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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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noch bis da hinten zum Waldrand durch? Es täte Euch sicher gut, Euch vor Einbruch der Nacht noch einmal von der Sonne wärmen zu lassen.«
    Zahra nickte seufzend, zumal sie Kafur recht geben musste. Die Nächte im Freien waren noch empfindlich kalt, aber da sie davon ausgehen mussten, dass Hassan, Isabel de Solís und Zahras Vater nach ihnen suchen ließen, mussten sie um
funduqs
einen großen Bogen machen und sich nachts unter Büschen oder in Höhlen verbergen. Ein bisschen Wärme vor der Nacht wäre angenehm.
    Kafur und sie waren bereits seit einer Woche in Richtung Almería unterwegs. Der Stallbursche von Aminas Mann war in der Tat so nachlässig, wie Amina es ihnen geschildert hatte, so dass sie im Stall ihres Mannes problemlos zwei kräftige Araberstuten hatten entwenden können. Auch ihre neuen Kleider gereichten ihnen zum Vorteil, obwohl sich Zahra in den Jungenkleidern nach wie vor unwohl und im Gesicht und am Hals entsetzlich nackt fühlte. Noch unwohler allerdings war ihr zumute, wenn sie an ihre Mutter dachte. Sie hatte Amina gebeten, dieser einen Brief von ihr zukommen zu lassen, in dem sie Leonor um Vertrauen bat:
»Ich muss für ein paar Wochen weg und werde Euch später alles erklären, aber im Moment wäre jedes weitere Wort für Euch wie für mich zu gefährlich. Macht Euch keine Sorgen. Es wird mir nichts geschehen, und mein Tun bringt weder meine noch die Ehre unserer Familie in Gefahr!«
    Zahra war sich zwar bewusst, dass ihre Worte die Wahrheit über das Maß beschönigten, aber seit sie ihrer Mutter von ihrem Traum mit Raschid erzählt hatte, war diese ohnehin schon krank vor Sorgen. Schon viele Male hatte Leonor Diener ausgeschickt, um Nachforschungen über den derzeitigen Aufenthaltsort des Santons anzustellen, der nach der Rückkehr ihrer Truppen aus Zahara seine Vorhersagen in der Alhambra getroffen hatte, doch sie hatten ihn nirgends ausfindig machen können. Und die Wahrsagerin, die ihre Mutter ins Haus geholt hatte, hatte auch nichts weiter zu sagen gewusst, als dass sie sicher sei, dass Raschid noch lebe, aber wo er sich aufhielt, wusste sie nicht. Ihr Vater verließ sich statt auf Träume, Santons und Wahrsager lieber auf seine Männer, doch bisher hatten auch diese Raschid nicht finden können.
    Ihr Vater … Zahra seufzte. Sicher würde er schrecklich wütend werden, wenn ihre Mutter ihm ihren Brief zeigte, aber trotzdem war es ihr lieber, dass er sie verdammte, als dass er sich um sie sorgte. Sie hoffte nur, dass ihr Verschwinden nicht wieder zu einem Zerwürfnis zwischen ihren Eltern führte wie damals in den ersten Wochen nach Raschids Verschwinden.
    »Da vorn, Sternchen, erwartet uns der ideale Rastplatz!« Kafur zeigte auf einen umgestürzten Baum am Waldrand, der von der Abendsonne beschienen wurde.
    Mit einem erleichterten Aufstöhnen glitt Zahra vom Pferd, band es an einen Baum, in dessen Umgebung genug saftiges Grün wuchs, damit ihre Stute eine gute Abendmahlzeit bekam, und nahm die Steinschleuder aus dem Quersack. Sie hatte sie im Stall von Aminas Mann liegen sehen, und da sie dank Raschid gut damit umzugehen verstand, hatte sie diese mitgenommen und hielt sie seither immer in Reichweite.
    Als sie ihre Plätze auf dem sonnenbeschienenen Baumstamm eingenommen hatten, reichte Kafur Zahra ein Stück Weizenbrot, etwas
qaddid,
in Streifen geschnittenes Trockenfleisch, und eine Handvoll Trockenobst, während er selbst sich mit Brot und einer Handvoll Mandeln begnügte. Kopfschüttelnd hielt Zahra ihm ihr Fleisch hin. »Bitte, Kafur, nimm. Das reicht doch für uns beide!«
    »Macht Euch um mich keine Gedanken. Es geht mir bestens!« Wie zum Beweis strich Kafur über seine Tunika, die ihm allerdings nicht mehr über dem Bauch spannte.
    »Aber …«
    »Nein, Sternchen, unser Proviant wird langsam knapp, und während Ihr so mager seid wie ein aus dem Nest gefallenes Vögelchen, habe ich reichlich zum Zusetzen!«
    Seufzend ließ Zahra die Hand sinken und blickte über das weite, offene Tal zu ihren Füßen. Als es hinter ihnen im Unterholz knackte, sah sie erschrocken zu Kafur. Er legte die Finger auf die Lippen und machte ihr Zeichen, sich flach vor den Baumstamm auf den Boden zu legen, damit man sie vom Wald aus nicht sehen konnte. Zahra verdrehte die Augen, tat aber doch, was er sie geheißen hatte. Kafur nahm einen dicken Ast auf und erhob sich. Schon nach wenigen Schritten verschwand seine Gestalt hinter den Zweigen der dichtstehenden Kork- und Steineichen. Zahra lauschte auf

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