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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Freunden. Die kleine Chalida machte bald ihre ersten Schritte und versuchte mit bewundernswerter Beharrlichkeit, sich nicht von den Großen abhängen zu lassen, was Jaime ein verliebtes Lächeln entlockte. »Es ist unglaublich, wie sehr Chalida dir ähnelt«, sagte er zu Zahra. »Und wenn ich erst in ihre Augen sehe … Oft ist mir, als sähe ich in deine!«
    »Ich hoffe nur, sie bereitet uns später nicht genauso viel Aufregung, wie ich meinen Eltern zugemutet habe«, seufzte Zahra und fühlte sich Chalida gerade deswegen besonders nah. Gleichzeitig war sie froh, dass Abdarrahman ein gesetzteres Naturell hatte, und gespannt, nach wem das Kind, das sie jetzt erwartete, geraten würde. Deborahs drei Monate alter Sohn jedenfalls war ein höchst unruhiger Geist, und Zahra konnte nur hoffen, dass ihr drittes Kind ein bisschen weniger anstrengend sein würde.
    Jaime erhob sich, um auf den Feldern nach dem Rechten zu sehen. Zunächst hatte er sich ihrer aus reinem Zeitvertreib angenommen, aber nachdem Raschid gesehen hatte, wie sehr er die Farm binnen kürzester Zeit vorangebracht hatte, hatte er ihm die Stelle des Verwalters angeboten, die dieser gerne annahm. »Es tut gut, nach all dem Sterben wieder einmal etwas wachsen zu sehen!«
    Am fünfzehnten Juni 1488 lief die Frist für das Erbringen des Lösegelds für die Menschen von Málaga ab, doch sie konnten die geforderte Summe nicht vollständig aufbringen. Zusammen mit Boabdil setzte sich Raschid bei den christlichen Königen für eine Fristverlängerung ein, doch Isabel lehnte ihre Bitte rundweg ab. In der Woche darauf trieben ihre Soldaten die Menschen Málagas wie Viehherden zusammen und verteilten sie auf die Sklavenmärkte des Landes. Als Raschid dies seiner Familie berichtete, brach ihm immer wieder die Stimme. Betroffen griff Zahra nach Jaimes Hand: Wie nah waren auch sie und ihre Kinder daran gewesen, Teil dieses Sklavenheers zu werden!
    »Und Ibrahim?«, fragte Zainab beklommen. Raschid zuckte mit den Achseln. Zahra zog sie an sich. »Du schuldest ihm nichts«, erinnerte sie ihre Schwester, doch auch ihr wurde beim Gedanken an ihren Schwager mulmig. Ein solches Ende hatte vielleicht selbst er nicht verdient.
    »Und das bisher gezahlte Lösegeld haben die Könige einfach behalten?«, rief Deborah fassungslos.
    Raschid nickte.
     
    Am zwölften Januar 1489 kam Zahras Sohn Yayah zur Welt. Fünf Monate später erschienen dunkle Wolken am Horizont: Nachdem die Christen Málaga gesichert und neu befestigt hatten, richteten sie sich nun gegen die letzten, von az-Zagal beherrschten Gebiete. Die Schlachten konzentrierten sich vor allem auf das Gebiet von Baza, das kaum drei Tagesritte von der Seidenfarm entfernt lag. Abends, wenn die Kinder schliefen, rückten die Erwachsenen im Patio zusammen und ließen sich von Raschid, der jeden Abend von Granada zurück auf die Farm kam, den aktuellen Lagebericht geben. Stets hatten sie dabei vor Augen, dass dieses Gebiet das letzte jenseits Granadas und seiner Vega war, welches die Christen noch nicht von den Mauren zurückerobert hatten – weswegen sie trotz des Bündnisvertrags zwischen Boabdil und Isabel einzig auf den Sieg az-Zagals und ihrer Landsleute hoffen konnten.
    An diesem Abend berichtete Raschid, dass die Christen die Mauren in die Stadt zurückgedrängt hätten und sie nun belagerten. »Trotzdem muss das noch nicht das Ende von Baza sein«, beruhigte er seine Familie. »Der Herbst steht vor der Tür und mit ihm die in dieser Gegend besonders heftigen Regenfälle. Der Spitzel weiß aus zuverlässiger Quelle, dass Baza noch wenigstens für drei Monate Lebensmittel hat. Mit ein wenig Glück müssen die Christen weichen, ehe ihre Belagerung für Baza Folgen hat!«
    »Der Regen hat auch Málaga nicht retten können«, erinnerte ihn Jaime. »Ich denke, wir täten gut daran, uns mit dem Gedanken vertraut zu machen, von hier wegzugehen. Was, wenn sich Isabel nach Baza der Vega und Granada zuwendet?«
    Davon wollten die anderen nichts hören.
    Einen Monat später berichtete Raschid ihnen, dass die Christen ihre Zelte im Tal durch tausend massive Holzhäuser ersetzt hatten. Eine Woche später ging ein gewaltiges Unwetter über Baza nieder. Unglaubliche Wassermassen stürzten ins Tal und rissen die Häuser der Christen mit sich. »Hunderte von Kastiliern haben in den reißenden Gewässern den Tod gefunden«, verkündete Raschid ihnen strahlend, »und überdies weigern sich die christlichen Händler, Proviant in die

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