Die Maurin
wolle.
»Nach Vélez-Málaga«, knurrte er. »Dort sollten wir nach der großen Niederlage unserer Truppen kaum noch auf Christen treffen.« Später wollte er in dem gleichen bärbeißigen Ton von ihr wissen, worauf er achten müsse, um von den »verdammten Mauren« nicht als Christ enttarnt zu werden.
»Auf nicht viel mehr, als ich dir schon gesagt habe. Verlang kein Schweinefleisch, halte dich vom Wein fern – und rede vor allem nicht dauernd schlecht über die Mauren!« Sie zwinkerte ihm zu, doch Jaime verzog keine Miene.
»Und wie und wo sind wir getraut worden?«
»Eine islamische Eheschließung ist sehr viel schlichter als eine christliche«, erklärte ihm Zahra. »Eine christliche Ehe ist ein Sakrament und wird in der Kirche zelebriert. Eine islamische Eheschließung beruht dagegen auf einem Vertrag, der die Rechte und Pflichten der Eheleute festlegt. Es wird eine Heiratsurkunde aufgesetzt, in der diese Bedingungen aufgeführt werden, und die wird vom Qadi und den Zeugen unterschrieben.«
»Aha. Und welche Bedingungen haben wir gestellt?«
»Zum Beispiel, dass ich mich sofort scheiden lassen kann, wenn du dir eine zweite Frau nimmst«, gab Zahra mit keckem Lächeln zurück. Endlich taute Jaime auf; auf seinem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. »Und du bist dir sicher, dass ich so etwas unterschreiben würde?«
»Das kann ich dir nur raten!«, lachte Zahra. »Übrigens ist eine Eheschließung auf dem Land noch schlichter. Oft wird dort nur die
fatiha,
die erste Sure aus dem Koran, vor Zeugen vorgelesen, und schon ist man Mann und Frau.«
»Ich merke schon, ehe ich mich versehe, habe ich bei euch ein halbes Dutzend Ehefrauen am Bein – weil ich gar nicht merken würde, wenn jemand diese
fatiha
vorliest.«
»Dann bleib immer schön bei mir, so dass ich dich rechtzeitig warnen kann«, flachste Zahra und schickte ein kurzes
du’a
zum Himmel, dass Allah ihnen beistehen möge.
Sie hielten auf ein kleines Bergdorf zu, das nur wenige Leguas vor Vélez-Málaga lag. Am Vortag hatte Jaime ihnen aus einem Bauernhaus maurische Kleider »besorgt«, wie er sich ausdrückte, und Zahra damit empört: »Weißt du nicht, dass wir Dieben die Hand abhacken? Du fängst dein Leben bei uns ja gut an!«
»Ach, das hat doch niemand gemerkt«, meinte Jaime unbekümmert. Schließlich sei es noch gefährlicher gewesen, wenn sie mit ihren christlichen Kleidern auf einem Bazar maurische gekauft hätten. »Je weniger Menschen von unserer Verwandlung wissen, umso besser!«
Auch an einen Turban für sich und einen Hidschab für Zahra hatte er gedacht. Wie damals in Loja fühlte er sich in den maurischen Kleidern höchst unwohl. »Diese weiten Hosen und diese formlose Tunika …« Mürrisch sah er an sich herunter. »Alles, was recht ist: Unsere engen Beinlinge und ein ordentlicher Wams sind mir da lieber!«
»Ach woher, unsere Kleidung ist viel bequemer! Nach ein paar Wochen wirst du dich fragen, wie du je die Enge der kastilischen Kleidung ertragen hast«, tröstete ihn Zahra.
Drei Stunden später erreichten sie das Bergdorf, das Jaime als Zufluchtsort gewählt hatte. Vor dem ersten Haus saß ein alter Mann auf einer Steinbank. Er beäugte sie argwöhnisch, machte aber keine Anstalten, sie aufzuhalten. In der Ortsmitte stießen sie auf einen Bauern, der seine Schafe nach Hause trieb.
Jaime begrüßte ihn, wobei er sich mit der linken Hand grüßend über Brust und Stirn fuhr. »Friede sei mit dir!«
Der Bauer erwiderte seine Begrüßung. »Was führt Euch zu uns?«
»Die Christen haben uns aus unserem Dorf vertrieben«, erwiderte Jaime. »Wir hoffen, eine Weile bei Euch unterkommen zu können.«
Der Bauer ging um sie herum und hob zögernd die Achseln. »Das muss der Qaid entscheiden.«
Das Haus des Qaid lag nur einen Straßenzug weiter. Der Bauer zeigte Jaime und Zahra, wo sie ihre Pferde anbinden konnten, und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Auf sein Klopfen hin öffnete ein Diener, der Jaime und Zahra zu seinem Herrn führte. Ein alter, gebeugter Mann mit rotem Turban und schlohweißem Bart hieß sie willkommen. In seinen tiefliegenden Augen spiegelten sich Furcht und Misstrauen. »Es verirren sich nicht oft Fremde zu uns«, meinte er zögerlich, »und das nicht ohne Grund: In den Städten gibt es Kaufleute und volle Kassen, mit denen Vertriebene unterhalten werden können; bei uns leben nur Bauern, und das, was der karge Boden hergibt, langt kaum uns zum Leben.«
Jaime erklärte ihm, dass sie zwar mit
Weitere Kostenlose Bücher