Die Matlock-Affäre
daß das nicht der Fall war. Der Cadillac stand zwei Reihen weiter, in der vierten Gasse. Er fing an, sich an den dicht beieinanderstehenden Fahrzeugen vorbeizuwinden und blieb dann stehen.
Zwischen den Wagen sah er die blau-weißen Streifen eines Patrouillenwagens von Hartford. Er parkte unmittelbar hinter seinem Cadillac. Ein Polizeibeamter versuchte gerade, die Tür des Cadillac zu öffnen, während ein zweiter Streifenbeamter an dem Polizeifahrzeug lehnte und telefonierte.
Sie hatten den Wagen gefunden. Es machte ihm Angst, aber irgendwie überraschte es ihn nicht.
Er zog sich vorsichtig zurück, bereit, davonzurennen, falls man ihn entdeckte. Sein Verstand arbeitete fieberhaft, beschäftigte sich mit den Problemen, die diese neue Komplikation schuf. Zuallererst mußte er sich wieder einen Wagen beschaffen. An zweiter Stelle kam die Tatsache, daß sie jetzt wußten, daß er sich in der Umgebung von Hartford aufhielt. Somit schieden auch andere Verkehrsmittel aus. Die Eisenbahnstationen, die Busterminals, selbst die Taxibüros waren ohne Zweifel alarmiert. Es lief darauf hinaus, daß er sich einen anderen Wagen besorgen mußte.
Und doch wunderte er sich. Blackstone hatte ihm eindeutig erklärt, daß keine Anklage gegen ihn bestand, kein Haftbefehl. Wenn es so etwas gegeben hätte, hätte er die Nachricht von fünf, fünf, fünf; sechs, acht, sechs, acht erhalten. Er hätte die Worte >Charge DreiNull ist storniert< gehört.
Das hatte er nicht. Einen Augenblick lang überlegte er, ob er zu dem Streifenwagen gehen und ein Ticket wegen Überschreiten der Parkzeit annehmen sollte.
Dann verwarf er den Gedanken. Diese Polizisten waren keine gewöhnlichen Politessen. Hinter dem A&P war auch ein Parkplatz gewesen und ebenfalls ein Polizist - in Zivilkleidung -, der ihm gefolgt war. Hinter dem Ganzen stand ein Plan, auch wenn er ihn noch nicht ergründen konnte.
Matlock ging schnell die Bond Street hinauf und entfernte sich von dem öffentlichen Parkplatz. Er bog in die erste Seitenstraße und bemerkte plötzlich, daß er angefangen hatte zu laufen. Sofort verlangsamte er seine Schritte wieder. Es gibt nichts, was auf einer überfüllten Straße mehr auffällt als ein laufender Mann - höchstens eine Frau. Er verfiel in eine Gangart, wie sie die anderen nachmittäglichen Passanten hatten, und gab sich große Mühe, in dem Strom menschlichen Verkehrs unterzutauchen, mit ihm eins zu werden. Hin und wieder blieb er stehen, um mit glasigen Augen Schaufenster zu betrachten, ohne wirklich die dort ausgestellte Ware anzusehen. Dann begann er über das nachzudenken, was ihm geschah. Die primitiven Instinkte des Gejagten waren in Funktion gesetzt worden. Die schützenden Antennen des in die Enge getriebenen Tieres bewegten sich, nahmen Eindrücke aus der Umgebung auf, und gleichzeitig gab sich sein Körper nach Art eines Chamäleons große Mühe, sich der Umgebung anzupassen.
Und doch war er gar nicht der Gejagte. Er war der Jäger! Verdammt, er war der Jäger!
»Hello, Jim! Wie geht's Ihnen denn? Was machen Sie denn in der Großstadt?«
Der Schock der Begrüßung führte dazu, daß Matlock sein Gleichgewicht verlor, Daß er tatsächlich sein Gleichgewicht verlor und stürzte. Er fiel zu Boden, und der Mann, der ihn angesprochen hatte, beugte sich über ihn und war ihm beim Aufstehen behilflich.
»Oh! Oh, hello Jeff! Herrgott, haben Sie mich erschreckt. Danke.« Matlock stand auf und wischte sich den Staub ab. Er sah sich um und überlegte, wer außer Jeff Kramer ihn jetzt wohl noch beobachtete.
»Zu ausgiebig zu Mittag gegessen, wie?« lachte Kramer. Er war ein ehemaliger Student von Carlyle, hatte seine Abschlußarbeit in Psychologie gemacht und dabei ein so gutes Examen geschrieben, daß eine teuere Public-Relations-Firma ihn sofort aufgenommen hatte.
»Du lieber Gott, nein! Ich war nur in Gedanken. Der richtige zerstreute Professor.« Und dann sah Matlock Jeff Kramer an. Jeff Kramer war nicht nur leitender Mitarbeiter einer teuren Firma, sondern hatte auch noch eine teure Frau und zwei sehr teure Kinder auf ungemein teuren Internaten. Matlock fand, daß er das, was er gesagt hatte, noch unterstreichen sollte. »Genau gesagt, habe ich nur einen Bourbon gehabt und den nicht zu Ende getrunken.«
»Da läßt sich Abhilfe schaffen«, sagte Kramer und deutete auf die Hogshead Tavern auf der anderen Straßenseite. »Ich habe Sie ja seit Monaten nicht mehr gesehen. Im Courant stand, daß man bei Ihnen eingebrochen
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