Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau

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irgendwie auf ihn abgefärbt. Nachdem der Penny ein paar Mal hin- und hergewandert war, hielt er inne. »Das Kunststück kennst du, Slit. Niemand außer mir kann das. Sag das dem King.«
    »Das stimmt«, brummte der Dicke.
    »Da hol mich doch…!« Turtleneck verschlug es die Sprache. Auf einmal grinste er wieder. »Ziemliche Verschlechterung, diese schwabbelige Wampe, die du da vor dir herschiebst.«
    Arian richtete sich ächzend auf. Obwohl ihm schwindlig war, gab er sich kämpferisch. »Vielleicht hole ich Mortimer noch ein. Er muss mir meinen Körper zurückgeben.«
    »Mortimer!?« , entfuhr es dem King. »Ich denke, der schmort längst in der Hölle.«
    Arian verzog das Gesicht. Seine Zunge war wieder einmal schneller gewesen als der Verstand. Besser lückenhaft wahr als komplett gelogen , sagte er sich und antwortete: »Das habe ich auch gedacht. Bis ich heute von Sergeant Major Astley etwas anderes erfuhr. Wie es aussieht, ist der Franzmann uns im Körper des Puppenspielers entkommen. Slit und ich haben den Falschen von der Wabbey geschmissen.«
    »Warum hast du mir im Pub nichts davon gesagt?«, platzte der Schlitzer heraus.
    »Weil Mortimer eine Nummer zu groß für dich ist. Dazu die Sache mit dem Schatz – ich musste es dem Boss persönlich erzählen.«
    »Du hast recht«, knirschte Turtleneck. »Dieser verfluchte Hexenmeister! Ich werde sämtliche Halsabschneider von London auf ihn hetzen.«
    »Das würde er merken und sich in einem anderen Leib aus dem Staub machen«, widersprach Arian. »Lassen Sie mich den Franzmann verfolgen. Er steckt in meinem Körper. Deshalb spüre nur ich seine Nähe und werde ihn finden.«
    Slit lachte. »Und was dann? So, wie du jetzt ausgestattet bist, zerdrückt er dich wie eine Kakerlake.«
    »Wenn mir jemand eine Pistole gibt …«
    »Kannst deinen weibischen Giftdolch benutzen, den ich dir abgenommen habe.« Der Schlitzer deutete zu einer Kommode, auf der ein Stilett mit silbernem Griff und schmaler Klinge lag.
    Arian richtete sich mühsam auf. Sämtliche Glieder taten ihm weh. Wie sollte er nur mit diesem Körper zurechtkommen!
    »Du bleibst schön hier«, befahl Turtleneck. »Ich lasse dich nicht eher gehen, bis du mir alles über den Schatz der Pratts erzählt hast.«
    »Was ich darüber weiß, habe ich bereits gesagt. Ohne Mortimer kommen wir nie an das Gold und die Juwelen heran. Haben Sie eine Ahnung, wo ich ihn finden kann?«
    »In London?« Turtleneck schüttelte den Kopf. »Wenn ich das wüsste, hätten wir ihm nicht die Falle bei der Wabbey stellen müssen.«
    Arian spürte, wie die Verzweiflung in ihm hochkroch. »Sie erwähnten vorhin, dass er ursprünglich von der Insel stammt. Kennen Sie ihn von früher?«
    »Nicht persönlich. Ich habe nur von ihm gehört. Ist schon eine Ewigkeit her. Ich war jung und hatte mein Auge noch nicht verloren. Man erzählte sich von einer geheimen Gesellschaft, die sich mit schwarzer Magie beschäftigte. Mortimer soll sie gegründet und ihr vorgestanden haben.«
    »Meinen Sie mit Magie die Erschaffung von Trugbildern?«
    Turtleneck nickte. »Hast du das von Slit?«
    »Ich habe zum ersten Mal vor ungefähr drei Jahren etwas über diese Bruderschaft gehört, von einer alten Frau«, antwortete Arian wahrheitsgemäß. Meiner Großmutter.
    »Dann frag doch einfach sie.«
    »Sie ist tot. Mortimers gibt es in London bestimmt wie Sand am Meer. Haben Sie erfahren, woher unser ›Freund‹ ursprünglich kommt oder aus welcher Familie er stammt?«
    »Nein …«
    Arian atmete enttäuscht aus.
    »Doch!«, entfuhr es Turtleneck plötzlich. »An seinen Zunamen erinnere ich mich. Er heißt Slay . Mortimer Slay.«
    Vor Schreck knickten Arian die Knie ein. Hätte er nicht vor der Ottomane gestanden, wäre er unsanft auf dem Boden gelandet. Ein kalter Schauer schüttelte ihn durch. Mortimer Slay! Das konnte kein Zufall mehr sein. Die Vergangenheit hatte ihn eingeholt. Nein, sie war mit brachialer Gewalt über ihn hinweggerollt. Ein Wunder, dass er noch lebte.

Wie Arian in einem viel zu greisen Körper
durch die nebligen Gassen von Soho japst,
sich gegen einen Seelendieb behaupten muss
und Furchtbares über seine Vergangenheit erfährt.



    London, 8. Juni 1793

    Wenn Hooters Körper ihm schon nicht gepasst hatte, dann war der von Zedekiah Blacksmith in puncto Komfort eine einzige Katastrophe. Gliederreißen, ein krummer Rücken, schwache Augen und eine tief sitzende Müdigkeit waren nur die schlimmsten Unannehmlichkeiten, mit