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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Sein rundes Gesicht lief vor Zorn rot an. »Der Junge lässt Eibo nie aus den Augen. Außerdem haben Sie mich zweimal Vater genannt. Arian …« Der alte Dragoner schüttelte ärgerlich den Kopf. »Mike hat das nie getan. Für ihn bin ich Sergeant Major Astley. Ich hätte Ihren Komplizen schon vor siebzehn Jahren zum Teufel jagen sollen, als er behauptete Baladur du Lys zu sein und mich nach Tobes fragte. Wie war noch gleich sein richtiger Name?«
    »Zoltán?«
    »Nein, der andere.«
    »Ach, Sie meinen die Neunzehn.«
    »Richtig. Xix hieß er, so wie die römische Zahl. Ich Narr habe ihm geglaubt, als er mir erzählte, dass er Tobes’ bester Freund sei und ihn vor einem mörderischen Komplott warnen müsse. In Wahrheit war dieser verlogene Kerl selbst ein Verschwörer. Hätte ich ihn doch nie nach Bamberg geschickt! Jahre später erfuhr ich von Kord, dass man die Pratts ermordet hatte. Ich kam mir wie ein Verräter vor.«
    »Sie werden melodramatisch, Philip. Das steht Ihnen nicht.«
    »Ich zeig Ihnen gleich, was ich werde, Sie Ungeheuer. Dabei hatte Tobes mich vor den Metasomen gewarnt. Trau deinen Augen nicht, sagte er, höre auf dein Herz. Und jetzt bin ich wieder auf Sie hereingefallen. Was haben Sie mit Mike gemacht?«
    »Das werden Sie schon bald erfahren.« »Ich will es aber von Ihnen wissen«, brüllte Philip und näherte sich dem Seelendieb mit geballten Fäusten.
    M. griff blitzschnell nach einem Hufeisen, das über seinem Kopf am Stützbalken hing, riss es vom Nagel und streckte es dem Kavallerieoffizier kämpferisch entgegen. »Bleiben Sie weg von mir oder Sie lernen das Wort Entleibung auf eine ganze neue, schreckliche Art kennen.«
    Philip zögerte. Nur seine Kiefer mahlten. »Wo – ist – Mike?«, fragte er mühsam beherrscht. »Haben Sie ihn getötet?«
    »Nein.« Mister M. lächelte. »Er ist nur umgezogen – in einen anderen Körper.«
    »Sie sind ein Teufel.«
    »Das ist zu viel der Ehre«, antwortete M. amüsiert. Er reckte das Hufeisen in seiner linken Faust wie einen Schlagring hoch, um den Sergeant Major auf Abstand zu halten. »Im Übrigen steht Ihnen Ihre falsche Selbstgerechtigkeit nicht, Philip. Ich habe Sie für Ihre Dienste immer ordentlich bezahlt. Denken Sie nur an die lebendige Puppe für Ihre Kuriositätenschau. Und jetzt den Papagei, der perfekt sprechen, rechnen und lesen kann. Solche Attraktionen spülen eine Menge Geld in Ihre Kassen . Sie haben Ihr … Theater überhaupt erst zu dem gemacht, was es heute ist.«
    »Das ist nicht wahr. Ich bin Kunstreiter. Die Equestrik ist das Herz meines Programms.«
    M. schüttelte mitleidig den Kopf. »Ein Herz, das fast aufgehört hätte zu schlagen, als Ihr alter Freund Charles Hughes Ihnen vor zwölf Jahren plötzlich Konkurrenz machte.«
    »Warum grinsen Sie so unverschämt? Haben Sie diesen Verräter etwa überredet, nach England zurückzukehren und mir mit diesem zweitklassigen Abklatsch meiner Schau, den er Circus nennt, das Leben schwer zu machen?«
    »Es hat Sie mir gefügiger gemacht«, antwortete M. selbstgefällig. »Ohne dass es zu Ihrem Schaden war. Heute sind Sie Amphi-Philip. Mit dem Namen Astleys verbinden die Leute in ganz Europa spektakuläre Unterhaltung in der Manege. Sie verdienen sich eine goldene Nase…«
    »Darum geht es doch gar nicht«, fiel Philip ihm wütend ins Wort und hob die Fäuste. »Mein Gott, ich habe mich schon wieder von Ihrer glatten Zunge einlullen lassen. Hätte ich damals gewusst, was Sie tatsächlich im Schilde führen, wäre ich nie auf Sie hereingefallen. Ich dachte, einem Freund der Pratts helfen zu können. Nur deshalb habe ich Ihnen erzählt, was ich über Tobes und Salome weiß. Arian ist mir so teuer wie mein eigener Sohn. Ich würde ihn niemals absichtlich verraten.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht«, widersprach Mister M. Denn sie haben es bereits getan, als sie Arian verschwiegen, dass Kord ihn gestohlen hat.«
    »Was reden Sie da?«
    »Nach Willen des Vaters hätte der Puppenspieler den Jungen zu Baladur und Marie du Lys nach Paris bringen sollen, damit er dort wie ein Bruder ihrer Tochter Mira aufwächst. Aber Kord war so vernarrt in den Knaben, dass er ihn bei sich behielt. Warum haben Sie das Arian nie gesagt?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Puppen, die sprechen, können auch hören.«
    Philip schnappte nach Luft. »Sie haben mir einen Spion untergejubelt?«
    »Wenn Sie es so nennen wollen. Im Gegensatz zu Ihren Seiltänzern sichere ich mich lieber doppelt und dreifach ab.

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