Die Maschen des Schicksals (German Edition)
keine Familie gründen zu wollen.“
Bethanne hatte von Grant erfahren, dass es auf der anderen Seite keine Kinder gab. Das Ganze war ohnehin schon schlimm genug, ohne auch noch die Gefühle von noch mehr Kindern zu verletzen.
Sie nahm hastig einen Schluck von ihrem Chardonnay, dann noch einen. „Annie hat heute Nachmittag gesagt, dass die beiden wahrscheinlich heiraten.“
Paul zog die Augenbrauen hoch. „Das ist wohl anzunehmen.“
Obwohl ihr bei diesem Gesprächsthema der Appetit vergangen war, schlug sie die Speisekarte auf. „Ich weiß nicht, ob ich jemals darüber hinwegkommen werde“, flüsterte sie.
„Sagen Sie so was nicht“, bat er. „Ich hatte gehofft, dass für Sie alles besser ist.“
„Es ist besser“, behauptete sie forsch. „Nur … es fühlt sich noch nicht so an.“ Nachdem das Alleinsein all die Monate so sehr wehgetan hatte, konnte sie sich kaum vorstellen, dass der Schmerz irgendwann einmal vorbeigehen würde.
„Ihr Mann und meine Frau haben uns betrogen“, sagte er plötzlich ärgerlich. „Warum sind wir diejenigen, die leiden?“
Tatsächlich war es unfair. Sie war es, die verletzt worden war; Paul ebenfalls. Während Grant und Tiffany sich ihrer Verantwortung entzogen hatten und womöglich jeden Abend feierten, musste sich Bethanne um die Kinder kümmern, deren Zukunft auf dem Spiel stand, ein altersschwaches Haus erhalten und mehr Kummer ertragen, als eine einzelne Person auf die Dauer aushalten konnte.
„Ich habe mir gesagt, sie müssen mit dem, was sie getan haben, leben“, sagte Paul, „aber das ist ein schwacher Trost.“
„Es ist gar kein Trost.“
Er schlug ebenfalls seine Speisekarte auf. „Ich dachte …“
„Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir von etwas anderem reden?“, unterbrach ihn Bethanne plötzlich. „Wir müssen beide mit unserem Leben weitermachen. Lassen Sie uns jetzt bestellen, ja?“
Er nickte. „Haben Sie sich schon was ausgesucht?“
„Nur einen Appetithappen. Den geräucherten Lachs, denke ich. Und vielleicht eine leichte Suppe mit Meeresfrüchten.“
Er rief den Ober, und sie bestellten. Paul nahm ebenfalls die Suppe und eine kleine Portion Pasta mit Meeresfrüchten. „Und? Tun Sie das?“, fragte er dann. „Ich meine, machen Sie weiter mit Ihrem Leben?“
„Ich versuche es jedenfalls.“
„Wie?“ Als sie ihn erschrocken ansah, fügte er hinzu: „Der Grund, warum ich das wissen will, ist, weil ich Hilfe brauche. Ich hatte wohl gehofft, dass es Ihnen besser als mir ginge und Sie mir ein paar weise Ratschläge erteilen könnten.“
„Ich … ich mache einen Strickkurs.“
Paul grinste, und dabei sah er auf eine jungenhafte Art gut aus. „Ich glaube, das ist mehr etwas für Frauen.“
„Eine Menge Männer stricken auch.“
„Tatsächlich?“
Sie zuckte die Schultern. „Das habe ich jedenfalls gehört.“
„Ich habe mit Golfspielen angefangen. Aber bisher kriege ich den Dreh nicht so richtig raus.“
Wieder herrschte Schweigen, während sie sich auf ihre Suppe konzentrierten, die inzwischen gebracht worden war. Beide murmelten vor sich hin, wie gut es schmeckte. Es war tatsächlich köstlich, und Bethanne versuchte automatisch, die Zutaten herauszufinden. So wie sie es während ihrer Ehe immer getan hatte, um das jeweilige Gericht später für Grant nachzukochen. Überraschenderweise fühlte sie sich dabei eher besser statt schlechter, als hätte sie auf einmal wieder einen kleinen Teil der Frau in sich entdeckt, die sie einst gewesen war.
Sie kostete ihren geräucherten Lachs. Gut, doch sie hätte ihn nicht mit dieser Currymayonnaise serviert. Zu viele unterschiedliche Geschmacksrichtungen.
Zeit, sich erneut der Unterhaltung zu widmen. „Haben Sie sich inzwischen wieder mit jemandem getroffen?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Sie?“
Lächelnd zeigte sie auf ihn. „Sie sind meine erste Verabredung zum Dinner seit zweiundzwanzig Jahren.“
„Sie sind mein erstes Date seit sieben.“
„Ist das ein Grund zum Feiern?“
Er lachte. „Ich glaube schon.“ Er gab dem Kellner ein Zeichen, und sie bestellten jeder ein zweites Glas Wein.
Paul mochte nicht der attraktivste Mann sein, den sie jemals getroffen hatte, vor allem im Vergleich zu Grant. Doch Bethanne gefiel es, wie ungekünstelt, großherzig und einfühlsam er war. Obwohl er genauso litt wie sie, drückte er sein ehrliches Bedauern darüber aus, dass seine Exfrau ihre Familie zerstört hatte.
„Kann ich irgendetwas für Sie tun?“, erkundigte
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