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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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dem Sandhügel. »Da ist jemand.«
    »Bist du sicher? Vielleicht hat der Wind nur ein Grasbüschel …« Sie verstummte jäh, als auf den Dünen Schemen erschienen, die sich lautlos auf sie zubewegten.
    Arian ließ die Reisetasche fallen und zog den Degen. »Ein Hinterhalt. Jetzt weißt du, warum der Fischer seine Lampe geschwenkt hat. Halt das bitte mal.« Er reichte ihr den hohlen Stockschaft.
    Sie riss ihm die Degenscheide aus der Hand. »Willst du etwa gegen sie alle kämpfen? Das sind mindestens zwei Dutzend.«
    »Nur, wenn es sein muss. Kord hat mir ein paar Tricks beigebracht, die auf den feinen Fechtschulen der Aristokraten verpönt sind. Du hast nicht zufällig eine Donnerbüchse in deiner Tasche?«
    »Der Giftdolch war meine einzige Waffe.«
    »Ergreift sie!«, hallte eine Stimme durch die Dunkelheit.
    »Komm!«, raunte Arian und rannte los. Auf dem feuchten Strand kam man schneller voran als im lockeren Sand. Sie mussten es irgendwie bis in die Stadt schaffen. Mira durfte nichts geschehen.
    Wo war sie eigentlich? Er wandte sich zu ihr um und ihm stockte der Atem. Sie hatte sich die schwere Tasche übergeworfen und war gerade erst losgelaufen. Fieberhaft suchte er nach einer Möglichkeit, ihnen mehr Zeit zu verschaffen. Sand gehörte zum Element Erde. Er konnte zwar keine echten Barrieren errichten, doch vielleicht genügte schon die Illusion, um Verwirrung zu stiften. In Windeseile entwarf er im Geist ein Bild, das gleich darauf Gestalt annahm.
    Um sie herum faltete sich der Strand auf. Es sah aus, als schiebe jemand ein großes Tischtuch zusammen. Aus den Erhebungen entstanden Sandmauern wie in einem Labyrinth, verwinkelt genug, um stundenlang darin umherzuirren. Nur für Mira und sich ließ Arian freie Bahn.
    »Es geht um unser Leben. Lass das Gepäck hier«, zischte er und zog sie mit sich, sobald sie zu ihm aufgeschlossen hatte.
    Sie schüttelte den Kopf. »In der Tasche ist Leben. Sollte Mortimer die Liste mit den Namen der abtrünnigen Körpertauscher in die Hände fallen, wird er sie alle töten. Mein Vater hat sie mir anvertraut, damit … Pass auf! «
    Arian wirbelte herum. Zur Linken, vier oder fünf Schritte vor ihm, schob sich ein Arm mit einem Degen aus der Sandmauer. Es folgte ein halber Mann mit einem großen Dreispitz auf dem Haupt. Seine Kleider mussten schwarz wie die Nacht sein, denn im schwachen Licht der frühen Dämmerung waren nur sein Gesicht, die Schwerthand und seine blanke Klinge deutlich zu erkennen. Arian wischte sich mit einer raschen Bewegung die Augenbinde samt dem Hut vom Kopf, um besser zu sehen.
    Inzwischen hatte der Fremde die falsche Barriere ganz durchschritten und blieb für den Feuerkristall dennoch nur ein halber Mann. Arian blinzelte irritiert. Abgesehen vom Habichtskopf zeigte ihm der rote Stein nur die rechte Körperhälfte des Angreifers in normaler Größe. Links dagegen war er so winzig wie ein Neugeborenes. Die zwei Hälften hätten kaum unterschiedlicher sein können. Trotzdem stand der Kerl sicher auf seinem normalwüchsigen Bein. Was bedeutete das?
    Die finstere Gestalt hatte mittlerweile auch Arian und Mira entdeckt. Mit erhobenem Degen kam sie auf die beiden zu und knurrte auf Englisch mit französischem Akzent: »Bist du Arian Pratt, Einäugiger? Und ist das Mädchen Mira du Lys?«
    »Wer will das wissen?«
    »Das genügt mir als Antwort. Wir haben Befehl, euch mitzunehmen. Falls ihr euch weigert, sollen wir euch töten. Ich mag es unkompliziert. Also bringe ich euch lieber um.« Der Schwarzrock machte einen blitzschnellen Vorstoß und schlug mit dem Degen zu.
    Arian staunte über Turtlenecks schnelle Reflexe und zugleich überraschte ihn das Gewicht des gegnerischen Schwerts. Er verlor fast seine Waffe, als die Klingen klirrend aufeinandertrafen. Keuchend taumelte er zurück, stieß mit dem Rücken gegen Mira. Der Schurke benutzte ein Rapier. Im Gegensatz zu seinem florettartigen Stockdegen konnte man damit nicht nur zustechen, sondern auch Hiebe verteilen.
    »Sie sind hier! Lauft einfach durch die Wände und folgt dem Gesang der Schwerter«, brüllte der Schwarze auf Französisch und schlug ein zweites Mal zu.
    Diesmal umklammerte Arian das Heft seiner Waffe mit beiden Händen. Er konnte den Streich nur parieren, indem er den Oberkörper weit nach rechts drehte, während er die gegnerische Klinge ablenkte; sein Degen vibrierte wie eine Stimmgabel. Aus den Augenwinkeln gewahrte er, dass der finstere Geselle mit der freien Hand nach dem Parierdolch an

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