Die Maske des Alien
laufen.“
Der Hund verschwand wieder. Skallon schlug jetzt ein schnelles Tempo an. Es war schon Nachmittag im Sechsundzwanzig-Stunden-Tag von Alvea, und er wollte in der Stadt sein, bevor es dunkel wurde. Die Straßen auf der Erde waren nachts lebensgefährlich, und er war nicht sicher, ob es infolge der alveanischen Festtage und der Auswirkungen der Pestjahre hier nicht genauso war.
Er würde nach Anzeichen der Seuchen Ausschau halten müssen. Alles, was er über Alvea gelernt hatte – ohne jemals hiergewesen zu sein –, basierte auf den ruhigen Jahren. Mehrere Jahrhunderte lang waren die Alveaner von den epidemischen, verheerenden Krankheiten nicht heimgesucht worden. Jetzt aber waren sie zurückgekehrt, und schlimmer als zuvor. Es waren heimtückische Erkrankungen, die die Augen hervorquellen ließen, bis der Druck ein Blutgefäß im Kopf zerplatzen ließ, Krankheiten, die den Magen zerfraßen, und Anfälle von Raserei, die die Ahnungslosen ergriffen und sie tanzen ließen, bis sie in ihrem irrsinnigen Tanz ihre Füße zu blutigen Stümpfen zerstampft hatten und tot auf der Straße zusammenbrachen. Und das alles, weil die alveanische Biologie so langsam arbeitete. Alles, dachte Skallon, weil der Mensch dort einzudringen versuchte, wo er in Wahrheit nicht hingehörte, koste es, was es wolle.
Alvea war eine scheinbar friedliche Welt, als die Menschen sie entdeckten. Seine unermeßlichen grünen Ozeane strömten über von Leben, und das Land beherbergte zahllose Pflanzenformen. Es gab sogar einzelne zaghafte Versuche tierischen Lebens – Fische, die dumpf die schlammigen Ufergewässer durchstreiften, unbeholfene Insekten, die in einer Parodie auf das Fliegen durch die Luft taumelten. Und so kamen Männer und Frauen her und förderten die seltenen und gewinnbringenden Bodenschätze aus der Erde. Aber der F6-Stern, den Alvea umkreiste, spie allzuviel ultraviolettes Licht herab. Krebs breitete sich aus. Zuchttiere konnten sich nicht fortpflanzen. Zuerst starben einige Arten von Kühen und Kaninchen, dann weitere und schließlich Menschen.
Die ersten Kolonisten funkten zur Erde und baten um Hilfe. Dies geschah in der expansionistischen Anfangsphase der Neuen Renaissance. Die Erde war reich, oder sie hielt sich zumindest dafür. Sie sandte ein Team von Bioadaptern herauf. Diese studierten die komplexen Wechselwirkungen zwischen menschlicher Physiologie und alveanischer Ökologie. Die Probleme lagen nicht auf der Hand. Es ging nicht darum, daß Menschen nur linksgedrehten Zucker verdauen können, während Alvea nur rechtsgedrehten hervorbrachte. Die Schwierigkeiten waren viel subtiler. Winzige Mengen von Spurenelementen in den menschlichen Zellen erschöpften sich auf Alvea. Unwesentliche Prozentbruchteile von Bor und Indium, chemisch nicht kompatibel mit dem biochemischen Haushalt des menschlichen Organismus, führten schließlich zu einem Stau von Abfallprodukten in bestimmten Zellen. Die Nukleotiden reagierten träge. Die Kontaminanten verbanden sich. In der Mitte vieler Zellen bildete sich ein Kranz von Ablagerungen. Zum Teil beschleunigte dies den Alterungsprozeß. Weitere solcher Fehlentwicklungen häuften sich und verursachten nagende Krebserkrankungen. Es gab keine Möglichkeit der Abhilfe, es sei denn, man veränderte die gesamte Biosphäre von Alvea oder man modifizierte die Menschen, die dort lebten. Die Neue Renaissance war expansiv, aber nicht tollkühn. Man entschied sich für die genetische Veränderung der paar tausend Menschen.
Aber keine Veränderung an der DNS-Helix hat nur einen einzigen
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