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Die Masken von San Marco

Die Masken von San Marco

Titel: Die Masken von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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übersehen hat, den er im Coupé getötet hat. Und zum Zweiten, dass wir die Zündschnüre in der Wohnung von Ziani gefunden haben. Das Billett hat uns zum Bahnhof geführt und von dort zu einem leeren Sarg mit Sprengstoffresten. Die Zündschnüre in Zianis Wohnung haben den letzten Zweifel daran ausgeräumt, dass jemand ein Attentat auf den Kaiser plant.»
    «Der Mann hat zweimal einen Fehler begangen.»
    «Genau das ist die Frage, Bossi. Hat er das tatsächlich, oder wollte er, dass wir das Billett finden und uns über die Zündschnüre Gedanken machen?»
    «Sie meinen, der Mann hat eine Spur gelegt?»
    Tron nickte. «Genau das meine ich.»
    «Wenn Verbrecher Spuren legen, dann tun sie das, um  die Ermittlungen in eine falsche Richtung zu lenken. Aber das ist offensichtlich hier nicht der Fall. Oder wollen Sie etwa behaupten, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelt? Und wir uns hier nur etwas einbilden, während die beiden Verbrechen einen ganz anderen Hintergrund haben?»

    Tron schüttelte den Kopf. «Das will ich nicht behaupten.»
    «Aber dann verstehe ich Sie nicht, Commissario.»
    «Es ist ganz einfach. Er will, dass wir dem Anschlag auf die Spur kommen. Das ist die einzige Erklärung, die ich für diese plumpen Fehler habe. Womit auch der gestrige Besuch des Mannes auf San Michele erklärt wäre. Er wollte feststellen, wie weit wir mit unseren Ermittlungen gekommen sind.»
    Bossi machte ein skeptisches Gesicht. «Es gibt also, sagen Sie, jemanden in dieser Gruppe, die einen Anschlag auf das Leben des Kaisers vorbereitet, der nicht möchte, dass der Anschlag gelingt? Und deshalb zweimal getötet hat?»
    Tron nickte. «So ungefähr.»
    «Dann frage ich mich, warum dieser Mann uns nicht  einfach einen anonymen Brief schreibt, in dem er uns mitteilt, wo sich der Sprengstoff befindet und wer sonst noch an diesem Anschlag beteiligt ist.»
    «Die Frage liegt auf der Hand. Aber ich kann sie Ihnen nicht beantworten.»
    «Und was machen wir jetzt?»
    «Ich glaube nicht, dass wir uns darüber den Kopf zerbrechen müssen.»
    «Wer soll sich sonst den Kopf darüber zerbrechen?»
    «Die Kommandantura. Wir hätten den Fall bereits abgeben müssen, als uns Signor Pescemorte mitgeteilt hat, dass es sich bei dem schwarzen Zeug aus dem Sarg um Sprengstoff handelt.»
    «Werden Sie mit Spaur reden?»
    «So schnell wie möglich. Und Sie gehen in die Questura und schreiben einen Bericht. Wenn Spaur den Fall an Toggenburg weitergibt, braucht er eine schriftliche Vorlage.
    Fügen Sie die Sektionsberichte hinzu.»

    «Soll ich auch das aufnehmen, was Sie eben über die absichtlich gelegten Spuren gesagt haben?»
    Tron schüttelte den Kopf. «Wir ziehen keine Schlussfolgerungen. Referieren Sie nur die Tatsachen.»
    «Die ergeben keinen Sinn.»
    «Ein Grund mehr, den Fall abzugeben.»
    «Und das Halsband der Kaiserin?»
    «Davon wissen nur Königsegg, Sie und ich. Das hat mit dem Fall nichts zu tun. Es reicht, wenn Sie erwähnen, dass der Generalleutnant eine Verabredung mit Ziani hatte, über die er sich nicht näher geäußert hat. Dass er als Täter nicht in Frage kommt, ergibt sich aus dem Sektionsbericht.»
    «Wissen Sie, wo Sie Spaur heute erreichen?»
    «Im Danieli. Ich gehe gleich zu ihm.»
    Bossi machte ein unglückliches Gesicht. «Schade eigentlich.»
    «Was?»
    «Dass wir nicht die Ermittlungen durchführen. Dem Kaiser das Leben zu retten ist gut für das Avancement.» Bossi dachte kurz nach. «Wie hieß der Leutnant, der dem Kaiser bei Solferino das Leben gerettet hat und anschließend nobilitiert wurde?»
    «Er hatte einen slowenischen Namen. Jetzt ist er Freiherr von Trotta.»
    «Werden österreichische Adelsprädikate auch in Turin anerkannt?»
    «Selbstverständlich werden sie das.»
    «Man würde also nach einem politischen Umschwung  seinen Titel behalten?»
    Tron musste lachen. «Bossi, Sie sind gerade mal ispettore geworden. So schnell wird das mit der Nobilitierung nicht gehen. Und nach einem – wie Sie freundlicherweise sagen –  Umschwung können Sie sich Ihren Titel immer noch aus Turin holen. Die haben auch einen Monarchen. Und ein Turiner Titel putzt nicht weniger als ein Titel aus der Hofburg.»
    «Ich frage mich, was man in Turin zu einem Attentat auf den Kaiser sagen würde.»
    «Man wäre entsetzt», meinte Tron.
    «Also würde man auch dort eine Rettung von Franz Joseph mit Wohlwollen betrachten», sagte Bossi nachdenklich.
    Tron nickte. «Auf jeden Fall. Aber das kann uns herzlich egal

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