Die Maurin
funkelnden Augen ein.
Während Zahra Ismail die Worte der Königin und Torquemadas übermittelte, ballte sie in ihrem Schoß unwillkürlich die Fäuste. Ismail zögerte einen Moment mit seiner Antwort. Schließlich sagte er zu Zahra: »Sag ihr, dass ich davon ausgehe, dass sie in ihrer großen Güte nicht die Absicht hat, auf Hassans Angebot einzugehen, weil sie uns sonst gewiss gar nicht erst vorgelassen hätte.«
»Und wenn ich nur sehen wollte, wie Ihr darauf reagiert?«, gab Isabel zurück und hob dabei die rechte Augenbraue.
Angesichts der Erwiderung der Königin spannten sich Ismails Gesichtszüge so sehr an, dass Zahra befürchtete, dass er aufspringen und etwas Unüberlegtes tun würde, aber dann entspannten sie sich ebenso plötzlich wieder, und er entgegnete scheinbar gelassen: »Sag ihr, dass Hassan ihr gewiss bei weitem nicht so große Schätze geboten hat wie die Sultanin und dass die christlichen Könige als kühle Rechner bekannt sind. Außerdem wäre es wenig sinnvoll, einen Freund einem Feind zu verkaufen, und schon gar nicht, wenn dies die Macht dieses Feindes vergrößern würde.«
Als Isabel Zahras Übersetzung vernahm, hob sie erneut kurz die Augenbraue, erklärte dann das Gespräch für beendet und bat Gonzalo, die maurischen Gesandten hinauszuführen.
Erschrocken sah Zahra zu Ismail, der ihr unter dem Tisch beruhigend die Hand drückte. Scheinbar gleichmütig erhob er sich und verließ als Erster den Raum, Zahra folgte ihm.
Nachdem Gonzalo die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, bedeutete er ihnen zu schweigen und brachte sie in ein Zimmer im Erdgeschoss.
»Heißt das jetzt, dass die Königin unser Angebot nicht annehmen will?«, platzte Zahra dort heraus.
Gonzalo schüttelte den Kopf. »Nein, beruhigt Euch, das glaube ich nicht.«
»Aber warum hat sie uns dann fortgeschickt?«
»Vielleicht wollte sie Euch nur deutlich machen, wie groß ihre Macht ist.« Gonzalo zuckte mit den Achseln. »Seid gewiss, dass ich mich weiter für Euren Emir einsetze!«
»Warum wollt Ihr das für uns tun?«, fragte Ismail misstrauisch.
»Weil auch ich den Frieden will und Hassan das Gegenteil bedeuten würde.«
»Und warum will Eure Königin nicht den Frieden?«
»Ich muss zurückgehen, ehe sie sich wundert, wo ich so lange bleibe.«
Ismail nickte, und Gonzalo wollte sich schon wieder zur Tür wenden, als Zahra ihn am Arm festhielt.
»Bitte, ich … Darf ich Euch noch etwas fragen?«
»Worum geht es?«
»Die Leibwächter … Wie geht es ihnen?«
Gonzalo lächelte. »Hat Euch das Boabdil nicht schon selbst durch sein Nicken zu verstehen gegeben?«
Zahra hoffte, dass sie nicht errötete. »Und es geht ihnen weiterhin gut, und sie sind alle gesund?«
Gonzalo nickte und sah sie forschend an. »Irgendwie hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass wir uns kennen. Ich komme nur nicht darauf, woher.«
Für einen Moment fühlte sich Zahra versucht, ihren Turban abzunehmen und das Versteckspiel zu beenden, aber Ismails Blick hielt sie davon ab. »Es wird Euch gewiss wieder einfallen«, gab sie ausweichend zur Antwort und senkte den Blick.
Als Gonzalo in das Besprechungszimmer zurückkam, war dort eine heftige Debatte im Gange.
»Er ist nichts als ein gefangener Dieb«, ereiferte sich Torquemada mit flammenden Augen. »Dazu Maure und damit rechtlos. Schickt die Köpfe der Natternbrut nach Granada und verbrennt ihre Reste auf dem Scheiterhaufen!«
»Aber die Worte des Alcalden entbehren nicht einer gewissen Logik«, fiel Fernando ihm ins Wort. »Bisweilen ist ein reicher Feind nützlicher als ein armer Freund. Warum sollen wir den Maurenkönig nicht laufen lassen – nach der Zahlung des Lösegelds durch seine Mutter, versteht sich? Granada wird so oder so fallen, und wenn wir Boabdil freilassen, wird das sogar noch schneller geschehen. Sollen sich die beiden Emire doch gegenseitig zerfleischen!«
»Vielleicht, mein König«, übernahm nun Gonzalo das Wort, »solltet Ihr Boabdil zuvor zumindest kennenlernen. Ihr würdet überrascht sein: Er ist ritterlich und sehr gebildet, ein Mann also, mit dem man durchaus verhandeln und zu stabilen, friedlichen Ergebnissen kommen könnte, die auch zum Wohl unseres Landes wären. Ich denke, wir sollten Boabdil nicht nur die Freiheit zurückgeben, sondern ihn überdies unterstützen!«
»Fangt Ihr schon wieder damit an?«, erboste sich Torquemada. »Aber wie ich gehört habe, geht die Verlegung dieses Parasiten vom Kerker in das adrette Turmzimmer ja auch auf
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