zu! Ich habe genug von deinen Spielchen – und von den Launen der Kinder auch!“
Es stimmte, Andrew und Annie widersetzten sich energisch allen Bemühungen ihrerseits, sie an den besagten Wochenenden zu ihrem Vater zu schicken. Sie konnte sie nicht dazu zwingen. Nicht in dem Alter, in dem die beiden waren.
„Aber ich …“
Er stand auf, als wäre alles gesagt worden, das er für wichtig erachtete.
Sie wusste, wenn sie ihm jetzt
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