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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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erhob sich abrupt und ging weg. Kurz darauf beugte sich Gonzalo zu ihr und reichte ihr Abdarrahman. In seinen Augen war so viel Wärme und Zuneigung, dass Zahra zur Seite sehen musste. Sie vergrub ihr Gesicht in den dichten Haarflaum ihres Kindes und küsste es. Augenblicklich hörte Abdarrahman auf zu weinen.
    Während Gonzalo sie weiter ansah, blieb Jaime abseits mit abgewandtem Rücken stehen.
    »Wie heißt Euer Kind?«, fragte Gonzalo Zahra sanft.
    Erst als er ihr die Hand auf die Schulter legte und seine Frage wiederholte, antwortete sie. Unsicher blickte sie zu Gonzalo auf. »Was habt Ihr mit uns vor?«
    »Nichts, wovor Ihr Angst haben müsstet.« Auf der Flucht hatte sie ihre Haube verloren. Ihr offenes Haar breitete sich wie ein Fächer um ihr verschrecktes Gesicht. Gonzalo sah sie an und strich ihr über die Wange. Dann erhob er sich beinahe verlegen und ging zu seinem Bruder. »Ich danke dir, dass du mir geholfen hast, Zahra zu befreien, aber ich befürchte, ich werde noch weiter auf deine Hilfe angewiesen sein.«
    »Ach ja, wirst du? Aber um ihr das Kind zu machen, hast du meine Hilfe nicht gebraucht, was?« Jaime schnellte herum. Er bebte vor Zorn.
    »He, Jaime, beruhige dich! Das Kind ist nicht von mir. Für wie ehrlos hältst du mich eigentlich? Aber ganz gleich, wer der Vater dieses Kindes ist – ich werde Zahra nicht im Stich lassen, nur weil ein verdammter, nichtswürdiger Kerkerwächter ihre Situation ausgenutzt und ihr ein Kind angehängt hat!«
    »Du … Und das Kind ist nicht …« Jaime drehte sich zu Zahra um und blickte gleich darauf wieder zu seinem Bruder. »Aber du hast mir doch selbst gesagt, du wolltest deine Ehe ihretwegen annullieren lassen!«
    Zahra hatte das Gefühl, von einem Alptraum in den nächsten zu geraten. Ihre Hände wurden feucht, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Zögerlich kam Jaime zu ihr zurück, beugte sich über sie und betrachtete sie und ihr Kind im milchigen Licht des Vollmondes. Fassungslos schüttelte er den Kopf. »Ich … Mein Gott, er ist mir ja wie aus dem Gesicht geschnitten. Ich weiß gar nicht, was ich sagen, noch wie ich mich rechtfertigen soll.« Er machte eine hilflose Geste. »Zahra, ich habe dich nicht vergessen. Im Gegenteil! Keine Sekunde habe ich dich mehr aus meinem Kopf gebracht, obwohl ich es nicht wollte, weil du doch Maurin bist und ich … Beim Allmächtigen! Ich weiß auch nicht, was in dieser Nacht über mich gekommen ist, aber ich musste einfach zu dir kommen, und dann – es war wie eine Explosion. Auch in der folgenden Nacht drängte es mich zu dir, aber ich wollte nicht, dass sich das wiederholt, ehe ich mir nicht über einiges klargeworden war, zumal ich dich eben nicht in diese … Schwierigkeiten bringen wollte.« Er sah kurz zu Abdarrahman. »Und als ich in meinem Kopf endlich Ordnung geschaffen hatte, hat die Königin meinen sofortigen Aufbruch für einen Eroberungszug befohlen.«
    Zahra stieß einen Schrei aus, doch als Warnung für Jaime kam er zu spät. Gonzalo packte ihn an den Haaren, riss ihn hoch und donnerte ihm die Faust ins Gesicht.
    »Du verdammter, ehrloser Hurensohn! Du also hast Zahra geschwängert! Hast ihre Hilflosigkeit in Córdoba ausgenutzt und sie dann auch noch sitzenlassen!«
    Aus Jaimes Nase schoss Blut. Er wischte es mit dem Ärmel weg, wehrte zugleich Gonzalos nächsten Schlag mit dem erhobenen Unterarm ab und rammte ihm nur einen Lidschlag später die Faust in den Magen. »Nicht wegen mir, sondern wegen deiner Bitte um Ehedispens haben sie Zahra eingesperrt, weil Isabel es hernach nicht mehr ertragen hat, sie in ihrer Nähe zu wissen!«, keuchte er.
    Wieder und wieder schossen ihre Fäuste aufeinander los. Dann erwischte Jaime Gonzalos Arm, riss ihn hoch, brachte ihn zu Fall und stürzte sich mit einem wütenden Aufschrei auf ihn, doch Gonzalo umschlang ihn und rollte sich mit ihm herum, so dass er kurz darauf oben lag und Jaime einen weiteren Kinnhaken versetzen konnte.
    »Hört auf, so hört doch auf!«, rief Zahra entsetzt. Sie verkroch sich mit ihrem Kind tiefer in den Büschen, während die Fäuste der Brüder weiter aufeinander einhagelten, bis beide blutend und nach Luft ringend im Staub liegen blieben. Gonzalo kam als Erster wieder zu Atem. Er setzte sich auf, blickte kurz zu Zahra, erhob sich und entfernte sich in entgegengesetzter Richtung.
    »Don Gonzalo …« Zahras Stimme zitterte. »Ich wollte Euch nicht verletzen, und ich wusste doch auch nicht, dass Ihr

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