Die Masken der Niedertracht
möglich macht. Indem er sich weigert, den Konflikt beim Namen zu nennen, zu diskutieren, verhindert der Aggressor eine Auseinandersetzung, die es ermöglichen könnte, eine Lösung zu finden. Gemäß dem Repertoire perversen Kommunikationsverhaltens muß man den anderen daran hindern nachzudenken, zu verstehen, zu widerstehen.
Sich dem Dialog zu entziehen ist eine geschickte Art, den Konflikt zu verschärfen und ihn dabei dem anderen in die Schuhe zu schieben. Eine Methode, um zum Ausdruck zu bringen, ohne es in Worte zu kleiden, daß der andere einen nicht interessiert, oder sogar, daß er nicht existiert. Da nichts ausgesprochen wurde, kann jedweder Vorwurf gemeint sein.
Das verschlimmert sich noch, wenn das Opfer dazu neigt, sich schuldig zu fühlen: «Was habe ich ihm getan? Was hat er mir vorzuwerfen?»
Werden Vorwürfe gemacht, sind sie verschwommen oder ungenau, lassen Raum für alle Deutungen und alle Mißverständnisse. So manches Mal folgen sie, um jeder Widerrede auszuweichen, dem paradoxen Muster: «Mein liebes Fräulein, ich schätze Sie sehr, aber Sie sind eine Null!»
Alle Versuche einer Auseinandersetzung fuhren nur zu unbestimmten Vorwürfen.
Herabwürdigen
Die Aggression geschieht nicht offen, was dem Opfer ja gestatten könnte, Einwände zu erheben. Sie vollzieht sich untergründig, nach dem Muster nonverbaler Kommunikation. Ungeduldige Seufzer, Achselzucken, mißbilligende Blicke, oder aber Nichtausgesprochenes, Hintergedanken, destabilisierende oder gehässige Andeutungen, unfreundliche Bemerkungen... Man kann auf diese Weise nach und nach Zweifel entstehen lassen an den beruflichen Fähigkeiten eines Arbeitnehmers, indem man alles, was er sagt oder tut, in Frage stellt.
So lange diese Aggressionen indirekt sind, ist es schwierig, sich zu verteidigen. Wie einen Blick voller Haß beschreiben? Wie Hintergedanken und Nichtausgesprochenes zitieren? Das Opfer selbst zweifelt manchmal an seinen eigenen Wahrnehmungen, ist nicht sicher, ob die Gefühle «normal» sind, die es hat. Man bringt es dazu, an sich selbst zu zweifeln. Trifft der Angriff auf einen Arbeitnehmer, dessen innere Stabilität gering ist, so verliert dieser jegliches Selbstvertrauen und verzichtet darauf, sich zu verteidigen.
Die Herabwürdigung besteht auch darin, jemanden nicht anzusehen, nicht guten Tag zu sagen, von der Person wie von einem Ding zu sprechen (zu Sachen spricht man nicht!), zu einem anderen in Gegenwart des Opfers zu sagen: «Hast Du gesehen, man muß wirklich von vorgestern sein, um solche Kleider zu tragen!» Das bedeutet, die Anwesenheit des Opfers zu leugnen: Man spricht nicht mehr mit ihm oder nutzt den Umstand, daß es für fünf Minuten von seinem Schreibtisch abwesend ist, um ihm ein Aktenbündel mit einem Vermerkaufkleber hinzulegen, anstatt direkt um Erledigung zu bitten.
Herabwürdigung – das ist auch indirekte Kritik, versteckt in einem Scherz, Spötteleien, Sarkasmen. Nachher kann man sagen: «Das war nur ein Scherz, daran ist noch nie jemand gestorben!» Die Sprache ist pervertiert. Jedes Wort birgt ein Mißverständnis, das sich gegen das aufs Korn genommene Opfer kehrt.
Diskreditieren
Dazu genügt es, den Zweifel in die Köpfe der anderen einsickern zu lassen. «Glaubst Du nicht, daß ...» Nachher kann man durch falsche Reden, zusammengeschustert aus einer Montage von Hintergedanken, von Nichtausgesprochenem, ein Mißverständnis aufbauen, um es dann zum eigenen Vorteil auszubeuten.
Um den anderen zu zerschlagen, macht man ihn lächerlich, demütigt ihn, überzieht ihn mit Sarkasmen, bis er jegliches Selbstvertrauen verliert. Man saugt sich einen lächerlichen Spitznamen für ihn aus den Fingern, man macht sich lustig über ein Gebrechen oder einen Schwächeanfall. Man bedient sich auch der Verleumdung, der Lügen und böswilligen Mißverständnisse. Man richtet es so ein, daß das Opfer es erfährt, ohne daß es sich dagegen wehren könnte.
Diese Machenschaften kommen von mißgünstigen Kollegen, die es einfacher finden, die Schuld auf einen anderen zu schieben, um sich einer schwierigen Situation zu entziehen, oder von leitenden Persönlichkeiten, die glauben, ihre Arbeitnehmer anzuspornen, indem sie sie ohne Unterlaß tadeln und demütigen.
Wenn das Opfer zusammenzubrechen droht, sich erregt oder deprimiert wird, erhält die Quälerei ihre Rechtfertigung: «Das wundert mich nicht, der Kerl war verrückt.»
Isolieren
Wenn man beschlossen hat,
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