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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Menschen Frieden und eine Rückkehr zum normalen Leben versprochen, doch bisher hatten die Kastilier alle seine Friedensangebote abgelehnt – und auf der anderen Seite standen sein Vater und sein Onkel mit ihren ruhmreichen Siegen, die den Menschen damit vor Augen führten, dass das Maurische Reich noch lange nicht vor seinem Ende stand.
    »Es wird dir nichts anderes übrigbleiben, als zu handeln«, meinte nun auch Aischa zu ihrem Sohn. »Wir müssen Hassans Erfolgen etwas entgegensetzen!«
    Boabdil blickte zu Ali al-Attar. »Welcher kastilische Ort böte sich für einen Angriff an?«
    »Vor allem Lucena. Eine große Zahl der in Axarquía gestorbenen und gefangen genommenen christlichen Ritter stammt aus dieser Region. Es wird jetzt ungeschützt daliegen. Außerdem kenne ich dieses Gebiet wie mein eigenes!«
    Der weitere Verlauf der Diskussion zog wie Wolken über Zahra hinweg. Sie konnte nur an Gonzalo und Jaime denken und fragte sich, warum der Gedanke an Jaime sie noch mehr in Aufregung versetzte als der an Gonzalo. Aber auch um ihren Bruder Raschid fürchtete sie, denn wenn Boabdil gegen Lucena zog, würde er gewiss dabei sein.

14.
    Lucena
    30 . März 1483
    E ine Woche später kam ein Bote zum Haus der Sulamis, als Raschid, Deborah und Zahra, die für zwei Tage nach Hause gekommen war, im Patio zusammensaßen. Während Raschid die Nachricht an der Haustür entgegennahm, fasste Deborah ahnungsvoll nach Zahras Hand.
    »Wann wirst du aufbrechen?«, fragte sie, als Raschid zurückkam, und presste Zahras Hand noch fester.
    »Schon morgen früh, nach dem
shuruk.
« Er trat zu seiner Frau, strich ihr über das Haar und küsste seine Tochter, die sie auf dem Schoß hielt, auf ihre schwarzen Ringellöckchen.
    »Und es gibt keinen anderen Weg, als in die Schlacht zu ziehen?«, fragte Zahra. Sie wusste, dass ihr Bruder auch nach der Versammlung im Thronsaal noch etliche Gespräche mit Boabdil geführt hatte, um mit ihm Alternativen zu dem Kriegszug zu besprechen.
    »Boabdil ist dieses Kriegsgemetzel ebenso zuwider wie mir«, erwiderte Raschid düster. »Aber ihr seht doch, was in der Stadt los ist. Das maurische Volk ist wankelmütig, ist es immer gewesen. In sämtlichen Gassen erklingen Rufe nach Hassan, und sie spotten immer lauter über Boabdils angebliche Untätigkeit. Gestern habe ich jemanden höhnen hören, Boabdil ziehe eben die seidene Ruhe in den kühlen Hallen der Alhambra den Gefahren des Krieges und den harten Lagern in den Bergen vor. Wenn Boabdil jetzt keine Stärke zeigt, sind die Tage seiner Herrschaft gezählt!«
    Die gleichen Argumente hatte Zahra auch von Aischa gehört.
    »Außerdem«, fuhr Raschid fort, »sollte Lucena eine leichte Beute sein. Nicht umsonst nennt man es den Garten Ali al-Attars. Er ist so sehr daran gewöhnt, das fruchtbare Gebiet bei jeder Laune plündernd zu durchziehen, dass man meinen könne, es gehöre ihm ohnehin schon.«
    Trotzdem hatte Zahra Angst um ihren Bruder, wagte dies aber wegen der neben ihr erstarrten Deborah nicht zu sagen. Sie dachte zurück an den Tag, als Boabdil den Thron bestiegen hatte. Frieden hatte er dem Land bringen wollen, und er wollte es noch. Warum half Allah ihm nicht dabei?
     
    Als Raschid am nächsten Morgen im Patio seinen Schwertgurt umlegte, warf sich ihm Deborah schluchzend in die Arme. Auch Zahra wurde beim Anblick ihres scheidenden Bruders der Hals eng, und sie zog ihre Schwägerin tröstend an sich. Abdarrahman trat aus seinem Arbeitszimmer und klopfte seinem Sohn auf die Schulter. »Der Allmächtige stehe dir bei. Ich werde beten, dass er dich und die Unseren unversehrt zurückkehren lässt!«
    Als er Raschid losließ, traf sein Blick Zahras. Sie war darauf gefasst, dass er sich sogleich wieder abwenden werde, wie er es seit ihrer Rückkehr von Loja tat, doch stattdessen tat er einen Schritt auf sie zu und strich ihr kurz über den Arm, ehe er in sein Zimmer zurückkehrte.
    »Das wird schon wieder werden zwischen euch«, meinte Raschid mit zuversichtlichem Nicken zu Zahra, als ihr Vater die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Vater ist ein Sturkopf, aber er hat ein weiches Herz – und er liebt dich!«
    Zahra hörte ihn nicht. Sie starrte auf die Tür, hinter der ihr Vater verschwunden war, und wäre ihm am liebsten nachgelaufen, um sich in seine Arme zu werfen, wie Deborah es eben bei Raschid getan hatte. Doch sie hatte Angst. Angst, dass er sie zurückweisen würde.
    »Ich muss los«, sagte Raschid. Er legte die Hand auf Zahras

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