Die Maschen des Schicksals (German Edition)
wüsste er die Antwort bereits. „Jeder Cent, den du erhältst, kommt direkt von mir. Ich sehe nicht, dass du irgendwelche Anstrengungen machst, dich selbst zu ernähren.“
„Ich
habe
es versucht, und ich weiß nicht, was ich sonst noch anstellen soll. Wo ich noch nach einem Job suchen kann.“ Es war erniedrigend, ihre Schwäche einzugestehen. Am liebsten hätte sie auf ihn eingeschlagen, ihn beschimpft, verflucht, aber das hätte nichts gebracht. Also schluckte sie wieder einmal das bisschen Stolz hinunter, das ihr geblieben war.
„Du kannst mit der Jobsuche anfangen, indem du die Zeitung liest“, schlug ihr Exmann in herablassendem Ton vor. „Wenn gar nichts klappt, könntest du vielleicht einen Kindergarten im Haus eröffnen. Du hast dich ja immer gerühmt, so eine gute Mutter zu sein.“
Das hatte Bethanne sich einmal ebenso eingebildet, wie eine gute Ehefrau zu sein. Offensichtlich war sie es nicht. Sie versuchte, das Gefühl, versagt zu haben, abzuschütteln.
„Nutze deine natürlichen Begabungen“, fuhr Grant fort, „aber nicht, indem du mich ständig schröpfst.“
Sie zuckte bei seinen beleidigenden Worten zusammen.
„In zwei Jahren wird Annie die Highschool beenden, dann ist die Kindergeldzahlung vorbei.“
„Was ist mit dem College?“ Das war bereits in den Scheidungsunterlagen festgelegt, woran sie ihn auf jeden Fall erinnern würde.
„Wir teilen uns die Ausgaben fürs College, schon vergessen? Das bedeutet, du musst nicht nur anfangen, deinen Lebensunterhalt zu verdienen, sondern solltest genug zusammenbekommen, um deinen Anteil für die Kinder beizusteuern. Ich schlage vor, du suchst dir sofort eine Arbeit.“
„Das ist mir klar, aber …“
„Du hast immer eine Entschuldigung, was?“
Diesmal stand Bethanne auf, weil sie so schnell wie möglich fort wollte. Weg von diesem kalten, selbstsüchtigen Mann, der offenbar darauf aus war, sie fertigzumachen. Nun war sie mehr denn je entschlossen, ihn eines Besseren zu belehren.
„Adieu, Grant. Mach dir keine Sorgen, dass ich dich noch einmal belästige“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Wütend blickte sie ihn an und hoffte, er würde ihre Verachtung sehen und spüren. Wie hatte sie die ganzen Jahre mit ihm zusammenleben können, ohne zu bemerken, was für ein Mensch er war?
Schnell ging Bethanne die Straße hinunter. Aber nachdem Grant ebenfalls aufgebrochen und in die andere Richtung verschwunden war, blieb sie einen Moment stehen, um sich zu sammeln. Dann lief sie weiter zu ihrem Wagen, in dessen Kofferraum das Strickzeug verstaut war. Sie hatte zwar versucht, die Gebühren für den Kurs zurückzubekommen, die sie inzwischen als unnötige Ausgabe empfand, aber dazu war es jetzt zu spät. Das Geld war ausgegeben, und sie würde den Kurs jetzt nutzen.
Als sie an ihrem Auto ankam, bemerkte sie einen nagelneuen Cadillac, der um die Ecke bog. Es war genau die Marke und die Farbe, die Grant sich mal gewünscht hatte – vor der Scheidung. Sie sah zum Fahrersitz. Und zweifellos, da saß ihr Ex am Steuer eines Wagens, der so neu war, dass er noch die Kennzeichen des Autohändlers trug. Er weigerte sich, die Kosten für Andrews Footballcamp zu übernehmen, aber er konnte sich einen so teuren Wagen leisten, den er nicht einmal brauchte.
9. KAPITEL
Courtney Pulanski
“C ourtney!“
Sie hörte, dass jemand von unten ihren Namen rief. Aber Courtney war immer noch total verschlafen, und es war so gemütlich im Bett … Sie beschloss, das Rufen zu ignorieren und liegen zu bleiben.
„Courtney!“ Unnachgiebig meldete sich die aufdringliche Stimme wieder. „Du wolltest, dass ich dich aus dem Bett hole, schon vergessen?“
Sie stöhnte, rollte sich herum und blinzelte vorsichtig mit einem Auge zu dem alten Wecker auf ihrem Nachttisch. Ihre Großmutter hatte nicht eine einzige Digitaluhr im Haus. Der große Zeiger stand auf der Sechs und der kleine zwischen der Fünf und der Sechs. Es war halb sechs!
„Courtney!“, rief ihre Großmutter erneut. „Es ist ziemlich mühsam für mich, die Treppen rauf- und runterzugehen, aber wenn es sein muss, komme ich hoch. Jetzt steh auf!“
Courtney warf die Decke zur Seite, krabbelte aus dem Bett und wankte zum Treppenabsatz. „Ich bin schon auf!“ Sie wusste nur nicht, warum.
„Dem Himmel sei Dank!“ Vera Pulanski blieb auf der dritten Stufe stehen und sah äußerst erleichtert aus, weil ihr der Rest des anstrengenden Aufstiegs erspart blieb. „Ich bin in zehn
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