Die Maurin
zögern würde, mein Leben für Euch zu geben, wann immer Ihr es mir befehlt, aber einen Wehrlosen zu erpressen und hinters Licht zu führen …«
»Ihr enttäuscht mich, Gonzalo!«, fiel Isabel ihm ärgerlich ins Wort. »Ihr enttäuscht mich sogar sehr, und Ihr solltet gut überlegen, was Ihr weiter sagt!«
»Ich bin zutiefst betrübt, Euren Unwillen zu erregen, meine Königin, aber ich kann Euch in diesem Fall trotzdem nicht zu Diensten sein.«
»Ihr wisst, wie sehr ich Euch schätze, Gonzalo …« Isabels Augen verdunkelten sich wie ein eben noch klarer Sommerhimmel unter einem anziehenden Gewitter. Gonzalo hatte das Gefühl, als schwanke der Boden unter seinen Füßen. Er schluckte. »Trotzdem, meine Königin, und sosehr ich es bedauere, Euch zu verstimmen – ich kann Eurer Bitte nicht nachkommen.«
»Wie Ihr meint«, erwiderte Isabel eisig. »Dann werden wir eben einen anderen, uns wahrhaft ergebenen Mann mit dieser Aufgabe beauftragen. Dass Euch ab sofort jeder Kontakt zu dem Gefangenen verboten ist, versteht sich von selbst.« Nach diesen Worten drehte sie sich um und rauschte grußlos davon.
Im ersten Moment konnte Gonzalo kaum glauben, was er gewagt hatte. War ihm noch nicht genug, dass Torquemada ständig seine Inquisitorenaugen auf ihn richtete? Hatte er jetzt auch noch die Königin selbst gegen sich aufbringen müssen? Aber die Worte waren gesagt, und er wusste, dass er sie nicht zurücknehmen konnte, wenn er seine Selbstachtung behalten wollte. Entgegen seinen Befürchtungen tauchten aber weder am Abend noch am nächsten Morgen die Häscher der Inquisition bei ihm auf; stattdessen kam ein Bote der Königin, der ihm befahl, zu einer Truppeninspektion nach Sevilla aufzubrechen. Jetzt soll ich also Köpfe und Kanonen zählen statt am königlichen Tisch speisen, dachte Gonzalo bitter, gestand sich aber ein, dass er damit noch glimpflich davonkam – falls es tatsächlich nur bei dieser Degradierung blieb.
Als Gonzalo am nächsten Morgen sein Pferd aus den königlichen Stallungen holen wollte, sah er dort Don Juan, der sich gerade von seinem Knappen sein Pferd satteln ließ. Er senkte den Kopf und wollte an ihm vorbeieilen, um sich nicht seiner Schadenfreude auszusetzen, doch dieser bemerkte ihn und kam schnurstracks auf ihn zu.
»Da habt Ihr Euch ja eine schöne Glanztat geleistet«, grinste Don Juan und schlug ihm gönnerhaft auf die Schulter. Gonzalo wollte entgegnen, dass er sich seinen Spott sparen könne, doch Don Juan ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Den maurischen König zu fangen, alle Achtung, ein solches Bravourstück hätte ich Euch gar nicht zugetraut. Vielleicht wird man sich Euren Namen doch noch merken müssen!«
Gonzalo fragte sich, ob Don Juan ihn auf den Arm nehmen wollte – oder ob er tatsächlich noch nichts von seinem Zerwürfnis mit der Königin gehört hatte. »Eigentlich kommt das größte Verdienst meinem Onkel zu«, gab er verhalten zurück.
»Eure Bescheidenheit ehrt Euch, aber wie man von Euren Mitstreitern hört, habt Ihr Euch bei den Kämpfen mit Boabdil und seinen Leibwächtern durch Mut und Tapferkeit ausgezeichnet, wofür Euch von Seiten der Königin gewiss noch eine besondere Ehrung ins Haus steht!«
Gonzalo kam zu dem Schluss, dass Don Juan in der Tat noch nichts von der aktuellen Entwicklung wusste. »Nun ja, warten wir es ab«, meinte er ausweichend und wollte schon weitergehen, als er plötzlich die Chance erkannte, mehr über die genauen Auflagen zu erfahren, die man Boabdil machen wollte. »Von den Plänen mit dem Lehnsvertrag habt Ihr schon gehört?«
Don Juan nickte und nahm von dem Knappen seinen Schimmel entgegen. »Noch können wir zwar nicht sicher sein, ob der Heide die Bedingungen annimmt, aber wenn«, er schnalzte anerkennend, »wenn, dann hätten wir einen bedeutenden Sieg errungen. Eine beachtliche Anzahl Golddublonen Tribut und die Freilassung von vierhundert Christensklaven hofft Fernando herausschlagen zu können. Außerdem verlangt er im Austausch für Boabdil eine bedeutende Anzahl von Geiseln aus Granadas Adel und überdies seinen Sohn. Kann einem fast leidtun, der Kleine, in so jungem Alter schon von seiner Mutter getrennt zu werden, aber der Krieg fordert nun einmal von uns allen Opfer!«
»Wie wahr«, bestätigte Gonzalo und hoffte, dass er das Grauen, das ihn bei dieser Nachricht befiel, glaubhaft überspielte.
»Am meisten freut mich, dass Fernando Boabdil den freien Durchgang unserer Truppen durch sein Gebiet abringen
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