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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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das an der unerträglichen Hitze oder an dem Gefühl der fremden Präsenz, das unvermindert anhielt, ja, sogar stärker zu werden schien?
    »Wozu?«
    »Ich würde mich gerne mit ihm unterhalten.«
    »Und ich mich mit dir«, antwortete Turtleneck. Seine Stimme klang mit einem Mal hart und kalt.
    Arian ahnte, dass gerade etwas passiert war, was nicht hätte geschehen dürfen. Hatte der Feuerkristall ihn entlarvt? Er zögerte einen Moment zu lang.
    »Jetzt!«, rief Turtleneck.
    Aus den Dampfwolken tauchte Slit auf. Er war also gar nicht wieder nach draußen verschwunden, sondern hatte nur auf das Zeichen des Kings gewartet. Mit seinem großen Messer stürzte er sich auf den falschen Hooter.
    Arian wich vor ihm zurück. Dabei rutschte er auf dem schlüpfrigen Boden aus. Er versuchte, den Sturz durch eine schnelle Drehung mit Händen und Füßen abzufedern. Als Seiltänzer hätte ihm das keine Mühe bereitet, doch der Körper des Walisers wollte ihm einfach nicht richtig gehorchen. Er war zu sperrig, zu schwer, zu träge und zu steif. Arian fiel auf den verletzten Arm und schrie vor Schmerzen auf.
    Einen Herzschlag später war auch schon der Schlitzer über ihm. Er trug jetzt Handschuhe – wohl nicht ohne Grund. Grob riss er Arian herum, setzte ihm das Knie auf die Brust und drückte ihm grinsend die Klinge an die Kehle. »Überraschuuuung!«
    »Sieh dich vor, Slit, dass er nicht dein Gesicht berührt. Er könnte einer dieser Hexer sein«, rief Turtleneck.
    Arian spürte, wie sich der Druck des Messers verstärkte. Es schnitt ihm in die Haut. Wie er dieses Gefühl hasste!
    Das Narbengesicht beugte sich über ihn. Er hatte sich inzwischen den Feuerkristall in die leere Augenhöhle geschoben. Das falsche Auge funkelte rot und böse. »Wer bist du?«
    »Ich bin Hooter.«
    »Keine Lügen!«, zischte Turtleneck. »Weißt du nicht, was das hier ist?« Er deutete auf den Kristall. »Das ist das allsehende Auge des Osiris. Mortimer hat es mir gegeben, damit ich Betrüger wie dich demaskiere. Ich kann dich bei all dem Dampf zwar nur verschleiert sehen, aber es reicht mir, um dich zu durchschauen. Steh auf.«
    Arian wurde auf die Beine hochgezerrt, das Messer blieb an seinem Hals. Erstaunt stellte er fest, dass der King mindestens so groß war wie er. Um Slit zu erschrecken, versuchte er den Flammentrick, doch er konnte sich nicht konzentrieren. Die Schmerzen im Arm waren stärker als seine Willenskraft.
    »Ich frage dich noch ein allerletztes Mal«, sagte Turtleneck bedrohlich ruhig. »Und ich werde es bestimmt nicht wieder tun: Wer – bist – du?«
    In Arians Schädel brauste ein Sturm. Er konnte sich nicht wehren, vermochte nicht einmal klar zu denken. Sein letztes Stündlein hatte geschlagen, da war er sich sicher. Gab es überhaupt eine richtige Antwort, die nicht seinen Tod bedeutete?
    Unvermittelt vernahm er ein Geräusch. Seltsamerweise kam es nicht aus Richtung der Tür. Auch Turtleneck und Slit hatten es offenbar gehört, denn sie drehten beide die Köpfe herum.
    Aus den Wolken tauchte ein beleibter, buckliger alter Mann auf. Er trug einen dunkelblauen Rock mit gelber Weste und weißen Kniebundhosen. Sein zum Zopf gebundenes Haupthaar war grau und er bewegte sich gebeugt und schwerfällig und keuchte wie eine reparaturbedürftige Dampfmaschine.
    »Zed?«, fragte Turtleneck verdutzt.
    Arian starrte entgeistert die hinfällige Gestalt an, deren Präsenz er die ganze Zeit wahrgenommen hatte. Hatte Mister M. schon wieder den Körper getauscht?
    »Jaja. Hast sicher gedacht, die Froschfresser hätten mich längst eingebuddelt, was?«, krächzte der Alte in französisch gefärbtem Englisch und verfiel in ein Kichern, das zwei Hautfalten unter seinem Kinn heftig hin und her schlackern ließ.
    »Wer ist das? Soll ich Hilfe holen?«, erkundigte sich Slit misstrauisch.
    Der Greis blieb ungefähr drei Schritte vor den Männern stehen.
    »Lass gut sein«, beruhigte ihn der King. »Das ist Zedekiah Blacksmith. Früher nannte man ihn den Robin Hood der Taschendiebe und Einbrecher, weil er seine Beute oft mit denjenigen teilte, denen es noch schlechter ging als ihm. Mir hat er auch geholfen, als ich ein Galgenstrick von neun Jahren war. Zed nahm mich unter seine Fittiche und brachte mir sein Handwerk bei.« Das Narbengesicht deutete auf Arian. »Pass auf, Slit, dass er keine Dummheiten anstellt.« Dann wandte er sich wieder seinem alten Lehrer zu. »Hast deine eigene Muttersprache verlernt, wie mir scheint.«
    »Hört man das so

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