Die Maurin
knurrenden Mägen, aber nicht mit leeren Händen kämen. »Wir hofften, hier ein Haus mieten und Lebensmittel kaufen zu können.«
»Unter diesen Umständen will ich Euer Ersuchen wohlwollend prüfen. Ich nehme an, Ihr hättet nichts dagegen, Euch an den Wachen zu beteiligen? Zwar haben wir schon eine Zeitlang keine Überfälle mehr von den Christen erlebt, aber die Zeiten bleiben unruhig.«
Zahra klopfte das Herz bis zum Hals. Jaime musste es wie Landesverrat erscheinen, den Mauren dabei zu helfen, sich gegen die Christen zu verteidigen. Zu ihrer Verwunderung nickte er jedoch und erklärte, dass es auch in seinem Sinne sei, frühzeitig vor den Christen gewarnt zu werden, und er sich sehr gern an den Wachen beteilige.
»Dann seid uns willkommen. Am Ortsende findet Ihr ein leerstehendes Haus. Die Besitzer sind nach Granada abgewandert. Wenn Ihr es wieder instand setzt, könnt Ihr es gern gegen ein geringes Entgelt mieten.«
Jaime bedankte sich, und Zahra war so froh und erleichtert, dass sie Jaimes Hand nahm und fest drückte. Der Qaid bemerkte ihre Geste und schmunzelte.
Das Haus war klein und in der Tat heruntergekommen. Als Jaime die Einrichtung sah, verzog er das Gesicht. »Da ist ja jeder unserer Pferdeställe luxuriöser! Und was sollen wir mit diesen ganzen Teppichen?«
»Darauf sitzen und schlafen«, belehrte ihn Zahra. »Du wirst merken, dass man darauf nicht schlechter als in euren Betten schläft!« Sie breitete ein paar Teppiche übereinander, legte sich darauf und schlug einladend mit der Hand neben sich. »Komm her, probier es aus. Es ist wirklich bequem!«
Schnaubend ließ sich Jaime neben ihr nieder. Zahra zog ihn an sich und küsste ihn, und als ihre Küsse leidenschaftlicher wurden, war ihm einerlei, wo er sich befand …
Die Einheimischen begegneten Jaime und Zahra so zuvorkommend, dass Jaime von Tag zu Tag weniger grimmig wirkte und sich schon bald an die dringendsten Reparaturen des Hauses machte. Er kaufte beim Schmied Scharniere für die Tür, besserte das Dach aus und zog den abgebröckelten Schornstein wieder hoch, so dass der Rauch ihrer Feuerstelle endlich richtig abzog. Auch ein paar dickere Teppiche erstand er und war hernach mit ihrer Liegestatt recht zufrieden. Als Nächstes zimmerte er einen Tisch, und auch wenn er etwas wacklig geriet, präsentierte er Zahra sein Werk doch voller Stolz. In der Woche darauf ritt Jaime in den Nachbarort und kaufte auf dem Markt einen Kochtopf, verschiedene Gewürze und gepökeltes Fleisch. Als Zahra ihn ein paar Tage später vor dem Haus mit dem Nachbarn reden hörte, glaubte sie, ihren Ohren nicht trauen zu können: Er tauschte sich mit ihm über die wirkungsvollsten Maßnahmen gegen einen Befall mit Olivenfliegen aus. Jaime erklärte gerade, dass es nicht reiche, die befallenen Pflanzenteile wegzuschneiden. »Ihr müsst sie hernach sofort verbrennen, weil deren schädliche Dämpfe sonst die gesunden Bäume krank machen!«
Der Maure dankte Jaime wortreich für seinen Rat und kündigte an, gleich am nächsten Tag genau so vorzugehen, da er in der Tat schon bemerkt habe, dass er das Problem allein mit dem Rückschnitt bis ins gesunde Holz nicht lösen könne, sondern hernach regelmäßig seltsame Wucherungen an den Bäumen auftraten. Später fragte Zahra ihn, woher er so viel über die Bekämpfung der Olivenfliege wisse.
»Früher hat mein Vater mich manchmal auf einem Ritt über unsere Ländereien mitgenommen und mir vieles erklärt, auch wenn immer klar war, dass Alonso das Gut übernehmen würde«, erzählte er ihr. »Außerdem habe ich während meiner Gefangenschaft bei den Mauren auf dem Land arbeiten müssen. Auch dort ist man gegen die Olivenfliege so vorgegangen.«
Zahra schmiegte sich an ihn. »Wie ich dich da eben mit dem Nachbarn habe reden hören … Man hätte direkt meinen können, dir liege etwas an dem Mann!«
Jaime zuckte mit den Achseln. »Er hat mir das Holz für den Tisch einfach geschenkt. Da kann ich hernach kaum unfreundlich zu ihm sein!«
Zahra konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Ärgerlich verpasste Jaime ihr eine Kopfnuss. »Du wirst sehr frech, seit wir unter deinen Landsleuten sind, und deinen Schleier trägst du auch schon wieder nicht!«
»Vielleicht sollten wir dies lieber drinnen besprechen – oder dort auch etwas ganz anderes machen«, gab Zahra keck zurück, packte Jaime an der Hand und zog ihn ins Haus. Ehe sie auf ihrer Schlafstatt niedersanken, vergewisserte sie sich, dass Abdarrahman noch
Weitere Kostenlose Bücher