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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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und bemühte sich vergeblich, die immer wieder aufbrechenden Blutungen mit den Stofflappen, die seine Frau ihm aus Nachthemden riss, zu stoppen. Zahra eilte zu ihm. »Soll ich für Euch übernehmen?«
    Deborahs Vater sah zu ihr auf. »Zahra, Kind, bei Abraham, wo kommst du denn her? Warst du etwa auch im Dorf?«
    Zahra erklärte ihm mit wenigen Worten, dass ihr Bruder durch einen Boten von dem Überfall erfahren hatte und sie mit einem Reitertrupp hergekommen waren. »Deborah hat mir den Weg zu Euch gezeigt.«
    Deborahs Vater strich sein weißes Haar mit dem Handrücken über die Stirn zurück und knurrte, weil die Wunde noch immer weiterblutete. »Tamu hat uns früher immer Moos auf die Wunden gelegt, wenn wir uns verletzt hatten. Wenn Ihr wollt, gehe ich im Wald welches suchen. An manchen Stellen wird es sicher auch getrocknetes geben.«
    »Ja, Kind, tu das, und bring auch Blutstillkraut mit, damit wir einen Presssaft herstellen und die Schmerzen erträglicher machen können! Und beeil dich, sonst kommt jede Hilfe für ihn zu spät!«
    Sofort machte sich Zahra auf den Weg und fand knappe hundert Schritte hinter der Höhle eine Lichtung mit reichlich abgetrocknetem Moos. Sie kniete sich nieder, riss das faserige Gewebe aus, schüttelte die Erdreste ab und packte es in ihren Schoß. Da schnaubte ganz in ihrer Nähe ein Pferd. Zahra hob den Kopf.
    »Ich weiß, dass du Schmerzen hast«, hörte sie einen Mann auf Spanisch sagen. »Aber wir müssen trotzdem weiter.«
    Hastig sah sich Zahra nach einem Versteck um, doch noch ehe sie auf die Beine gekommen war, trat der Mann mit seinem Pferd zwischen den Bäumen hervor. Er starrte Zahra ebenso erschrocken an wie diese ihn.
    »Habt keine Angst, ich tue Euch nichts«, rief er auf Spanisch, wiederholte seine Worte noch einmal auf Arabisch und hob die Hände, um ihr zu zeigen, dass er nichts Böses im Sinn hatte. Zahras Herz klopfte trotzdem bis zum Hals, doch dann erkannte sie ihn. Er war einer der beiden Kastilier, die vor einigen Monaten wegen der Tributzahlungen beim Emir gewesen waren.
    »Und, seid Ihr stolz auf das, was Ihr hier angerichtet habt?«, giftete sie ihn an.
    Gonzalo ließ die Hände sinken. Auch ihm schwante nun trotz des Schleiers, wen er vor sich hatte. Derartig von innen leuchtende, kornblumenblaue Augen vergaß man so leicht nicht wieder.
    »Ich verstehe Euren Zorn, aber ich habe mit alldem hier nichts zu tun«, erklärte er ihr. »Ich wollte zu dem Dorf, um Hilfe für mein Pferd zu erbitten, und bin dann auf dieses Massaker gestoßen … Glaubt mir, ich bin darüber ebenso entsetzt wie Ihr. Ich nehme an, dass Don Juan dahintersteckt. Seit Euer Emir die Zahlung der Tribute abgelehnt hat und er diesen Zusammenstoß mit dem jungen Mauren im Löwenhof gehabt hat, bebt er vor Rachegelüsten. Leider hat unsere Königin ihm auch noch Rückendeckung für Angriffe auf Euer Volk gegeben. Ich bin nur hier geblieben, um zu sehen, ob ich helfen kann.«
    Zahra wurde bewusst, dass an seinen Händen tatsächlich kein Blut klebte, und auch seine Kleider sahen nicht danach aus, als sei er noch vor wenigen Stunden in einen Kampf verwickelt gewesen.
    »Warum lässt Eure Königin das zu?«, rief sie. Gegen ihren Willen traten ihr Tränen in die Augen. »Man erzählt sich, sie sei eine über alle Maßen gottesfürchtige und fromme Frau. Wie kann sie dies hier geschehen lassen?«
    Gonzalo zuckte mit den Achseln. »Ich habe mir eben genau dieselbe Frage gestellt – und ich werde sie ihr bei passender Gelegenheit auch selbst stellen. Allerdings sind Eure Truppen bei Angriffen auf unsere Dörfer nicht weniger zimperlich.«
    Einen Moment lang sahen sie sich nur an.
    »Ihr wisst, dass ich Euch jetzt gefangen nehmen lassen muss?« Zahra wischte sich über die Augen. »Nicht nur mein Bruder wird froh sein, wenn er sich wenigstens an einem von Euch für dieses schauerliche Blutbad rächen kann. Oder wir fordern ein Lösegeld für Euch. Damit hätten wenigstens ein paar der Menschen hier die Möglichkeit, ihre Häuser wieder aufzubauen!«
    »Ich kann Euch nicht daran hindern«, erwiderte Gonzalo schlicht. »Und ich könnte noch nicht einmal fliehen – mein Pferd lahmt seit Stunden. Vielleicht wäre ich sonst eher gekommen und hätte …« Er verstummte, als würde ihm bewusst, dass sich Don Juan niemals von ihm hätte abhalten lassen, das Dorf zu brandschatzen. Nach einer kurzen Pause fügte er noch wie an sich selbst gewandt hinzu: »Vielleicht würde ich mich sogar besser

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