Die Maske des Alien
unerwarteter Schachzug. Vielleicht gefiel es ihm deswegen. Fain würde frustriert sein – aber was scherte ihn das? Fains alberne Wutanfälle bei dem Fiasko der Jagd waren geradezu lächerlich. Warum konnte der Mann nicht mit kühlem Kopfüber diese Dinge nachdenken? Zugegeben, der Änderung ließ sie immer wieder in eine Sackgasse laufen. Aber warum auch nicht? Vielleicht dachte er, er könne seine Aufgabe ohne viel Blutvergießen erledigen. Vielleicht hatte auch die Erde überhaupt nicht begriffen, aus welchem Grund der Änderung hier war.
Skallon schluckte sein würziges Brot hinunter und trat durch den Torbogen in das Gebäude, ein Gewölbe mit hoher, gerippter Decke und durchbrochenen Steinverzierungen. Fain konnte draußen stehenbleiben und aufpassen, ob ihm jemand nachging. Falls nicht, würde Skallon wenigstens ein paar erfreuliche Minuten haben.
Hinter dem Gitter des Eingangs stand eine alte, polierte Außenhaut. Skallon betrachtete sie, in der Hoffnung, daß sich jemand darin spiegeln könnte, der im Eingang herumstand und darauf wartete, daß er herauskam. Eine junge Frau verließ mit unsicherem Gang das Gebäude, aber niemand kam herein.
Skallon las, was auf der Erläuterungstafel stand: Es war ein Fragment des ersten unbemannten Orbiter-Landers, der Alvea erforscht hatte. Darüber hingen Hochglanzphotos, die noch früher entstanden waren, aufgenommen von der vorüberziehenden, raketengetriebenen Sonde. (Wo mag sie wohl jetzt sein? dachte Skallon. Wahrscheinlich schon jenseits der Grenzen der Galaxis.) Dieses vormenschliche Alvea war eine fleckige Welt aus Ozeanen, und seine Kontinente waren braune Kleckse. Die ersten Kolonisten hatten sich die Mühe gemacht, die Landungssonde aufzustöbern, und einer der alten Künstler hatte dann mit dem Laser facettenartige Szenen darauf angebracht, Bilder aus den ersten Jahren der Kolonie, aus den Dekaden des Reichtums und aus dem ersten Jahrhundert, bis zu der Zeit der ersten Seuchen: Stockatem und Krampffäule. Eine dieser beiden Krankheiten hatte wahrscheinlich auch diesen Künstler dahingerafft.
Skallon schlenderte weiter und betrachtete den leeren Bogengang. Er fand sich in einer historischen Bildergalerie. Sozialdokumentarische Arbeiten zum größten Teil, und von erstaunlicher Qualität. Viele Pastelle und ein paar Ölgemälde. Die Armen waren auf allen schlank, und ihre Gesichter waren düster, bleich und ernst. Alle offensichtlich guten Menschen – diejenigen, die ohne Murren ihren Platz in der Gesellschaft einnahmen – waren hingegen korpulent, dickhalsig und prall von satter, unerschütterlicher Tugend. Sie strahlten ihn an. Glückliche Leute, die sicher waren, daß ihr Weg sie durch alle Schichten der alveanischen Hierarchie führen würde, und die wußten, daß Gommerset ihnen den einzigen wahren Weg gewiesen hatte, und so waren sie hier verewigt, die einzigen Spuren, die von ihnen geblieben waren.
Es sei denn, dachte Skallon, Gommerset hätte recht gehabt. Joanes ruhige, schlaue Einwände waren unter die Schale seiner eigenen, glasharten Gewißheit geglitten, und jetzt bohrten sie dort, wo er es am wenigsten gebrauchen konnte. Es stimmte, daß man Gommerset nach seinem Tode diskreditiert hatte, als er sich nicht mehr zur Wehr setzen konnte, und seine Jünger hatte man in alle Winde zerstreut. Die Regierung der Erde war dem Gommersetismus gegenüber feindlich eingestellt, und sie war es immer gewesen. Hatte sie die neuen Daten manipuliert? Es wäre der Regierung zuzutrauen, daß sie eine solche folgenschwere Tatsache unter den Teppich
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