Die Maschen des Schicksals (German Edition)
unterhielten, aber es war keineswegs ungewöhnlich, dass sie sich zwei oder drei Stunden ohne Unterbrechung in Annies Zimmer aufhielten. Bethanne war eigentlich davon ausgegangen, dass die beiden nicht viel gemeinsam hätten, doch offensichtlich hatte sie sich getäuscht.
„Courtney!“, rief Annie. „Das habe ich befürchtet.“
„Warum, stimmt was nicht mit ihr?“, erkundigte Bethanne sich sanft und überflog noch einmal ihre Liste. Essen, Geschirr, Dekoration, Kostüme … Irgendwann würde sie sich einen Lieferwagen für die Partys anschaffen. Sie brauchte ein bisschen mehr Platz, außerdem könnte sie das Logo mit ihrer Telefonnummer auf die Seite kleben.
„Mom“, fuhr Annie fort, „du kannst Courtney nicht anstellen.“
„Warum nicht?“ Bethanne hielt vor einer roten Ampel.
„Das wäre nicht fair ihr gegenüber! Das ist ihr letztes Schuljahr, und sie ist in einer neuen Schule. Courtney möchte gern in die Jahrbuch-Gruppe. Wusstest du, dass sie in ihrer Highschool in Chicago als Redakteurin für das Jahrbuch gewählt worden ist?“
Annie hatte das sehr ehrfürchtig gesagt. Bethanne nahm an, dass ihre Tochter weniger beeindruckt von der Tatsache war, dass Courtney als Jahrbuch-Redakteurin arbeitete, sondern eher von ihrer Bereitschaft, zum Wohl ihrer Familie wegzuziehen und auf diese ehrenwerte Beschäftigung zu verzichten.
„Courtney kennt hier in Seattle überhaupt niemanden“, fuhr Annie fort.
„Sie kennt dich und Andrew“, entgegnete Bethanne.
„Andrew ist so mit sich selbst beschäftigt, dass er keine große Hilfe für sie sein wird“, erklärte Annie und winkte ab. „Mom, wenn du Courtney fragst, weiß ich, dass sie Ja sagt, deshalb darfst du sie nicht fragen. Das wäre echt unfair. Courtney braucht die Möglichkeit, Leute kennenzulernen, und dafür muss sie Zeit haben. Außerdem …“ Sie seufzte genervt. „… hat sie schon einen schlechten Start gehabt.“
„Was soll das heißen?“ Die Ampel wechselte auf Grün, und Bethanne fuhr über die Kreuzung.
„Hast du nichts davon gehört?“, rief Annie, als wäre bereits eine Katastrophe eingetreten. „Courtney hat sich für Kurse angemeldet, ohne mit mir Rücksprache zu halten. Und es ist echt übel, sie hat sich genau die falschen rausgesucht. Sie ist in der ersten Sportstunde!“
Bethanne erinnerte sich, dass während ihres letzten Strickkurses eine Diskussion darüber entstanden war. Courtney hatte nicht viele Möglichkeiten bei der Wahl ihrer Unterrichtseinheiten. Nachdem die Pflichtfächer abgedeckt waren, blieben nur noch die am wenigsten beliebten Wahlfächer übrig.
„Okay, ich suche jemand anders dafür“, sagte Bethanne. „Nicht Courtney.“ Im Stillen dachte sie, Courtney sollte selbst entscheiden, ob sie den Job annahm oder nicht. Andererseits wollte sie auch nicht, dass das Mädchen nur aus Pflichtgefühl oder Freundschaft zusagte. Und Annie hatte womöglich recht, wenn sie befürchtete, genau das würde passieren.
„Danke, Mom.“
Nach ein paar Minuten Schweigen sagte ihre Tochter: „Ich habe Dad gestern Abend angerufen.“
„Aha.“ Das war überraschend. Aber Bethanne hütete sich, ihre Gefühle zu zeigen. Annie hätte den Anruf sicher nicht erwähnt, wenn sie ihrer Mutter nicht irgendetwas sagen wollte.
„Wir haben uns unterhalten.“
„Ich bin stolz auf dich“, sagte Bethanne, und das meinte sie auch wirklich. Die Tatsache, dass ihre Tochter sich mit ihm in Verbindung gesetzt hatte, zeigte eine neue Reife in ihr. „Ich möchte gern, dass du deine Beziehung zu deinem Vater pflegst.“
Sie lachte leise. „Dad ist immer noch über ein paar Dinger, die ich mir geleistet habe, sauer. Ich habe ihm geraten, es zu vergessen. Er wird schon drüber wegkommen.“
Das war ein passender Kommentar, nachdem Grant ja während ihres Gesprächs in dem French Café mehr oder weniger dasselbe über Annie gesagt hatte.
„Ich habe damit geprahlt, wie erfolgreich dein Party-Business ist.“
„Danke.“ Bethanne grinste ihre Tochter an. Sie hätte gern gewusst, ob Grant eine Bemerkung dazu gemacht hatte, fragte aber nicht danach.
„
Sie
ist immer noch sauer wegen der Geschichte mit ihrem Auto, obwohl die Versicherung die Kosten übernommen hat.“
„Darüber würde ich lieber nicht mit ihm reden“, sagte Bethanne. „Es ist Vergangenheit. Du hast dich entschuldigt, und es wird nie wieder vorkommen.“
„Ja“, sagte Annie nach einem langen Seufzer. „Aber was
sie
betrifft … na ja, es ist nicht
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