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Die Maske des Meisters

Die Maske des Meisters

Titel: Die Maske des Meisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henke Sandra
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gesehen, wie du aus dem Chat geflüchtet bist, als dieser Kerl dich angefleht hat, sich mit ihm zu treffen. Das ist es nicht, was du möchtest. Aber ich werde nicht betteln, höchstens bitten, aber diese Bitte ist nicht flehentlich gemeint, sondern nachdrücklich. Also? Hast du die Kraft nachzugeben?
    Unwillkürlich schmunzelte Claire. Vielleicht suchte sie ja nach dem Unmöglichen: einem Teufelchen, das Erlösung brachte.
    In Todds Büro war es brütend heiß. Sie stellte den weißen Tischventilator an, der gleich neben der Lampe stand. Staubflocken wurden fortgeweht. Er war so groß wie ein Wagenrad und selbst auf der niedrigsten Stufe viel zu stark, um auf dem Tisch zu stehen. Deshalb stellte sie ihn auf den Boden, damit er wenigstens von unten etwas Kühlung brachte. Aber der Wind verstärkte auch das Prickeln zwischen ihren Beinen.
    NYMPHAE: Kraft? Bedeutet es nicht vielmehr Schwäche?
    VALI: Ganz und gar nicht. Man muss stark sein, um sich zu unterwerfen .
    Unterwerfen? Da war das Wort, das sich seit der Zeit auf dem Hochhausdach in New York City in ihrem Kopf festgesetzt hatte. Er hatte es einfach so geschrieben. Also hatte auch er ihr Profil gelesen. Devot, aber nicht in Not, hatte sie dort notiert, um jedem, der Interesse an ihr hatte, zu verdeutlichen, in welche Richtung sie tendierte, und gleichzeitig klarzumachen, dass sie sich nicht jedem hingeben würde. Sexueller Notstand war bei ihr nicht ausgebrochen, sondern sie war lediglich neugierig. Sehr neugierig.
    Ihre Finger zitterten leicht, als sie tippte.
    NYMPHAE: Seerose .
    Sie schrieb nur dieses eine Wort, die Antwort, um die er mit Nachdruck gebeten hatte. Sich zu unterwerfen war nicht so einfach, wie sie gedacht hatte, dabei ging es in diesem Fall nicht einmal um eine sexuelle Handlung. Vielleicht sollten ihre Träume nur Träume bleiben.
    Claire lehnte sich mit einem Seufzer zurück und rieb sich über die Augen.
    VALI: Danke .
    NYMPHAE: Du forderst Gehorsam und sagst Bitte und Danke. Ist das nicht heuchlerisch?
    Okay, jetzt wirst du schnippisch, stellte sie fest, aber sie hatte bereits auf die Enter-Taste gedrückt, und ihre Sätze tauchten im Chat auf.
    VALI: Nein, meine kleine Nymphe. Man darf niemals den Respekt voreinander verlieren. Das ist wichtig .
    Diese Aussage beruhigte sie. Es bedeutete, dass sie nicht weniger wert war als er. Wenn Respekt Teil der Unterwerfung war, wurde niemand herabgewürdigt.
    NYMPHAE: Was ist nun mit deinem Nickname?
    VALI: Viel wichtiger ist: Was ist mit deinem?
    NYMPHAE: Das schrieb ich doch bereits .
    VALI: Ein einzelner Buchstabe macht manchmal einen riesengroßen Unterschied .
    NYMPHAE: Ich verstehe nicht .
    VALI: Dafür hast du ja jetzt mich. Um dir die Dinge zu erklären. ;)
    Jetzt sprach er wieder von Unterwerfung, ahnte Claire, eine subtile frivole Andeutung. Jedes Mal, wenn er das tat, wurde ihr mulmig, ihr Puls stieg für Sekunden an, und ihr wurde heiß.
    VALI: Der lateinische Name für Seerose lautet Nymphaea, dein Nickname dagegen bedeutet ‚kleine Schamlippe‘ .
    Konnte er die Wahrheit sprechen? Oder wollte er sie nur verunsichern? Rasch startete sie einen zweiten Browser und gab die Namen in eine Suchmaschine ein. Bereits nach einer Minute hatte sie die Antwort.
    „Er hat recht“, sagte Claire laut und biss sich auf die Unterlippe. Das war ihr so unendlich peinlich. Kein Wunder, dass sich alle Chatter ihr liebestoll genähert hatten, war ihr Nickname, dazu noch ihr Profil, doch eine regelrechte Aufforderung.
    NYMPHAE: Moment. Ich werde das ändern .
    VALI: Nein, das wirst du nicht!
    Claire hielt in ihrer Bewegung inne und starrte auf den Bildschirm. Ihr Chatpartner hatte nichts Unanständiges geschrieben, sich lustig über sie gemacht oder sie bedrängt. Doch dieser eine Satz war kurz und prägnant, unmissverständlich, eine Anweisung, zu der er keinerlei Recht besaß, denn sie kannten sich erst seit einer halben Stunde. Und dennoch schien er zu wissen, was sie wollte. Es machte den Anschein, als könne er zwar nicht ihre Gedanken, wohl aber ihre Gefühle lesen.
    Claire starrte das Ausrufezeichen an. Wie sollte sie reagieren?
    VALI: Du bist verunsichert. Ich gebe dir Zeit, um nachzudenken, kleine Nymphe. Wir treffen uns morgen um die gleiche Zeit im LoveSpot. Ich werde dich finden. Bist du nicht da, gehe ich davon aus, dass du dich unter anderem Namen angemeldet hast. Dann melde dich bitte nicht mehr bei mir .
    NYMPHAE: Das klingt eingeschnappt .
    VALI: Nur logisch, weil du in diesem Fall nicht

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