Die Maschen des Schicksals (German Edition)
neben ihrem Kurs an der Seattle Cooking Academy und ihrem Halbtagsjob im French Café.
Margaret war im Laden, als die drei Frauen, die nun schon seit einem Jahr meine Freundinnen waren, am Freitagnachmittag auftauchten. Sie hatte sie genauso ins Herz geschlossen wie ich. Die Erste, die ankam, war Jacqueline.
„Da bin ich wieder“, rief sie, als sie ins Geschäft rauschte. Jacqueline brauchte stets ihren großen Auftritt. Margaret und ich waren inzwischen über ihr bühnenreifes Auftauchen sehr amüsiert, obwohl es mich früher geärgert hatte. Wie immer sah Jacqueline aus wie die Gesellschaftsdame, die sie ja auch war. Jedes Haar saß am richtigen Platz. Einmal hatte sie mir erzählt, wie wichtig ein gutes Haarspray sei. Ich hätte darüber gelacht, wenn es nicht tatsächlich ernst gemeint gewesen wäre.
Ich hatte es aufgegeben, mir zu merken, wohin Jacqueline und ihr Ehemann Reese ständig reisten. Vergangenes Jahr war es eine Kreuzfahrt zu den griechischen Inseln gewesen, eine Wandertour durch Englands Lake District, und gerade waren sie vom Lachsfang in Alaska zurückgekehrt. Das war ein langjähriger Traum ihres Mannes gewesen, wie Jacqueline berichtete. Zu meinem großen Erstaunen hatte es ihr sehr gut gefallen. Sie hatte mir sogar etwas geräucherten Lachs mitgebracht.
„Wie geht es dir?“, fragte sie und sah mich an. Ohne meine Antwort abzuwarten, zog sie mich fest in die Arme.
„Gut“, log ich.
Sie nahm am Tisch Platz und zog ihr Strickzeug hervor. Ihr Viereck bestand aus extra gewaschener, handgefärbter Wolle zu vierzehn Dollar das Knäuel, aber das war typisch Jacqueline. Geld war kein Thema. Und in ihrer Großzügigkeit kaufte sie immer selbst die Wolle für die Wohltätigkeits-Projekte, statt von mir die gespendeten Reste anzunehmen.
„Wie ich sehe, bin ich die Erste hier“, sagte sie, während sie sich umblickte. Das war sehr ungewöhnlich. „Also, ich habe wunderbare Neuigkeiten, und du erfährst sie zuerst.“ Sie lächelte strahlend. „Tammy Lee ist wieder schwanger! Reese und ich sind ganz aufgeregt!“
Ich erinnere mich, wie sie anfangs sehr energisch gegen ihre Schwiegertochter aus dem Süden gewettert und sie sogar als Schlampe und Bruthenne bezeichnet hatte. Meine Freundin war inzwischen eines Besseren belehrt worden, dank Tammy Lees Geduld und ihrer liebenswerten Persönlichkeit – wie Jacqueline mittlerweile zugeben würde. Sie betete ihre kleine Enkeltochter Amelia an, und ich war sicher, dass sie das Gleiche für das neue Baby empfinden würde.
„Es wird ein Mädchen, und wir erwarten es im Februar um den Valentinstag.“ Ihre Augen strahlten. „Ist das nicht perfekt?“ Wieder lächelte sie strahlend. „Ich will mir nachher mal deine Babymuster ansehen. Da gibt es noch eine Menge zu stricken!“
Noch während wir lachten, wurde die Tür geöffnet, und Carol kam herein. Ich war überrascht, sie allein zu sehen.
„Wo ist Cameron?“, wollte ich wissen. Ihr kleiner Sohn war ein Wunder, das ihnen letztes Jahr widerfahren war. Carol und Doug hatten verzweifelt versucht, ein Baby durch In-vitro-Befruchtung zu bekommen – erfolglos. Inzwischen hatten sie ein Kind adoptiert, das ihr ganzes Glück bedeutete. Das verdankten sie Alix, deren damalige Mitbewohnerin ungewollt und sehr unglücklich schwanger gewesen war und das Baby nicht hatte haben wollen.
„Doug hat einen freien Tag, deshalb ist Cam bei seinem Daddy“, erklärte Carol, während sie sich neben Jacqueline setzte. Sie begrüßten sich, und Carol holte ihr Strickzeug heraus. Es war schön, sie zu sehen. Da sie ein Kleinkind zu versorgen hatte, konnte sie nicht jede Woche dabei sein. Wenn sie kam, dann war das während Camerons Mittagsschlaf. Sie stellte dann den Kinderwagen neben den Tisch und blieb nur so lange, bis der Kleine aufwachte. Der Junge war ihre größte Freude im Leben, er machte sie unglaublich glücklich. Sie hatte mir erzählt, dass Doug und sie sich zurzeit näher waren als je zuvor. Beide waren voller Hingabe mit dem Kleinen beschäftigt. Ich wollte ihr sagen, sie solle diese Freude bis zum Letzten auskosten, denn – wie ich vor zwei Wochen erfahren hatte – das Glück kann so schnell wieder vergehen.
Carols Stricknadeln klickten leise aneinander, als sie mit geübten Fingern an ihrem Teil der Decke arbeitete. Sie ging sehr selbstbewusst an die Handarbeit heran und scheute keine Herausforderung. Ich hatte ihr die Technik mit zwei Nadeln zum Sockenstricken gezeigt, und den Rest hatte sie
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