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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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fragte Zahra mit weit aufgerissenen Augen, nachdem er ihr alles erzählt hatte. Als Jaime ihr lächelnd zunickte, fiel sie ihm mit einem tiefen Seufzer um den Hals.
    »Allerdings müssen wir in spätestens zwei Tagen hier heraus sein, weil er dann zurück nach Granada muss«, erklärte Jaime ihr weiter. »Wenn ich morgen die nächste Fuhre Proviant hole, bespreche ich die letzten Einzelheiten mit ihm.«
    »Aber wir müssen auch Zainab und Mahdi mitnehmen«, haspelte Zahra. »Bitte, Jaime, wir können sie nicht hierlassen!«
    »Es ist schon gefährlich genug, wenn ich dich und die Kinder rausschmuggele. So viele Leute bekomme ich niemals ungesehen auf dem Wagen aus der Stadt heraus!«
    »Und wenn du uns nacheinander mitnimmst?« Zahra blickte ihn flehend an. »Zainab und Mahdi sind meine Geschwister, und wenn Zainab uns nicht mehrmals Brot gegeben hätte, würden unsere Kinder nicht mehr leben!«
    »Und deswegen willst du riskieren, dass wir jetzt noch sterben? Zahra, so sei doch vernünftig!«
    Doch sie ließ sich nicht umstimmen. »Ohne Zainab und Mahdi gehe auch ich nicht von hier weg!«
     
    Raschid nickte, als Jaime ihm von Zainab und Mahdi erzählte.
    »Aber ich weiß nicht, wie ich sie alle gleichzeitig aus der Stadt schaffen soll.«
    »Wie hattet Ihr das überhaupt geplant?«
    »Ich will sie auf dem Proviantwagen unter Decken verbergen.«
    »Und wenn sich eines der Kinder regt oder einen Laut von sich gibt?« Raschid hob die Augenbrauen. »In diesem Alter sind Kinder doch unberechenbar!«
    »Zahra legt sich über die Kinder und hält ihnen, wenn nötig, den Mund zu. Außerdem haben wir keine Wahl. Zahra droht nicht nur die Versklavung, sondern die Hinrichtung!«
    Raschid kratzte sich an der Nase. »Ich könnte den Mauren von Málaga auch selbst eine Fuhre Getreide bringen, als Geschenk von Boabdil. Dann hätten wir zwei Wagen in der Stadt.«
    »Und Ihr meint, Isabel würde keinen Verdacht schöpfen?«
    Raschid zuckte mit den Achseln. »Bisher haben weder Boabdil noch ich Isabel Grund gegeben, an unserer Treue und Ehrenhaftigkeit zu zweifeln.«
    Jaime nickte. »Versuchen wir es. Und hoffen wir, dass wenigstens einer unserer Götter auf unserer Seite ist!«
     
    Am Abend erzählte Zahra Zainab von ihrem Plan. »Nein, Zahra, das kann ich nicht«, stotterte sie erschrocken. »Ich bin nicht so mutig wie du und Hayat!«
    »Manchmal muss man nur genug Angst haben«, beharrte Zahra, »und der Mut findet sich von ganz allein.«
    Zainab rang die Hände. »Aber Ibrahim … Ich kann doch nur aus dem Zimmer, wenn er nicht da ist. Und wenn ich mich vor unserer Flucht verstecke, stellt er gewiss die ganze Stadt auf den Kopf und gefährdet damit auch eure Flucht!«
    »Und wenn Jaime ihn, nun sagen wir, daran hindern würde?« Sie lächelte vielsagend, und schließlich zeichnete sich auch in Zainabs Miene ein zaghaftes Lächeln ab. »Und du denkst, dass Jaime das tun würde?«
    In der Tat hatte Jaime nichts dagegen, den Mann zu überwältigen, der Zahra und ihrer Schwester so viel Leid angetan hatte. Am nächsten Morgen, noch vor Tagesanbruch, ließ Zainab ihn in ihr Zimmer, und schon wenige Minuten später war der feiste Ibrahim zu einem bewegungsunfähigen Päckchen verschnürt und geknebelt. Mit einem letzten Blick auf ihren sie wutentbrannt anblitzenden Mann nahm Zainab ihren kleinen Bruder an die Hand und huschte mit ihm davon.
    Eine Stunde später eilten Zahra und Zainab mit den Kindern zu dem leerstehenden Haus, an dem sie Jaime und Raschid treffen wollten. Schon bald fuhren die beiden mit ihren Proviantwagen vor. Raschid hatte seinen Wagen bereits bei Murtada abgeladen und große Körbe dabei, in denen sich Zainab und Mahdi verbergen konnten. Zahra sah ihren Bruder mit innigen, beredten Blicken an, aber sie alle wussten, dass jetzt nicht der rechte Moment für Umarmungen und Beteuerungen war. Rasch stieg sie auf Jaimes Wagen, legte Chalida unter sich, zog Abdarrahman dicht an sich heran und schärfte ihren Kindern ein, dass sie, ganz gleich, was geschah, keinen Laut von sich geben durften. Dann breitete Jaime die Decken über sie, und Zahra umgab nur noch Dunkelheit – und Angst.
     
    Mit einem kleinen Ruck rollte der Wagen an. Chalida maunzte kurz, war aber gleich wieder still. Zahra erschrak trotzdem und hatte das Gefühl, ihr Herz würde so laut pochen, dass man es draußen wie Donnergrollen hören musste. Sie begann zu schwitzen, hatte Mühe, Luft zu bekommen, und spürte ein so dringendes Bedürfnis, sich zu

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