Die Masken des Morpheus
an, nachdem dieser Mister M. mir den Körper gestohlen hat.«
»Nein. Es schlummerte schon immer in dir. Du wusstest nur nichts davon. Dieser… Sagtest du Seelendieb? Hat er dich mit bloßer Haut angefasst?«
»Ja. An der Hand.«
»Erstaunlich, dass du noch lebst.«
»Leben?« Arian lachte ohne jede Heiterkeit. »Ich verstehe darunter etwas anderes. Wäre es zu viel verlangt, mir auch deinen Namen zu verraten?«
Hooters Pranke gab Arians Arm frei. »Ich heiße Mira. Meine Eltern waren Baladur und Marie du Lys.«
Er riss die Augen auf. »Du bist das?«
Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. »Ich bin wer? «
Er setzte zu einer Antwort an, zögerte dann aber. Vielleicht hatte Mister M. gelogen, als er dem Sergeant Major gegenüber behauptete, Tobes habe seinen Sohn in die Obhut von Baladur und Marie du Lys geben wollen. Was, wenn M. und diese Mira Komplizen waren? Arian räusperte sich. »Äh … das Mädchen, das Turtleneck für den Seelendieb finden soll? Ich bin ehrlich gesagt überrascht.«
»Warum? Weil ich eine Frau bin? Swapper können in jeden Körper, in dem noch ein Fünkchen Leben steckt, hinein- und auch wieder herausschlüpfen. Sollte mir danach sein, schwirre ich als Vogel um deinen Kopf herum oder knabbere als Ratte an deinen Zehen. Notfalls werde ich sogar zum Mann, obwohl es grauenhaft ist, wenn’s einem ständig im Schritt zwickt.«
Arian räusperte sich verlegen. »Wahrscheinlich hast du Läuse. Musst sie ab und zu mal ein bisschen herumscheuchen.«
»Igitt! Meinst du, ich fasse diesem wandelnden Hauklotz auch noch ins Gemächt?«
Er merkte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. »Ähm, was ich brennend gerne erfahren würde…«, wechselte er umständlich das Thema. »Eigentlich … äh … fragt man so etwas eine Dame ja nicht …«
»Ich bin siebzehn Jahre alt«, unterbrach sie sein Gestammel. »Wir müssten ungefähr im selben Alter sein.«
»Genauso alt sogar.«
»Wie bei unseren Vätern. Erstaunlich!«
»War der deine auch ein …?«
»Ein Changeur? Swapper? Körpertauscher? Ja. Beide Eltern.«
»Wieso habe ich früher nie von diesen Menschen gehört?«
»Weil jeder sterben muss, der ihr Geheimnis verrät.«
»Dafür bist du aber ganz schön redselig.« Die Präsenz dieser Mira fühlte sich anders an als die von Mortimer, schwer wie Rosenöl und auch nicht dunkel. Doch konnte er ihr deshalb trauen?
»Mich will er ohnehin ermorden«, sagte sie mit düsterer Miene.
»Du redest von meinem Urgroßvater?«
Sie nickte. »Der Einzige, der ihm Einhalt gebieten könnte, wäre Morpheus. Leider ist er seit ungefähr achtzig Jahren verschollen.«
»Haben die alten Griechen nicht so ihren Gott der Träume genannt?«
»Er selbst hat diesem Mythos den Namen gegeben, weil er sich als Fürst aller Metasomen betrachtet. So nannte man die Swapper in antiker Zeit.«
»Dann müsste er ja zwei- oder sogar dreitausend Jahre alt geworden sein.«
»Eher viertausend. Ursprünglich wurde er als Marádh im Zweistromland geboren. Nur ein gewaltsamer Tod kann seinem Leben ein Ende setzen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Ist mir doch egal.«
Arian seufzte. Dieses Mädchen im Körper eines walisischen Stiers war seine einzige Verbindung zu Mortimer. Er durfte sie nicht gegen sich aufbringen, selbst wenn er ihr nicht traute. »Also gut. Nehmen wir mal an, du hättest recht …«
»Ich habe recht«, fauchte sie. »Falls du dich ein bisschen in griechischer Mythologie auskennst, dann weißt du auch, dass Morpheus der Sage nach den Menschen in Träumen erscheint und sich in jedwede Form zu verwandeln vermag. Die Wahrheit hinter diesem Mythos ist seine Fähigkeit, mit jedem Lebewesen, ob Mensch oder Tier, den Körper zu tauschen.«
»Was eher ein Albtraum ist«, knirschte Arian und dachte dabei an sich.
»Nicht für den Fürsten der Metasomen. Er wählt seinen Leib wie andere ihre Kleider. Hauptsache jung und stark. Manchmal verbirgt er sich vorübergehend auch unter einer alten, abgetragenen Hülle«
»Da ist er nicht der Einzige«, sagte Arian bitter. »Gestern hat sich dieser Mister M. einen kräftigen Artisten ausgesucht, einen Seiltänzer und Puppenspieler. Mich! Du hast recht: Auf diese Weise könnten die Seelendiebe ewig leben.«
Sie nickte. »Wer stirbt schon freiwillig, wenn er für immer jung bleiben kann?«
»Ich finde es widerlich, sich auf Kosten anderer ein schönes Leben zu machen.«
»Tun das nicht alle Reichen? Ihr Überfluss ist der Mangel der Armen.«
»Das geht mir genauso
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