Die Maske des Alien
Pflanzen identifizierte. Lugentana, haarige Farne, die sich mit träger Anmut bewegten und unter denen er sich vorkam wie ein kleiner Wurm, der in der wogenden See unter einem Korallenriff trieb. Bazartaeus alatan, pfauenblaue Wattekugeln, die plötzlich zu einem Nebel kleiner Sporen zerplatzten. Reesjat, gummiartige Stämme, durchlöchert von den Bauten kleiner Tiere. Catakasi, bänderförmige Parasiten, glitzernd wie gehämmertes Kupfer, das sich an die roten und orangefarbenen Stämme klammerte. Glänzende Rutleria, feine Netze zwischen Juwelen von Blüten. Hartes violettes Licht schimmerte durch das hohe Blätterdach.
„Was. Ist.“
„Nichts. Ich schaue nur.“
„Wo. Nach.“
„Schon gut. Gehen wir weiter.“
Wenn du sterben müßtest, könntest du dir keinen hübscheren Ort dafür aussuchen, dachte er säuerlich. Die Zeit war so kostbar, daß er sich nicht erlauben konnte, Alvea gründlich zu betrachten, und er vermutete, daß sich das während der gesamten Mission nicht ändern würde. Kein Platz für Touristen. Keine Zeit – noch einmal warf er einen Blick nach oben, während er Scorpio nacheilte, und rosiges Gras griff nach ihm mit feuchtem Flüstern –, um die Gegend zu fühlen. Um die goldenen Ranken zu betrachten, die so dünn waren, daß schon eine leichte Brise sie in unsichtbaren Strömungen schwimmen ließ. Um den stechenden Duft der schimmernden Blätter zu riechen, die er streifte. Um zu leben, wenigstens einmal, statt gedankenlos einherzustampfen und der Karriere nachzujagen.
„Jemand.“
„Wie weit?“ fragte Skallon. Er zwinkerte überrascht.
„Siebzig. Meter. Näher.“ Pause. „Näher.“
„Geh in Deckung. Versteck dich.“
In Sekundenschnelle war Scorpio unter ein paar runzligen Farnblättern verschwunden. Skallon beschloß, abzuwarten und zu sehen, wer da auf dem Pfad auftauchen würde, aber dann fiel ihm ein, daß es seltsam aussehen mußte, wenn er da so einfach mitten im Dschungel herumstehen würde. Er hörte das Rascheln einer Bewegung. Hastig sprang er voran und ging auf das Geräusch zu.
Ein kleiner, fetter Alveaner kam um eine Biegung des Pfades heran. Skallon verlangsamte seinen Schritt nicht. Das Gesicht des Mannes wirkte zusammengedrückt zwischen den fleischigen Falten seiner Wangen. Noch nie im Leben hatte Skallon jemanden gesehen, der so fett war. Dias, Bilder von Alveanem, ja, aber die Wirklichkeit … Er behielt den Rhythmus seiner Schrille bei. „Heil“, sagte er.
„Ja?“
„Wißt Ihr, wo ich einen kleinen Handwagen finden kann?“
„Ihr seid in Not?“ sagte der Mann mit sanfter Stimme.
„Ich bin ein Pilger. Aus dem Süden. Ich habe …“
„Ja, allerdings. Mir kam Eure Sprache gleich bekannt vor.“ Der Mann lächelte ein wenig, als sei er erfreut über sich selbst, weil er richtig geraten hatte. „Einen Handwagen könnt Ihr wahrscheinlich bei der Bahnstation finden, vier Kilometer von hier.“
„Ihr seid überaus freundlich. Ich werde für Euch beten, in der Kirche von …“
„Ja, ja“, murmelte der Mann. Er verlor das Interesse. „Gute Reise.“ Behutsam trat er um Skallon herum und setzte seinen Weg fort. Auch Skallon ging weiter. Sein Atem ging wieder etwas leichter. Die erste Prüfung hatte er bestanden. Die Doubluth-Gewänder schienen dem Mann nicht aufgefallen zu sein. Sie waren von mattem Purpurrot und hatten orangefarbene Flecken, und gelegentlich blähten sie sich im Wind, der wispernd durch den Dschungel strich.
„Alles. In. Ordnung.“
Skallon fuhr zusammen, als Scorpios eintönige Stimme aus einem Flecken aufblühender Pilze hervordrang. „Klar. Alles tadellos gelaufen. Aber du hältst dich doch besser abseits vom Weg. Du kannst parallel nebenher
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