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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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tatsächlich keinen Penny mehr wert.«
    »Der Mörder unserer Eltern muss nicht gleichzeitig der Urheber des Ganzen sein.«
    »Soll mich das etwa beruhigen?«
    Mira sah ihn an. »Es mag deine Wachsamkeit schärfen. In diesen Zeiten kann morgen schon dein Feind sein, wer heute noch dein Freund ist.«

    Arian schreckte hoch. Das erste Morgengrauen verfärbte den Himmel über dem Bug. Darunter zeichnete sich eine schwarze Linie ab: die französische Küste. Er blinzelte. Das eintönige Auf und Ab während der Überfahrt hatte ihn unmerklich in den Schlaf gewiegt. Doch jetzt war er wieder hellwach.
    Miras wütende Stimme hatte ihn geweckt. Sie stand am Mast und Paul im Heck des Segelbootes. Die Pinne hatte er zwischen die Beine genommen, um beide Hände für die Schoten freizuhaben. »Beruhige dich. Es ist nicht so, wie du denkst«, sagte er.
    »Du hättest uns vorher wecken und uns fragen sollen«, schimpfte sie.
    »Auf diesem Boot habe immer noch ich das Kommando, und ich befehle dir, dich wieder hinzusetzen. Wenn der Großbaum herumschlägt, landest du im Wasser. Nachts und bei dieser See wäre das dein sicherer Tod.«
    »Lenk nicht ab, Paul.«
    Arian räusperte sich.
    »Guten Morgen. Wünsche wohl geruht zu haben«, spöttelte Paul.
    Mira stakste zum Bug zurück, nur, um von dort aufgeregt zum Heck zu zeigen. »Fällt dir nichts auf?«
    Arian zuckte die Achseln. »Was denn?«
    »Er hat die Laterne.«
    »Ja, und?«
    »Während wir beide geschlafen haben, ist er nach vorne geschlichen, hat sie genommen und damit Zeichen gegeben.«
    »Wem?«
    »Jacques Rochelais«, antwortete der Seemann, ehe Mira es tun konnte.
    »Wer ist das?«
    Das Mädchen machte eine unwirsche Geste. »Ein Changeur und Fischer wie Paul. Die zwei bilden die Brückenköpfe für die Fluchtroute nach England. Jacques’ Haus liegt in den Dünen östlich von Calais. Vor einigen Tagen hatte er meine Nachricht an Paul weitergeleitet, damit er mich abholt und übersetzt.«
    »Warum regst du dich dann so auf?«
    »Weil es nie abgemacht war, Jacques irgendwelche Zeichen zu geben. Wir brauchen ihn nicht zu behelligen und unnötig in Gefahr zu bringen. Sobald wir an Land gehen, sind wir in Mortimers Machtbereich. Überall lauern seine Spitzel.«
    »Gerade aus diesem Grund solltet ihr Gasthöfen und öffentlichen Plätzen fernbleiben«, verteidigte sich Paul. Dabei sah er Arian an, als erwarte er von ihm mehr Verständnis als von dem zornigen Mädchen. »Ich dachte, ihr wollt bei Jacques Rast machen.«
    Während der Fischer so um Zustimmung heischte, veränderte sich seine Gestalt im Feuerkristall. Der rote Stein zeigte Arian eine hässliche, dürre Kreatur, die weder menschlich noch tierisch war. So stellte er sich einen ausgemergelten Kobold vor. Erschrocken kniff er das linke Auge zu, um das unheimliche Bild zu verscheuchen.
    »Was ist?«, fragte Mira. Sein sonderbares Verhalten war ihr aufgefallen.
    Er schüttelte den Kopf und deutete zur Küste. »Du hast recht. Wir sollten uns an diesem Strand nicht länger aufhalten als nötig.«

Frankreich bereitet Arian und Mira einen heißen Empfang.
      
      
      
    Bei Calais, 9. Juni 1793
      
    Paul Piscatorius konnte es kaum erwarten, wieder in See zu stechen, nachdem er seine Passagiere abgesetzt hatte. Zum Abschied wünschte er ihnen viel Glück.
    Arian zog Miras Tuch über den Feuerkristall, um weniger aufzufallen und weil er nicht ständig rot sehen wollte. Hiernach drückte er sich den Dreispitz fest aufs Haupt und blickte zu den Dünen hinüber. Ihre sanften Wölbungen hoben sich wie der Rücken eines schwarzen Seeungeheuers vom schieferfarbenen Himmel ab. Die Sandhügel waren das ideale Terrain für einen Hinterhalt.
    »Wo liegt das Haus dieses Monsieur Rochelais?«
    Mira deutete nach links. »Ungefähr da.«
    Er zeigte in die entgegengesetzte Richtung. »Dann marschieren wir erst mal da lang.«
    »Nach Calais? Willst du der Nationalgarde in die Hände fallen?«
    »Natürlich nicht. Aber wir brauchen eine Kutsche oder Pferde. Ich hoffe, deine Reisekasse ist gut gefüllt.«
    »Was glaubst du, warum mein Gepäck so schwer ist?«
    Er nahm ihr die Tasche ab und grinste. »Ich dachte, das liegt an den Kämmen und Puderdosen.«
    Sie schnaubte verächtlich und stapfte westwärts den Strand entlang.
    Er schloss sich ihr an.
    Nach wenigen Schritten bemerkte er hinter einer Düne zur Linken eine Bewegung. »Warte!«, flüsterte er.
    Sie blieb stehen. »Was ist?«
    Er deutete mit der Spitze seines Spazierstocks zu

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