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Die Masken der Liebe

Die Masken der Liebe

Titel: Die Masken der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und Herbert Sanke war herzlich. Man drückte einander fest die Hand und versprach sich gegenseitig ein baldiges Wiedersehen. Dann tauchten Brigitte und Herr Sanke mit seinem Rad in der Dunkelheit unter.
    »Komm aber bald zurück, Gitti!« rief Konradi in einer Aufwallung letzten Pflichtgefühls seiner Schwägerin noch nach. »Laß dich vom Gewitter nicht überraschen!«
    »Nein, nein«, versprach Brigitte lachend aus der Dunkelheit. »Dazu hätte ich viel zuviel Angst vor dem kleinsten Blitz, das weißt du doch.«
    Knirschend verklangen die Schritte in der Nacht. Nichts regte sich mehr. Nur ein Husten Erich Kiels in der entgegengesetzten Richtung wurde noch einmal laut.
    Noch immer stand Heinz Konradi in der Tür und starrte hinein in die Dunkelheit. Die Stille umfing den ins Grübeln geratenen Mann, der dicke Bücher über todernste Themen schrieb und selbst aller Gelehrtenabgeklärtheit so fern war.
    Und so stand er noch immer sinnend in der Tür, verspürte plötzlich leise Gewissensbisse und fragte sich, ob er sich Vorwürfe zu machen habe. Ein Geräusch schreckte ihn auf. Elisabeth kam eiligen Schrittes von Anny von Borcken zurück.
    »Wo ist Brigitte?« rief sie, als sie Heinz in der Tür stehen sah.
    »Zur Brücke. Sie begleitet den Sanke ein Stück und kommt gleich wieder.« Er drehte sich um und ging langsam in die Wohnung. »Laß dem Mädchen das bißchen Lebensfreude. Sie hat ihr Herz fest in der Hand, das weiß ich seit heute abend …«

3
    Schwach schimmerten die Stahlteile der breiten Brücke im Schein einer der trüben Hängelampen, mit denen in Ebbenrath die wichtigsten Straßenkreuzungen und Übergänge beleuchtet wurden. Der kleine Fluß rauschte in der stillen Nacht, in der Ferne donnerte es, und das Wetterleuchten schob sich über die schwarzen Berge näher und umzuckte die hohen Wipfel der starren Fichten auf den Höhen.
    »Es wird bald regnen«, meinte Herbert Sanke und lehnte sein Rad an das Brückengeländer. »Wenn ich noch trocken nach Marktstett kommen will, muß ich mich beeilen.«
    Aber das schien nur so hingesagt zu sein, denn er traf keinerlei Anstalten, von Brigitte Borgfeldt Abschied zu nehmen.
    »Eigentlich ist der Tag zu kurz«, fuhr er nachdenklich fort. »Für das, was man sich in bestimmten Situationen zu sagen hat, sind Stunden nur Sekunden, die einem unter den Händen wegrinnen. Oder ist es Ihnen noch nie so ergangen, daß Sie die Zeit mit beiden Händen festhalten wollten und doch am Ende einsehen mußten, daß unser Leben eben nichts ist als ein Wettlauf mit der Uhr? Mir jedenfalls kommt es so vor, als wären wir alle nur Eilende und Hetzende, um ein kleines, ein winziges Stückchen Glück zu erhaschen.«
    Brigitte Borgfeldt schwieg. Sie lauschte auf den tiefen Klang der Stimme und wußte nicht, ob sie dem inneren Gefühl nachgeben und einen brüsken Abschied einer langen, vielleicht unnützen Aussprache vorziehen sollte. Irgend etwas an dieser tiefen Stimme und der großen Gestalt des Mannes übte aber eine Macht über ihren Willen aus, die sie davon abhielt, den jetzt an ihrer Seite vom Sinn des Lebens philosophierenden Menschen aus seiner Träumerei zu reißen.
    »Unser Dasein entwickelt sich nach bestimmten Rhythmen«, antwortete sie langsam. Es kam ihr vor, als spräche eine andere Stimme aus ihr, der sie selbst wie einer fremden lauschte.
    »Rhythmus? Haben wir modernen Menschen überhaupt einen Rhythmus?« fragte Herbert Sanke. »Natürlich … alles ist Rhythmus an sich … Foxtrott, Jazz, die Maschinen, die Technik, die neue Sprache in der Literatur, sogar in der Malerei gibt es eine rhythmische Farbengebung … aber ist das der Rhythmus, der von der Seele ausgeht? Ich mache mir oft Gedanken, unnütze Gedanken, das weiß ich, denn ändern kann ich es doch nicht. Aber manchmal, da denke ich mir, unser Leben müßte wieder das Ideal entdecken, das Ideal der ›schönen Seele‹, von dem Friedrich Schiller träumte und dem Hölderlin ein Denkmal setzte, das von den modernen Menschen nicht mehr verstanden wird. Dieses Ideal möchte ich in mein Leben setzen, und ich suche einen Menschen, der mir auf meinem Weg … einem Weg vielleicht ins Nichts folgen kann.«
    Brigitte Borgfeldt sah zu Boden. Was dieser massige Mann da sagte, war eine Philosophie, die ihr einleuchtete, nur verneinte sie nicht das Leben, sondern fand einen Trost in der tiefen Religiosität des ›guten‹ Lebens.
    »Man sollte weniger denken«, meinte sie, als sie nach einer kleinen Weile wieder

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