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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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ihr vorschrieben, Wege, die sicher eher von der Alhambra als von ihrem Heim ausgingen, Wege, die sie einfach nur zu gehen wagen müsste – und der Gedanke erfüllte sie mit ebenso viel Hoffnung wie Furcht.
     
    Auch Tamu gegenüber behauptete Zahra, dass Aischa ihr aufgetragen habe, am Tage von Hassans Rückkehr zu ihr zu kommen, und da ihre Mutter sich mit Kopfschmerzen zurückgezogen hatte und nicht gestört werden wollte, gab Tamu nach, bestand allerdings darauf, sie höchstpersönlich dorthin zu begleiten. Wie alle anderen Festgäste wurden auch sie ohne Nachfragen in den Palast gelassen. Erst als sie den Comaresturm erreicht hatten, konnte Zahra Tamu davon überzeugen, nach Hause zu gehen. Anschließend lief sie, sich tief in ihren weiten Hidschab verhüllend, zum nächsten Turm, in dem es im ersten Stock ein Haremszimmer gab, von dem aus man hinunter in den Festsaal und den daran angrenzenden Patio sehen konnte. Da Frauen, die ihre Ehre nicht verlieren wollten, den Festen nicht beiwohnen durften, hatte man dieses Zimmer für sie eingerichtet, damit sie dem festlichen Treiben wenigstens zusehen konnten, ohne selbst gesehen zu werden: Wie ihre Zimmerfenster waren auch diese hier mit geschnitztem Holzgitterwerk verkleidet. Zahra würde allerdings die einzige Zuschauerin sein, denn vor seinem Auszug nach Zahara hatte Hassan Aischa und ihr Gefolge erneut unter Arrest gestellt, und Isabel de Solís und ihren Dienerinnen stand ein Raum im gegenüberliegenden Turm zur Verfügung.
    Trotzdem war Zahra ein wenig bang, als sie das Zimmer betrat, da sie nur zu genau wusste, dass auch sie jetzt nicht hier sein durfte. Lautlos näherte sie sich dem Fenster. Gerade trafen die letzten Adligen und Faqihs, die Rechtsgelehrten, zum Fest ein und stellten sich in Reih und Glied auf, um den Emir zu empfangen, der wenig später den Festsaal betrat. Huldvoll nahm Hassan die Würdigungen entgegen und schritt zwischen seinen Edlen aufrechter denn je zu seinem auf einem erhöhten Podest stehenden Thron. Auf einen Wink von ihm setzte sich das Fest in Gang. Endlose Reihen von Dienern beluden die überall zwischen Sitzpolstern aufgestellten niedrigen Tische mit erlesenen Speisen und Getränken, das Orchester spielte orientalische Weisen, in Marokko ausgebildete Sklavinnen, gehüllt in raffinierte Kostüme und geschmückt mit üppigen Ohrringen, Ketten und Armbändern, bewegten die verführerischen Hüften zu den Takten ihrer Musik und ließen Stück um Stück ihre Hüllen fallen, bis die prallen Zeichen ihrer Weiblichkeit nur noch von einem Hauch feinster Gaze bedeckt waren.
    Von allen Seiten erklangen Fragen, wie es dem Emir so schnell gelungen sei, die Zaharenen zu besiegen. Hassan berichtete lauthals, dass die Festung in der Nacht ihres Angriffs sogar noch schlechter bewacht gewesen sei, als ihnen in Aussicht gestellt worden war, und übergab das Wort dann Yazid, den er als seinen fähigsten und tapfersten Soldaten unter den jungen Männern lobte, ein Lob, das Zahra mit Ärger erfüllte, zumal sie ihn weiter verdächtigte, hinter Raschids Verschwinden zu stecken.
    »Um die Türme und Zinnen der Festung hat ein gewaltiger nächtlicher Sturm getobt«, erzählte Yazid und trank einen großen Schluck von dem ihm von einem Diener dargebotenen Wein. »Feige hatten sich die christlichen Wachen vor dem Unwetter in ihren Behausungen verkrochen, als wir noch wütender als der Sturm über sie herfielen. Bis ihr entsetztes ›Der Maure, der Maure!‹ erklang und die Wachen in ihrem Halbschlaf nach den Schwertern griffen, hatten längst Dutzende unserer Kletterer die Festungsmauern erklommen und kämpften sich mit eiserner Entschlossenheit zu den Toren vor, um sie für die nachstoßenden Truppen zu öffnen. Unser Überfall muss den Zaharenen wie das Eindringen böser Geister auf den Flügeln der Winde erschienen sein. Zuerst haben wir sie auf den Bollwerken des Kastells geschlagen und später auch in den Straßen der Stadt. Die Bürger waren von ihrem Fest von der segensreichen Geburt, wie sie es wohl nennen, noch ganz benommen und lagen wie vollgestopfte Gänse in ihren Betten. Als ihnen klarwurde, was über sie gekommen war, stürzten sie entsetzt aus den Häusern, aber inzwischen hatten wir uns schon bis in die letzten Winkel der Stadt vorgearbeitet. Es war ein prachtvolles Bild, wie unsere Säbel im Mondlicht aufblitzten und ihre ungläubigen Köpfe um unsere Füße rollten! Diejenigen, die sich wieder in ihre Häuser verkrochen hatten, haben

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