Die Maske des Alien
du von der Erde kommst. Sie reißen dich in Stücke.“
Skallon schüttelte den Kopf. „Ich will nicht noch einmal eine Lüge leben.“
„Würdest du lieber sterben?“
„Das muß ich doch sowieso, oder nicht?“
„Ja, ja, wahrscheinlich.“ Fain lauschte dem Piepsen des Signalgerätes in seiner Hand. In dem stetigen Rhythmus lag etwas Sauberes und Reines – etwas Tröstendes und Beruhigendes: piep piep piep …
„Weißt du, Fain“, sagte Skallon, „es ist ja nicht so, daß ich überhaupt nicht darüber nachgedacht hätte. Ich werde nicht in Kalic bleiben. Ich wäre hiergeblieben, aber Joane ist tot, und so gibt es dafür keinen Grund mehr. Ich werde mir etwas anderes suchen, ein kleines Dorf, in dem man mich so akzeptiert, wie ich bin. Und dann werde ich arbeiten. Ich werde leben. Ich werde schreiben. Ich werde studieren. Was würde ich denn auf der Erde tun? Das gleiche. Aber hier kann ich wenigstens frei sein.“
„Und allein. Sie werden dich nicht mögen, Skallon – du wirst nie zu ihnen gehören. Es ist nicht leicht, so allein zu sein. Es tut weh, und noch viel schlimmer: Es wird bald so weh tun, daß du irgendwann überhaupt keinen Schmerz mehr empfinden kannst.“
„Das gilt für dich, Fain – nicht für mich.“
„Hoffentlich. Aber du hast sie geliebt, nicht wahr? Joane?“
„Ich habe mit ihr geschlafen, wenn du das meinst.“
„Du weißt, daß ich das nicht meine.“
„Was meinst du dann? Daß du ebenfalls mit ihr geschlafen hast? Das weiß ich … ich wußte es die ganze Zeit.“
„Da irrst du dich. Joane hat niemals mit mir geschlafen.“
„Das glaube ich nicht.“
„Ich hab’s versucht – klar hab ich’s versucht, ich bin auch nur ein Mensch. Sie hat mich abgewiesen, ob du es glaubst oder nicht. Sie wollte dich nicht belügen.“
„Was weißt du denn davon?“ Aber der Zorn war aus Skallons Stimme verschwunden, die schwelende Bitterkeit war fort. Vielleicht glaubte er Fain tatsächlich. „Du könntest auch hierbleiben, Fain.“
Fain fing an zu lachen, aber Skallon machte keine Witze. Diesen Gedanken hatte er noch nie in Betracht gezogen. Hierbleiben? Unter diesen Pseudos? Klar, und dann? Arbeiten? Heiraten? Ausruhen? Leben? „Das ist eine entzückende Idee, Skallon, aber nicht für mich. Dies ist deine Welt, aber meine ist da oben – die alte, blaue Erde. Außerdem, wenn wir beide verschwinden, wird jemand sich Gedanken machen. Ich kann zurückgehen und dich decken. Ich kann die erforderlichen Lügengeschichten verbreiten.“
„Und was willst du dann tun? Wieder Änderlinge jagen?“
Daran hatte er noch nicht gedacht. Langsam schüttelte Fain den Kopf. „Ich glaube nicht. Ich glaube, damit bin ich fertig. Vielleicht setze ich mich einfach zur Ruhe, wenn ich zurückkomme.“
„Wenn sie das zulassen.“
„Sicher, aber … he, Moment mal, Skallon. Ich will dir etwas erzählen. Es ist unglaublich, aber … ja, ich wußte es bis gestern nicht. Ich wußte es, aber ich wußte nicht, daß ich es wußte. Ich habe einen Käfer getötet. Mit dem Fuß zerquetscht. Ich weiß nicht, wieso ausgerechnet das der Auslöser war. Vielleicht, weil ich ein so bedeutungsloses Wesen tot daliegen sah und wußte, daß es genauso wichtig, genauso vollständig war wie jeder Mensch. Es war ein Leben, eine Seele, und ich halte es getötet.“
Fain hielt inne. Er wußte, daß er sinnloses Zeug redete, und in seiner Verwirrung lastete er instinktiv in seinem Innern nach dem Mittelpunkt, den er dort immer gefühlt hatte. Er war fort. Der beruhigende, kühle Druck, dessen Anwesenheil er tief in sich immer gespürt hatte, war jetzt nicht mehr da. Das ruhige, gelassene Zentrum halle sich aufgelöst, es war zerplatzt und hatte seinen Inhalt in das Bewußtsein ergossen.
Fain schüttelte den Kopf. Die Moschusluft von Alvea umspielte seine Nase und brachte seine
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