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Die Masken von San Marco

Die Masken von San Marco

Titel: Die Masken von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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«Die könnte man ihm vorstrecken. Er kann uns einen Wechsel geben. Erzähl ihm, dass du dich als Verwandter verpflichtet fühlst, ihm zu helfen.»
    «Er wird das Geld nie zurückzahlen.»
    «Das hoffe ich.»
    Tron sah die Principessa irritiert an. «Das hoffst du?»
    «Königsegg», erklärte die Principessa im Geschäftston,
    «ist in einer Situation, in der wir ihn kaufen können. Wenn es tatsächlich so ist, dass Zorzi sich an die Kommandantura wenden wird und Königseggs Karriere damit beendet ist, würde er seinen Posten als Oberhofmeister dir verdanken.
    Und sich entsprechend erkenntlich zeigen.» Die Principessa lächelte zufrieden. «Die fünftausend Lire sind hervorragend angelegtes Geld.»
    «Es sei denn, Franz Joseph stößt etwas in Venedig zu.»
    «Hältst du das wirklich für möglich?»
    «Morgen früh werden wir mehr wissen.»
    Es entstand eine Pause. Dann sagte die Principessa: «Wie würdest du anstelle von Spaur entscheiden? Würdest du den Fall abgeben?»
    «Wenn wir den Fall nicht abgeben, und es findet ein  Anschlag statt», antwortete Tron, «wird man uns unterstellen, dass wir in diese Geschichte verwickelt sind.» Er goss ein wenig Vanillesauce über die kandierten Kirschen, die er sich auf den Teller gehäuft hatte. «Aber wenn wir diese Leute schnappen, wenn, dann wird es Orden regnen, und das Problem mit den Schutzzöllen wird sich leicht lösen lassen.»

28
    Als Tron am nächsten Vormittag das Florian betrat, schlug ihm der charakteristische Geruch von Kerzenlicht, Parfum und frischem Kaffee entgegen, sodass er unwillkürlich stehenblieb und einen Moment die Augen schloss. Gab es irgendwo anders auf der Welt ein Café, das so wunderbar roch wie das Florian? Nein, ganz gewiss nicht.
    Eigentlich hatte er erwartet, dass die Salons des Cafés an einem Samstagvormittag brechend voll sein würden, aber sie waren eher mäßig besucht. Vermutlich lag es an dem überraschend schönen Wetter, dass die meisten Gäste es vorgezogen hatten, sich an den Tischen auf der Piazza niederzulassen. Und an der österreichischen Militärkapelle, die ihr übliches Wochenendkonzert absolvierte und heute – ganz unmilitärisch – einen Wiener Walzer nach dem anderen spielte, sodass die Menschenmenge, die sich über die Piazza wälzte, unwillkürlich in einen leichten Dreiviertel takt geriet. Auch etwas, dachte Tron, das es auf der ganzen Welt kein zweites Mal gab.
    Bossi saß im letzten Salon und erhob sich, als er Tron sah. Er kam sofort zur Sache, nachdem sie Platz genommen hatten. «Ziani», sagte er triumphierend, so als hätte er es bereits vorher gewusst, «ist identisch mit dem geheimnisvollen Signor Montinari, der die Grabstelle bestellt hatte und der am Montag auf der Beerdigung war. Pater Silvestro hat ihn auf der Fotografie sofort erkannt.»
    «Das heißt …»
    «Dass die beiden Morde zusammenhängen», kam Bossi  ihm zuvor. Er machte eine Pause, bevor er weitersprach.
    «Dann habe ich noch etwas erfahren.»
    Tron seufzte. Warum musste ihm der ispettore immer alles in kleinen Portionen servieren?
    «Es hat mich einer der beiden Totengräber, die am  Sonntag den Sarg am Bahnhof abgeholt haben, am Grab  stehen sehen. Weil ich Uniform trug, hat er mich angesprochen.»
    «Was wollte er?»
    «Mir mitteilen, dass der Bursche, der ihnen den Sarg übergeben hat, gestern Mittag ebenfalls am Grab gewesen ist. Und dass er kurz mit ihm gesprochen hat. Der Bursche hat ihn gefragt, ob irgendetwas am Grab verändert wurde.»
    «Was hat der Totengräber ihm geantwortet?»
    «Dass er glaubt, dass tatsächlich irgendjemand nachts am Grab gewesen ist und gegraben hat.»
    «Unsere nächtliche Aktion scheint aufgefallen zu sein.
    War das Gespräch damit zu Ende?»
    Bossi nickte. «Der Mann hat dem Totengräber ein  Trinkgeld gegeben und ist in Richtung Anleger verschwunden. Was kann er gewollt haben, Commissario?»

    Tron zuckte die Achseln. «Was immer es war – er weiß jetzt, dass sich jemand am Grab zu schaffen gemacht hat.» Er sah Bossi an. «Sie halten immer noch daran fest, dass es sich um einen – wie sagten Sie? – professionellen Killer handelt?»
    «Auf jeden Fall. Dr. Lionardo sieht das genauso. Das hat er Ihnen ja bereits gesagt.»
    «Und Sie sind auch davon überzeugt, dass er zu den  Leuten gehört, die einen Anschlag auf das Leben des Kaisers vorbereiten?»
    «Ich denke schon.»
    «Dann wundert mich zweierlei», sagte Tron. «Einmal,  dass er das Billett in der Westentasche des Mannes

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