Die Maschen des Schicksals (German Edition)
sich mehr oder weniger selbst beigebracht. „Ich habe neulich wieder was von meinem Bruder gehört“, berichtete sie mit leicht gerunzelter Stirn. „Er hat noch einmal geheiratet.“
„Hat er euch nicht zur Hochzeit eingeladen?“
„Nein. Wir haben’s erst hinterher erfahren.“
So wie sie das sagte, wusste ich, dass Carol von ihm enttäuscht war. Sie hatte mir bereits vorher einiges über Rick anvertraut, und ich vermutete, dass er ziemlich unreif und nicht sehr gefestigt war. Als Pilot ließ er sich ständig auf ein Techtelmechtel mit den Stewardessen oder anderen Frauen ein, die er auf seinen Reisen traf. Seine Untreue hatte seine Ehe mit einer Frau ruiniert, die Carol sehr schätzte.
„Ich hoffe, diesmal hält es länger als beim ersten Mal“, fügte Carol hinzu. „Doug und ich haben ihnen nachträglich ein Hochzeitsgeschenk geschickt. In letzter Zeit hören wir kaum noch was von Rick.“ Mit anderen Worten, sie rannte nicht täglich zum Briefkasten, in der Hoffnung, eine Dankeskarte von ihm zu erhalten.
Sie wollte gerade noch etwas erzählen, als die Tür erneut geöffnet wurde und Alix hereinkam.
„Alles klar?“, rief sie auf den Begrüßungschor hin. Alix ist … einzigartig. Als sie sich für den Kurs einschrieb, dachte ich wirklich, ich hätte mich mit einer Kriminellen eingelassen. Das Erste, was Alix mir damals erzählt hatte, war, dass sie die Babydecke nur strickte, um so ihre gerichtlich verordneten Arbeitsstunden zum Wohle der Allgemeinheit zu absolvieren. Dann wollte sie wissen, ob Stricken auch bei der Aggressionsbewältigung helfen könnte. Trotz einiger unangenehmer Momente zu Beginn wissen wir sie inzwischen alle zu schätzen. Die Zeit und die Liebe hatten ihre rauen Kanten abgeschliffen. Letztes Jahr hatte sie eine Beziehung mit Jordan begonnen, ein Jugendpfarrer, den sie seit ihrer Schulzeit kannte. Ich wusste, dass es den beiden ernst war. Und es würde mich nicht überraschen, wenn Alix in nächster Zukunft ihre Verlobung bekannt gäbe.
Sie sah mir in die Augen. „Ich weiß das von Brad. Wenn du willst, könnte ich ihm einen Denkzettel verpassen.“
Ich wusste nicht, ob sie es ernst meinte oder scherzte, deshalb lachte ich oder versuchte es zumindest. Ich versicherte ihr genauso wie Jacqueline: „Mir geht es gut.“
„Ganz bestimmt?“
Ich schluckte schwer und nickte.
Alix nahm sich einen Stuhl und setzte sich mit ihren Nadeln und der Wolle an den Tisch. Ich nahm am Ende Platz und machte mit der Arbeit weiter, die ich vor einer Woche begonnen hatte. Dann lächelte ich meinen Freundinnen zu und versuchte mir vorzustellen, wie die Decke für „Warm Up America“ aussehen würde, an der sie gerade strickten. Jacqueline mit ihren lavendel- und pinkfarbenen extra gewaschenen Wollpatches, Carols Vierecke aus dem hübschen babyblauen Faden, den ich ihr aus meinem Bestand überlassen hatte, und Alix’ bunte Grün-Gelb-Mischung aus übrig gebliebener Wolle, die meine Kunden gespendet hatten.
„Ich habe heute Morgen eine Génoise gebacken“, verkündete Alix stolz. „Die sind wirklich schwer hinzukriegen – sehr empfindlich. Sie ist perfekt geworden. Und hat sich sofort verkauft.“
„Das ist ja wunderbar“, rief Jacqueline. „Ich werde eine für das Geschäftsessen nächste Woche bestellen.“
„Für dich ist es umsonst. Ich werde sie zu Hause backen.“ Alix wohnte noch immer in der Haushälterwohnung, die zu dem Anwesen von Jacqueline und Reese gehörte. Ursprünglich war sie angestellt worden, um bei der Hausarbeit zu helfen. Doch mit dem Kurs und dem Halbtagsjob war es zu viel für sie geworden. Jacqueline hatte eine andere Frau engagiert, die tagsüber kam. Trotzdem blieb Alix bei den Donovans wohnen und kümmerte sich um das Haus, wenn Jacqueline und Reese auf Reisen gingen.
„Stellt euch das nur vor“, sagte Alix, „ich trete meinen ersten richtigen Job als Konditormeisterin an, und es ist in dem gleichen Laden, in dem ich vorher schon gearbeitet habe. Nur dass es diesmal kein Videogeschäft, sondern ein spitzenmäßiges Café ist.“
„Und Reese und ich haben nichts damit zu tun, dass sie diese Stelle bekommen hat“, erinnerte Jacqueline die anderen. „Alix wurde wegen ihrer Fähigkeiten genommen.“
„Darauf kannst du wetten. Jeder, der meine Eclairs und Sahnebaisers gekostet hat, würde das bestätigen.“
„Hör bloß auf, von den Eclairs zu reden“, flehte Jacqueline und schloss kurz genüsslich die Augen. „Ich mache eine neue Diät und
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