Die Matlock-Affäre
Selbstvertrauen zu ergötzen, daß er der Herausforderung gewachsen war. Er stürzte sich mit der ganzen Begeisterung des Konvertiten, aber ohne dessen Blindheit, in seine neue Welt. Er wählte sich einen Abschnitt der Geschichte und der Literatur, in der es von Energie und Konflikten und sich widersprechenden Wertmaßstäben wimmelte. Die Lehrjahre verstrichen schnell; seine eigenen Talente verzehrten ihn und überraschten ihn gleichzeitig auf angenehme Weise. Als er schließlich die professionelle Ebene erreichte, brachte er frischen Wind in verstaubte Archive. Seine Doktorarbeit zum Thema höfischer Einmischungen in die englische Renaissanceliteratur - also das Nachrichtenmanagement -fegte einige geheiligte Theorien über eine Wohltäterin namens Elizabeth I. in die historische Mülltonne.
Er gehörte jener neuen Generation von Gelehrten an: ruhelos, skeptisch, unbefriedigt, stets suchend, während er das, was er gelernt hatte, anderen vermittelte. Zweieinhalb Jahre nachdem er sich habilitiert hatte, verlieh man ihm die außerordentliche Professur. Somit war er der jüngste Dozent von Carlyle, dem diese besondere Würde zuteil wurde.
James Barbour Matlock II. glich die verlorenen Jahre aus, die schrecklichen Jahre. Vielleicht das beste von allem war das Wissen, daß er seine Erregung anderen mitteilen konnte. Er war jung genug, um Freude daran zu haben, seine Begeisterung mit anderen zu teilen, und alt genug, um den Fragen Richtung zu geben.
Ja, er war mobil; weiß Gott, das war er; er konnte, würde niemanden einfach abschalten, ihn ausschließen, weil er anderer Meinung war - ja nicht einmal, weil er ihn nicht mochte. Die Tiefe seiner eigenen Dankbarkeit, seiner Erleichterung, war derart, daß er sich unbewußt versprach, nie die Sorgen eines anderen menschlichen Wesens einfach abzutun.
»Irgendwelche Überraschungen?« Loring hatte einen Teil des Materials vorgelegt, das die Rauschgifteinkäufe enthielt.
»Eher eine Klärung, würde ich sagen«, erwiderte Matlock. »Die alten Verbindungen oder Clubs - meistens weiß und meistens wohlhabend - bekommen ihren Stoff aus Hartford. Die schwarzen Einheiten wie Lumumba Hall gehen nach New Haven. Unterschiedliche Quellen.«
»Genau; das ist studentische Orientierung. Worauf es mir ankommt, ist, daß niemand von den Lieferanten in Carlyle kauft. Von Nimrod.«
»Das haben Sie erklärt. Die Nimrod-Leute wollen nicht auffallen.«
»Aber sie sind hier. Man macht Gebrauch von ihnen.«
»Wer denn?«
»Fakultät und Angestellte«, erwiderte Loring ruhig und schlug eine Seite um. »Vielleicht überrascht Sie das. Mr. und Mrs. Archer Beeson ...«
Matlock stellte sich sofort den jungen Geschichtsdozenten und seine Frau vor. Sie waren personifizierter Ivy-League-Konformismus - falsch, arrogant, ästhetisch wertvoll. Archer Beeson war ein junger Mann voll akademischer Hast; seine Frau die perfekte Fakultätsunschuld, ein Sexpüppchen, stets beeindruckt.
»Sie nehmen LSD und die Methedrine. Acid und Speed.«
»Du großer Gott! Das hätte ich nie gedacht. Woher wissen Sie das?«
»Es ist zu kompliziert, um sich näher damit zu befassen, außerdem geheim. Um es ganz einfach darzustellen: Sie beide pflegten von einem Verteiler in Bridgeport zu kaufen, ziemlich viel. Der Kontakt wurde abgeschnitten, und er tauchte auf anderen Listen auf. Aber er hat nicht Schluß gemacht. Wir nehmen an, daß er jetzt in Carlyle kauft. Aber es gibt keine Beweise ... Hier ist noch einer.«
Das war der Trainer der Fußballmannschaft. Er versorgte sich mit Marihuana und Amphetaminen und hatte bisher in Hartford gekauft. Man hielt ihn für einen Dealer auf dem Campus, keinen Benutzer. Obwohl er nicht mehr in Hartford kaufte, wuchsen die verschiedenen Bankkonten des Mannes, insbesondere die unter Decknamen, immer noch. Annahme: Nimrod.
Und noch einer. Dieser hier beunruhigte Matlock besonders. Der stellvertretende Dekan für Studienplätze. Ein Absolvent von Carlyle, der nach einer kurzen Laufbahn als Handelsvertreter auf den Campus zurückgekehrt war. Er war ein überschwenglicher Mann, mit stets offener Hand; geradezu ein Missionar für die Sache Carlyles. Ein beliebter Enthusiast in diesen Tagen des Zynismus. Auch ihn hielt man für einen Verteiler, nicht einen Benutzer. Er hatte sich durch Dealer zweiten und dritten Grades eine gute Deckung verschafft.
»Wir nehmen an, daß er über die Nimrod-Organisation hierher zurückgekommen ist. Gute Planung seitens Nimrods.«
»Da kann einem ja
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