Die Maurin
Ähnlichkeit aufs Äußerliche beschränkt!« Nachdenklich fügte er an Miguel gewandt hinzu: »Ehrlich gesagt, habe ich kein gutes Gefühl dabei, die Frauen zu Jaime zu schicken. Du weißt, wie er ist!«
»Ich weiß auch nicht, wie wir ein solches Treffen bewerkstelligen sollen«, sagte Zahra. »Ihr wisst sicher, dass sich muslimische Frauen nicht einfach einem fremden Mann nähern können, ohne ihre Ehre und die ihrer Familie in Verruf zu bringen – und das alles direkt vor den Augen Ali al-Attars, der uns unter seinen Schutz genommen hat und der unserer Familie tief verbunden ist …«
Miguel fuhr sich über seine Bartstoppeln. »Nun, das habe ich allerdings nicht bedacht. Wo wird Ali al-Attar die Gesandten denn empfangen?«
»In seinem Palast, nehme ich an«, erwiderte Zahra. »Er hat dort einen großen Empfangssaal. Aber zu dem haben wir Frauen schon gar keinen Zutritt.«
»Nein, das ist mir jetzt auch klar, aber vielleicht könntet Ihr an sein Pferd herankommen?«
Zahra begriff, was er im Sinn hatte, und nickte. »Eine kurze Botschaft ließe sich gewiss unter seinen Sattel schieben!«
Miguel nickte. »Aber wie stellen wir sicher, dass er die Nachricht auch findet?«
»Ich könnte sie zusammen mit einem spitzen Stein unter den Sattel seines Pferdes schieben. Das Pferd würde unruhig werden, wenn Jaime aufsitzt. Meint Ihr, er wäre aufmerksam genug, um dann den Sattel zu prüfen?«
Miguel lachte auf. »Wenn einer merken würde, dass mit seinem Pferd etwas nicht stimmt, dann Jaime. Er reitet immer nur seinen Hengst Barbakan, einen wahren Teufelsbraten, der unter seiner Hand allerdings fromm ist wie ein Lamm!«
Zahra versprach, bis zum nächsten Tag Papier, Tusche und Feder zu besorgen, dann drängte sie Hayat, dass sie losmussten, wenn sie Tamu und Zainab nicht misstrauisch machen wollten.
»Aber Ihr dürft die Nachricht nur dann unter den Sattel schieben, wenn Euch niemand dabei beobachtet«, sagte Miguel noch zum Abschluss. »Auf keinen Fall dürft Ihr Euch in Gefahr bringen, hört Ihr?«
Zahra sah ihn an, und ihr wurde bewusst, dass die drei bald in Freiheit, sie aber für den Rest ihres Lebens Ibrahim ausgeliefert sein würde. Und mit einem Mal wurde sie ganz ruhig. Was machte es schon, wenn sie sie einsperrten und wegen Landesverrats hinrichteten. Auf das Leben, das sie in Marokko erwartete, konnte sie gut verzichten.
11.
Loja
1 . August 1482
E ine der Dienerinnen Ali al-Attars erzählte Zahra und ihren Schwestern am Mittag, als sie ihnen ihr Essen brachte, dass der christliche Gesandte schon am Nachmittag des nächsten Tages erwartet werde. »Es geht das Gerücht, dass die Nazarener es diesmal mit dem Auslösen ihrer Männer besonders eilig haben, weil ein paar dem christlichen König sehr nahestehende Männer unter den Gefangenen sind«, erzählte sie weiter, und dass ihr Herr derzeit so grimmig dreinschaute, dass er sich ganz gewiss von keinem Geld der Welt zu einer raschen Herausgabe der Christen bewegen lassen würde. »Und wenn es nach mir ginge, könnte er die christlichen Hunde bis zum Tag des Jüngsten Gerichts in den Kerkern schmoren lassen!«
Gleich nach dem nächsten Stillen sahen sich Zahra und Hayat in Ali al-Attars Stallungen um, weil sie davon ausgingen, dass dort gewiss auch die Pferde der Gesandten untergestellt würden. Der Stall hatte ein breites Hoftor zum Platz hin und eine schmale, seitliche Eingangstür. Beide standen offen. Zahra und Hayat nickten einander zu: So sollte es kein Problem sein, an Jaimes Pferd zu kommen.
»Wenn die Gesandten da sind, herrscht hier bestimmt so viel Trubel, dass kein Mensch auf uns achten wird«, murmelte Zahra und fügte nach einem Moment des Nachdenkens hinzu: »Umso weniger, wenn derjenige arm ist und um Almosen bettelt …«
»Aber Zahra, wir können doch nicht …« Hayat blieb vor Bestürzung die Luft weg.
»Aber es wäre die perfekte Tarnung«, beharrte Zahra. »Durch die Brandschatzungen der Christen in der Vega wimmelt es in der Stadt von Bettlern, und die meisten sind Frauen. Niemand wird einer weiteren Bettlerin Beachtung schenken!« Zahra bettete den schlafenden Mahdi behutsam von ihrem rechten in den linken Arm. Sie fand es erstaunlich, wie schwer der winzige Kerl nach einer Weile in den Armen wog. »Außerdem müssen wir ja nicht wirklich betteln. Es sollte nur so aussehen, als ob. Allerdings bräuchte ich einen weniger edlen Hidschab. Mit dem nimmt mir niemand eine in Not geratene Frau ab.«
»Wieso dir?«, rief
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