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Die Maske

Die Maske

Titel: Die Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kapelle vor, manchmal sogar eisig und auch nicht eben einladend, denn sie besaß in ihrem Innern so gut wie keinen Schmuck, von den hohen Festtagen einmal abgesehen.
    Die Wärme des Tages blieb draußen. Große Fenster besaß die Kapelle nicht, die Öffnungen konnte man mit breiten, langgezogenen Schlitzen vergleichen, die das Mauerwerk auflockerten.
    Keine Blumen, keine wertvollen Figuren oder besondere Bilder. Ein Taufbecken aus Stein, ein schlichter Altar, davor die dunkelbraunen Bet-und Sitzbänke ohne Polster, zwei Kerzen am Altar, dahinter das große, schlichte Kreuz.
    Weiß schimmerten die Wände, so daß sie das Innere immer aufhellten. Auf dem dunklen Steinboden aber verlor sich das Licht, und über den Stein schritt Schwester Christiana, wobei sie den Echos ihrer eigenen Schritte lauschte.
    Ihr Ziel war nicht der Altar, sondern der menschenhohe schmucklose Kasten an der rechten Wand. Rechts und links zwei offene Eingänge, in der Mitte eine Tür, durch die sich der Pfarrer in den Beichtstuhl schieben konnte.
    Hin und wieder kam ein Pfarrer, um den Nonnen die Beichte abzunehmen, in der Regel aber kümmerte sich die Äbtissin um die seelischen Nöte ihrer Schäfchen.
    Und eine derartige seelische Not durchlebte auch Christiana. Sie wußte nicht, wie es für sie persönlich weitergehen sollte. Einerseits fühlte sie sich von diesem schlichten Leben der Nonnen angezogen, andererseits drängte es sie hinaus in die Welt, wo sie eine völlig andere Rolle spielen würde.
    Die Kälte der Kapelle sah sie als typisch an, denn auch in ihrem Innern spürte sie eine gewisse Kälte. Sie war verhärtet, sie ließ sich zu sehr von Emotionen leiten, und als sie diesen Polizisten gesehen hatte, da war es wieder hochgekommen.
    Dieser Mann kam von draußen. Er kam aus der Welt, die sie hinter sich gelassen hatte. Er würde wieder in sie zurückgehen und sich dort einordnen.
    Aber sie?
    Christiana schüttelte den Kopf. Sie kam nicht zurecht. Sie holte saugend Luft, schüttelte den Kopf und stützte sich wie eine alte Frau auf die Bank.
    »Was soll ich denn machen?« flüsterte sie. »Was soll ich tun?« Sie selbst war nicht mehr in der Lage, sich einen Ratschlag zu geben, deshalb hatte sie um das Gespräch im Beichtstuhl mit der Äbtissin gebeten, ohne allerdings davon überzeugt zu sein, eine Lösung zu finden. So einfach war das nicht, das brauchte Wochen, wenn nicht sogar Monate. Aber sie wollte das Thema anreißen. Zudem hatte die Äbtissin bereits gemerkt, was mit der jungen Nonne vorging, in welch einer Zwickmühle sie steckte. Da brauchte Christiana nur die Blicke der älteren Frau richtig zu deuten. Sie war eine sehr gute Beobachterin und Psychologin.
    Mit ihren Schuhen schlurfte sie über den Steinboden. Es fiel ihr plötzlich schwer die Beine anzuheben, und sie hatte ein ungewöhnliches Gefühl beschlichen.
    War es Angst?
    Möglich — allerdings noch unterdrückt und darauf lauernd, hervorbrechen zu können.
    Der Beichtstuhl stand in der Kapelle wie eine Insel. Es gab Mitschwestern, die verbrachten Stunden darin, dort versuchten sie dann, in Gesprächen ihre Depression loszuwerden. Es gab keine Nonne, die dieses Leben so einfach wegsteckte, auch wenn es nach außen hin so schien. Irgendwann brach es immer hervor, denn sie alle waren Menschen und keine gut funktionierende Maschinen.
    Die letzten Schritte in Richtung Beichtstuhl legte sie dicht an der hellen Wand zurück. Durch eines der Fenster schien das Sonnenlicht und blendete sie für einen Moment. Sie freute sich plötzlich über den warmen Schein auf ihrem Gesicht. Die innere Kälte vertreiben konnte er allerdings nicht.
    Darüber dachte sie immer nach. Christiana kam damit nicht zurecht. Sie fand keine Erklärung für diese Verhärtung. War es eine Warnung, reagierte ihr vegetatives Nervensystem oder wurde die unterdrückte Angst nach oben gespült.
    Denn Angst hatten sie alle.
    Die einen mehr, die anderen weniger. Es gab welche, die offen darüber sprachen, doch die meisten schwiegen mit einer nahezu verstockten Verbissenheit.
    Seit eine aus ihrer Mitte ums Leben gekommen war, war die Furcht zu einem ständigen Begleiter geworden. Jede konnte es erwischen. Bitzschnell, ohne Vorwarnung.
    Sie hatten nie miteinander darüber gesprochen, mal eine Andeutung, okay, mehr aber nicht, bei der Beerdigung war nur gebetet worden. Kommentare gab keiner von ihnen ab. Möglicherweise war es noch zu früh, darüber zu reden. Erst mußte Zeit vergehen, die schrecklichen Dinge

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