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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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Ereignisses, das von dem, was man normalerweise sich vorzustellen vermag, dermaßen abweicht, daß die seelische Struktur keine andere Ausflucht weiß, als es zu entstellen oder aus seinem Bewußtsein zu verdrängen. Der Zerfall bewirkt eine Trennung zwischen dem Erträglichen und dem Unerträglichen, welches der Amnesie überlassen wird. Er filtert die erlebte Erfahrung und führt so zu Erleichterung und partiellem Schutz.
    Das Phänomen dieses Zerfalls trägt dazu bei, den beherrschenden Einfluß zu verstärken, und bildet eine zusätzliche Schwierigkeit, die man in der Therapie berücksichtigen muß.
     
     
    Die Trennung
     
    Angesichts einer Drohung, die immer deutlicher in Erscheinung tritt, können die Opfer auf zweierlei Art reagieren:
     
    • # sich fügen und das Beherrschtwerden hinnehmen, dann kann der Aggressor in Ruhe sein Zerstörungswerk fortsetzen;
    • # revoltieren und kämpfen, um fortzugehen.
     
    Gewisse Menschen, die einem zu starken oder zu lange dauernden Einfluß unterworfen sind, sind nicht in der Lage zu fliehen oder zu kämpfen. Sie ziehen manchmal einen Psychiater oder Psychotherapeuten zu Rate, aber kündigen sogleich an, daß sie jede grundlegende Infragestellung ablehnen. Sie möchten nur «durchhalten», ihre Unterjochung ertragen ohne allzu viele Symptome und weiterhin «Haltung bewahren». Diese Personen ziehen gewöhnlich eine medikamentöse Behandlung einer langwierigen Psychotherapie vor. Indessen kann es, wenn die depressiven Zustände dicht aufeinanderfolgen, zu einem Mißbrauch angstlösender Medikamente oder toxischer Substanzen kommen, was den Psychiater veranlassen wird, aufs neue eine Psychotherapie vorzuschlagen. Ist der Vorgang des Quälens erst einmal alltäglich geworden, so ist es in der Tat selten, daß er anders aufhört als durch den Weggang des Opfers, und Medikamente werden diesem nicht helfen, seine Haut zu retten.
    Meist reagieren die Opfer erst, wenn sie miterleben, wie die Gewalt sich gegen eine andere Person richtet, oder wenn sie einen Verbündeten oder Rückhalt von außen finden konnten.
    Wenn die Trennung sich denn bewerkstelligen läßt, so ist sie das Werk der Opfer, nie das der Aggressoren. Dieser Befreiungsprozeß vollzieht sich unter Schmerzen und Schuldgefühlen, da die narzißtischen Perversen sich als im Stich gelassene Opfer aufspielen und damit einen neuen Vorwand finden für ihre Gewalt. Bei einem Trennungsvorgang halten sich die Perversen immer für die Geschädigten, werden prozeßsüchtig und nützen es aus, daß ihr Opfer, das es eilig hat, Schluß zu machen, noch zu allen Zugeständnissen bereit ist.
    In der Ehe werden Erpressung und Zwang ausgeübt auf dem Umweg über die Kinder, falls welche da sind, oder durch Gerichtsverfahren um die materiellen Güter. In der Berufswelt geschieht es nicht selten, daß ein Prozeß gegen das Opfer angestrengt wird, weil es sich immer irgendeiner Sache schuldig gemacht, beispielsweise ein wichtiges Dokument nach Hause mitgenommen hat. Stets beklagt sich der Aggressor, geschädigt worden zu sein, während es doch das Opfer ist, das alles verliert.
     
     
    Die spätere Entwicklung
     
    Selbst wenn die Opfer nach Abschluß eines Trennungsversuchs jeden Kontakt zu ihrem Aggressor verlieren, lassen sich die dramatischen Folgen dieses Lebensabschnitts nicht bestreiten, in dem man sie in die Lage eines Objekts gezwungen hatte. Von daher bekommt jede Erinnerung, jedes neue Ereignis einen anderen Sinn, verbunden mit der durchlebten Erfahrung.
    Die körperliche Entfernung vom Aggressor bedeutet in der ersten Zeit eine Befreiung für die Opfer: «Endlich kann ich wieder aufatmen!» Nach der Phase der Erschütterung kommt wieder Interesse an der Arbeit oder an Freizeitaktivitäten auf, eine Neugier auf die Welt und auf Menschen, alles Dinge, die bis dahin blockiert waren durch die Abhängigkeit. Aber auch das geht nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten.
    Einige der Opfer überstehen diese Qualen ohne größere psychische Schäden, es bleibt nur eine böse Erinnerung, die sie bewältigt haben. Das trifft vor allem zu, wenn das Quälen außerfamiliär und von kurzer Dauer war. Aber bei vielen klingen die traumatische Erfahrungen noch lange nach, doch sie nehmen das hin.
    Die Versuche zu vergessen führen meist zu verzögerten psychischen oder somatischen Störungen, als ob das Leiden in der seelischen Struktur als Fremdkörper zurückgeblieben wäre, aktiv und dennoch unzugänglich.
    Die erlebte Gewalt kann

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