Die Maurin
sagen, Ihr seid bei mir«, erwiderte Zahra und lächelte ihn an.
Gonzalo versuchte, sich aufzurichten, sank aber sofort wieder zurück. »Verdammt, was ist mit mir?«
Zahra erzählte ihm, was geschehen war. »Wie es aussieht, werdet Ihr Euer Bein aber behalten können«, beruhigte sie ihn. »Die Wunde heilt besser, als ich zu hoffen gewagt habe. Die Maden haben gute Arbeit geleistet!«
»Maden? Ihr habt mir Maden in die Wunde gesetzt?«
»Sei froh, dass sie es gewagt hat«, mischte sich Miguel in ihr Gespräch. »Ohne diese Viecher wärst du längst krepiert!« Er stellte sich vor seinen Freund und grinste ihn breit an. »Willkommen zurück im Leben, altes Haus!«
Gonzalo erwiderte sein Lächeln. »Könnte es sein, dass die Schwierigkeiten, die wir uns damals bei den Mönchen eingebrockt haben, gegen das hier ein Kinderspiel waren?«
Miguel lachte auf. »Keine Sorge, wir boxen uns auch hier wieder raus. Hauptsache, du kommst bald auf die Beine!«
Gonzalo bat um Wasser und nahm auch eine Kleinigkeit zu essen dankend an. Danach sah er lange und nachdenklich zu Zahra. »Warum hat das Schicksal uns wieder zusammengeführt?«, fragte er sie schließlich.
Zahra zuckte mit den Achseln und vermied es, seinem Blick zu begegnen. Sie hatte Angst, dass ihre Augen zu viel verraten könnten. Als Miguel die Frage einwarf, wie es eigentlich vor der Stadt stehe, wandte sie sich zu ihm um.
»Eure Landsleute fliehen. Es wundert mich, dass Ihr es noch nicht wahrgenommen habt; die Leute jubeln und tanzen doch in allen Gassen und machen einen Heidenlärm. Es heißt, Ihr habt gewaltige Verluste hinnehmen müssen.«
Miguels Miene war keine Reaktion abzulesen.
»Die Leute sagen außerdem«, fuhr Zahra fort, »dass schon in wenigen Tagen ein Gesandter von Euch in die Stadt käme, um die Gefangenen auszulösen. Von einer gigantischen Lösegeldsumme ist die Rede. Es soll die höchste sein, die je gezahlt worden ist. Anscheinend sind unter den Gefangenen etliche hochrangige Adlige. Man munkelt aber auch, dass Ali al-Attar die Gefangenen nicht so schnell hergeben wird, weil er den Kastiliern einen Denkzettel verpassen will. Aber so oder so werden wir Eure Flucht aus der Stadt jetzt, da vor den Toren keine Kämpfe mehr toben, schon irgendwie bewerkstelligen.«
»Habt Ihr zufällig gehört, wer die Verhandlungen führen soll?«, fragte Gonzalo.
Zahra drehte sich wieder zu ihm um. »Macht das einen Unterschied?«
»Unter Umständen …« Gonzalo unterbrach sich und drehte sich unter Stöhnen auf die rechte Seite. »Gut möglich, dass sie meinen Bruder Jaime mit dieser Aufgabe betrauen. Unter Fernandos Soldaten ist er der Einzige außer Miguel und mir, der gut genug Arabisch spricht, um so schwierige Verhandlungen führen zu können – vorausgesetzt, es gelingt ihm ein einziges Mal in seinem Leben, seine Hitzköpfigkeit und seinen Maurenhass unter Kontrolle zu bringen. Aber wenn er der Gesandte wäre, könnte dies unsere Chance sein!«
»Meint ihr, ihr könntet während seines Aufenthaltes hier Kontakt mit ihm aufnehmen?«, fragte Miguel die beiden Schwestern. »Wenn Jaime weiß, dass wir auf freiem Fuß sind, findet er sicher einen Weg, uns hier herauszuholen. Und du kommst doch mit, Hayat, nicht wahr?«
Hayat sah zu ihrer Halbschwester. Zahra schluckte. Zu gern hätte sie Hayat abgehalten, aber sie wusste, dass diese Flucht ins Ungewisse für sie besser war, als den Rest ihres Lebens in Fès unglücklich zu sein. »Für Mutter ist es jetzt einerlei, was du tust, und Vater … Wenn wir wieder zu Hause sind, werde ich versuchen, ihm zu erklären, warum du nicht anders handeln konntest. Vielleicht kann er dir, wenn er Mutters Tod verkraftet hat, irgendwann verzeihen.«
Hayat umarmte und küsste sie unter Tränen. »Es ist mir vor allem wichtig, dass du mich nicht verurteilst!«
Miguel strich Hayat über den Arm. »Du wirst es nicht bereuen. Ich werde immer an deiner Seite sein!« Er zog sie an sich und küsste sie auf die Stirn. Es war ein sehr zarter, behutsamer Kuss, und Zahra zweifelte nicht, dass Hayat bei ihm ihr Glück finden würde.
Miguel sah Zahra an und wiederholte seine Frage. »Meint Ihr, Ihr könntet mit Jaime Kontakt aufnehmen?«
Sie hob unschlüssig die Schultern. »Und wie erkennen wir ihn? Er kommt gewiss nicht allein!«
»Er sieht Gonzalo so ähnlich, dass viele sie für Zwillingsbrüder halten«, erwiderte Miguel, woraufhin Gonzalo ihm ins Wort fiel: »Ich lege Wert darauf, zu ergänzen, dass sich unsere
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