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Die Masken von San Marco

Die Masken von San Marco

Titel: Die Masken von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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hintereinanderliegenden Räumen bestand. Erst kam das Vorzimmer, dann ein kleines Audienzkabinett und schließlich das Arbeitszimmer des Allerhöchsten, in dem sich der Tresor mit der goldenen Halskette befand.
    Königsegg verharrte ein paar Sekunden vor der Ein gangstür der kaiserlichen Suite, um zu lauschen. Als er nichts hörte, drückte er die Klinke langsam nach unten. Er durchquerte das Vorzimmer, schritt schlingernd, aber nicht ohne einen gewissen Schwung, durch den Audienzraum.
    Zehn Minuten nachdem er sein Zimmer verlassen hatte, betrat er das Arbeitskabinett des Kaisers. Vor dem Tresor blieb er stehen und holte tief Atem. Bis jetzt war alles er staunlich glatt verlaufen. Allerdings stand ihm der heikelste Teil des Unternehmens noch bevor. Er musste die richtige Zahlenkombination einstellen.
    Als Grünne vor zwei Tagen den Tresor geöffnet hatte, um die Schatulle darin zu deponieren, hatte Königsegg die ersten beiden Zahlen des Codes erkennen können. Die restlichen vier waren leicht zu erraten. Vermutlich eine Null, eine Acht, eine Drei und wieder eine Null. Hohe Offiziere benutzten ihre Geburtsdaten als Zahlencodes, und Königsegg ging davon aus, dass der Kaiser ebenso verfahren war.
    Er ließ sich in die Knie sacken, richtete den Schein der Blendlaterne auf das faustgroße, mit zehn kleinen Zahlen versehene Rad und drehte den Zeiger auf die erste Zahl.
    Nach jeder Drehung wartete er ein paar Sekunden, um  dem geheimnisvollen Mechanismus im Inneren des Schlosses die Gelegenheit zu geben einzurasten. Als er den Zeiger des Rades auf die letzte Zahl drehte, stellte er fest, dass ihm der Schweiß von der Stirn tropfte und dass seine Hände zitterten.
    Dann drückte er den großen, unterarmlangen Hebel des Tresors nach unten und zog die Tür, als der Hebel den Anschlag erreicht hatte, vorsichtig nach vorne. Sie öffnete sich widerstandslos. Da sie gut geölt war, quietschte sie nicht einmal. Königsegg stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
    Die Schatulle lag dort, wo Grünne sie hingelegt hatte, auf dem mittleren der drei Einlegeböden, ein unauffälliges, mit grünem Samt überzogenes Metallkästchen, das ihn unwillkürlich an die Konfektschachteln des Hofkonditors Demel denken ließ. Königsegg griff nach der Schatulle und öffnete sie. Die Halskette ruhte auf einem Samtkissen, und sie war noch prächtiger und noch schwerer, als er sie in Erinnerung hatte. Sie bestand aus einem Dutzend ovaler Medaillons, die durch kunstvoll gearbeitete Zwischenglieder zusammengehalten wurden. Jedes Medaillon zeigte das Profil einer römischen Kaiserin, und wenn die Medaillons zusammenstießen, ertönte das helle und zugleich sonore Klingeln, das nur zustande kommt, wenn Gegenstände aus reinem Gold einander berühren. Es war eines jener Geschmeide, dachte Königsegg, die man in grauer Vorzeit von Drachen bewachen ließ und um die man später blutige Kriege führte. Er schätzte das Gewicht der Kette auf ein knappes Pfund. Den momentanen Goldpreis kannte er nicht. Aber es würde ausreichen, um seine Schulden zu begleichen.
    Er verstaute die Halskette in der Tasche seines Uniformrocks, legte die Schatulle an ihren Platz zurück und schloss die schwere Tresortür. Dann machte er sich auf den Rückweg, wobei er wieder sorgfältig vermied, mit den Absätzen seiner Stiefel aufzutreten.
    An der Tür des kaiserlichen Arbeitszimmers blieb er  noch einmal stehen, drehte sich um und ließ den Schein der Blendlaterne über den Raum gleiten. Er hatte nicht die geringste Spur hinterlassen. Dass jemand im Lauf der nächsten vierundzwanzig Stunden an den Tresor gehen würde, war äußerst unwahrscheinlich. Es war sogar unwahrscheinlich, dass jemand die Suite des Kaisers vor der Ankunft des Allerhöchsten betreten würde. Morgen Nacht, um die gleiche Zeit, würde er, wenn alles lief wie geplant, die Halskette wieder in die Schatulle zurücklegen.

7
    Tron, in eine Hausjacke aus rotem Samt gekleidet, hielt ein Glas Veuve Cliquot in der Hand und versuchte, die missbilligenden Blicke zu ignorieren, die ihm die Principessa von der anderen Seite des Tisches her zuwarf. Diese hatte auf das Dessert verzichtet, an ihrem Champagner nur genippt und sich gerade die zweite Zigarette angezündet. Tron wusste, was sie dachte: dass er nicht die notwendige Selbstdisziplin aufbrachte, die das moderne Leben erforderte.
    Was nicht unbegründet war, denn Tron tat jeden Tag  Dinge, die er nicht tun sollte, aber dennoch nicht lassen konnte: die ersten

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