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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Vaters. Mit einer schroffen Handbewegung hieß er die beiden eintreten und auf den Sitzpolstern Platz nehmen, während er selbst mit verschränkten Armen vor ihnen stehen blieb. Ohne ein Wort der Begrüßung herrschte er Hayat an: »Ich warte auf eine Erklärung!«
    Zahra öffnete den Mund, um statt ihrer zu antworten, aber Hayat legte ihr die Hand auf den Arm und begann zu sprechen. »Es ist alles meine Schuld, Vater«, sagte sie leise und sah ihren Vater mit feucht schimmernden Augen an. »Ich konnte das Leben im Haus meines Mannes nicht länger ertragen.«
    »So hat mein Bruder also richtig vermutet: Du bist deinem Mann davongelaufen? Und damit das Ganze gelingen konnte, hast du ihm Briefe vorgelegt, in denen ich ihn angeblich bitte, dich sofort herreisen zu lassen, weil Leonor todkrank ist und nur du ihr frischen Lebensmut geben könntest?«
    Hayat nickte und setzte ein zwar kaum hörbares, darum aber doch nicht minder entschlossenes »Und ich werde auch nicht nach Fès zurückkehren« hinterher.
    »Was du tust oder nicht, entscheide ich!«
    Mit heftigen Schritten lief Abdarrahman im Zimmer auf und ab. »Was hast du dir bloß dabei gedacht? Und dann auch noch meine Unterschrift zu fälschen!«
    »Nein, Vater, das war ich«, rief Zahra. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Piepsen.
    Abdarrahman riss die Hand hoch, als wolle er ihr eine schallende Ohrfeige geben, aber stattdessen schlug er seine Handkante in die andere Hand. Das dumpfe Klatschen ließ Zahra zusammenzucken.
    »Wie konntest du das nur tun?«, rief Leonor, die zu ihnen getreten war. Sie sank gegen die Zimmertür, als wolle sie verhindern, dass auch nur eine Silbe des eben Gesagten aus dem Zimmer drang. »Ist dir denn nicht bewusst, in welchem Maße du damit den Namen und die Ehre der Familie befleckt hast?«
    Zahra starrte auf den großen, rechteckigen Seidenteppich zu ihren Füßen. In dem Raum war es so still, dass ihr die eigenen Atemgeräusche laut in den Ohren widerhallten.
    »Ist euch eigentlich klar, dass ich jetzt gezwungen bin, Hayat zu verstoßen?«, keuchte Abdarrahman.
    »Aber Vater«, schrie Zahra auf. »Hayats Leben dort war so elend und grauenhaft, dass sie fliehen
musste!
«
    »Aber gewiss nicht so elend und grauenhaft wie das Leben, welches ihr als verstoßener Frau droht!«, donnerte Abdarrahman zurück und schoss auf sie zu. Hastig schob sich Leonor zwischen ihn und Zahra. Ihre großen, klaren Augen sahen bittend zu ihm auf. »Lass uns in Ruhe über alles reden, Abdarrahman, ich flehe dich an!«
    Ihr Mann starrte einen Moment lang zornbebend auf Zahra hinab. Dann drehte er sich um, ging zu seinem Schreibtisch und blieb dort mit dem Rücken zu ihnen stehen. Leonor machte den Mädchen Zeichen, zurück in Zahras Zimmer zu gehen. Lautlos wie Schatten huschten die beiden aus dem Raum.
     
    »Und selbst wenn Vater mich verstößt: Ich gehe nicht zu meinem Mann zurück, niemals!« Hayat strich sich ihr langes, blauschwarzes Haar aus dem bleichen Gesicht, das in diesem Moment allein aus dem großen, entschlossenen Mund, den schwarzen, brennenden Augen und den hohen Wangenknochen zu bestehen schien, und drückte die Hände danach so fest gegen den Kopf, als wolle sie ihr ganzes, demütigendes Dasein in Fès aus sich herauspressen. »Ich hasse Nusair, und ich lasse mich von seiner zweiten Frau nicht weiter wie eine nichtswürdige Sklavin herumstoßen!«
    Zahra kannte Hayats Leid in Fès nur zu genau aus ihren Briefen. Behutsam nahm sie die Hände ihrer Halbschwester von deren Kopf und bettete sie in ihren Schoß. »Mutter wird Vater sicher davon abbringen können, dich zu verstoßen«, redete sie beruhigend auf sie ein. »Du weißt, wie sehr Vater sie liebt. Er hat ihr noch nie etwas abschlagen können.«
    »Aber du weißt auch, wie wichtig ihm die Familienehre ist«, stöhnte Hayat. »Wo soll ich bloß hin, wenn er mir nicht verzeihen kann? Aber mein Leben in Fès … Ich konnte es wirklich nicht länger ertragen. Nusair war von Anfang an völlig verrückt nach Altaf. Stundenlang hört man nachts ihre Lustschreie; manchmal frage ich mich, ob sie überhaupt jemals schlafen. Seit sie ihm nun auch noch einen zweiten Sohn geschenkt hat, ich aber noch immer kein Kind von ihm empfangen habe, lässt er sie mit mir machen, was sie will. Selbst als sie vor zwei Monaten meine Habseligkeiten von den Dienern in den dunklen Sklavenraum hat schaffen lassen, hat er nicht eingegriffen!«
    »Aber warum hast du Nusair denn noch immer kein Kind gebären können?

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