Die Maurin
Gesicht ein entrücktes Lächeln. »Der Allmächtige wird uns beistehen, da bin ich mir sicher!«
»Ich befürchte, Allah, er ist erhaben, wird deinen Gefühlen für einen Christen nicht mehr Billigung entgegenbringen, als Vater dies täte. Außerdem habe ich ohnehin das Gefühl, dass er unser Volk vergessen hat. Wie sonst hätten die Ungläubigen unser Alhama erobern können?«
Als sich die Verzückung im Blick ihrer Halbschwester auch jetzt nicht verzog, machte Zahra eine wegwerfende Handbewegung und legte sich wieder hin. Allerdings kehrten auch ihre Gedanken nicht zu den Problemen Granadas zurück, sondern wanderten, wie so oft, seit Hayat sich in den Christensklaven verliebt hatte, zu Gonzalo. Sie stellte sich vor, wie es wäre, wenn sich ihre und Gonzalos Wege erneut kreuzen würden. Wie viel schöner es wäre, an seiner Seite als an der des dicken, faden Ibrahim zu leben … Ja, sie konnte Hayat verstehen. Aber was nutzten ihnen ihre Träume, wenn ihr Vater sie doch niemals das Leben führen lassen würde, nach dem sie sich sehnten?
»Es wird alles gut werden, glaub mir«, hörte sie Hayat flüstern.
Zahra blickte zu ihrer Halbschwester, welche mit verschwörerischem Blick näher an sie heranrückte.
»Heute Abend werden wir uns sehen«, verriet sie ihr. »Wir treffen uns in dem leerstehenden Haus hinter den Trinkwasserzisternen.«
»Ja, bist du denn jetzt völlig verrü…«
Hastig hielt Hayat ihr den Mund zu. »Scht, leise! Willst du das ganze Haus zusammenschreien?«
»Ist ja schon gut«, knurrte Zahra und schob die Hand ihrer Halbschwester weg. »Trotzdem kannst du nicht einfach allein durch die Straßen spazieren. Und wenn euch erst jemand zusammen erwischt!«
»Ich habe mir die abgelegten Kleider einer unserer Dienerinnen so weit ausgebessert, dass man sie wieder tragen kann«, gestand Hayat ihr errötend. »In den bescheidenen Kleidern und tief in den Hidschab gehüllt, würde mich selbst Tamu nicht erkennen. Außerdem schleiche ich mich über die Dachterrasse aus dem Haus und gehe über die der Nachbarn weiter. Wer soll mich da sehen?«
»Willst du damit etwa andeuten, dass du schon mehrmals zu ihm geschlichen bist?«, japste Zahra.
Der Glanz, der in das Gesicht ihrer Halbschwester trat, machte jede Antwort überflüssig. Zahra schloss die Augen und flehte den Propheten an, ihrer Halbschwester einen neuen Verstand zu schicken, aber zugleich verspürte sie ein Stechen in ihrer Brust. Wenn sich Hayat ihr Glück selbst suchte – warum konnte sie das dann nicht auch?
Als sich Hayat am Abend in Zahras Zimmer stahl, war von dem morgigen Strahlen in ihren vom Weinen geröteten Augen nichts mehr zu sehen. Sie schwankte, als habe sie Fieber. Zahra sprang auf und nahm sie in die Arme. Sofort flossen die Tränen wieder.
»Was hast du denn? Beim Allmächtigen, so rede doch!«
Zwischen Hayats Schluchzern entnahm sie, dass Miguel fest entschlossen war, aus der Gefangenschaft zu fliehen.
»Ja, weiß er denn nicht, was ihm droht, wenn er erwischt wird?«, rief Zahra. »Mit seinen blauen Augen und den blonden Haaren fällt er doch sofort jedem als Nichtmaure auf, und auch an seiner Kleidung erkennt jeder den Sklaven. Er wird nicht einmal aus unserem Viertel herauskommen, ohne dass ihn jemand aufhält, gar nicht zu reden von den Stadtwachen!«
»Miguel hat mich gebeten, ihm andere Kleider und einen Turban zu besorgen.« Wieder begann Hayat zu weinen. »Und wenn er erst frei ist, will er mich holen kommen.«
Zahra strich sich die Haare aus dem Gesicht. Der Mut der beiden erfüllte sie mit ebenso viel Achtung wie Furcht. »Hayat, ich … ich weiß nicht, was ich dir raten soll, aber du weißt, was Vater mit dir anstellt, wenn er dahinterkommt, dass du Miguel bei der Flucht geholfen hast!«
Hayat fuhr sich über die Augen. »Zahra, du verstehst das nicht. Du hast noch nie gespürt, wie das ist, wenn … wenn einem das Herz beim Anblick eines anderen vor Freude fast zerspringt.«
Zahra musste an Gonzalo denken. Wenn einem das Herz beim Anblick des anderen vor Freude fast zerspringt, wiederholte sie Hayats Worte in Gedanken. Zersprungen war ihr Herz nicht gerade, als sie ihn hinter Deborahs Dorf wiedergesehen hatte, aber trotzdem hatte es diese feine Spannung zwischen ihnen gegeben …
»Vielleicht verstehe ich dich zumindest ein wenig«, erwiderte sie leise. »Aber trotzdem – du spielst mit deinem Leben, wenn du ihm hilfst. Hayat, du musst Miguel die Flucht ausreden!«
Bittend legte sie
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