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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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widerfahren. Und Boabdil … Mein Gott, wie stellte Aischa sich das denn vor? Dieser Plan … Nein, das schaffte sie nicht. Dazu reichte ihr Mut nicht. Niemals!
     
    Als sie die Alhambra hinter sich gelassen hatten, rechnete Zahra damit, dass Kafur sie auf ihre Reise zu Boabdil ansprechen würde, doch der alte Eunuch sagte kein Wort und schlug den Weg ein, auf dem er sie immer nach Hause brachte.
    Umso besser, dachte Zahra. Dann brauche ich mich wenigstens nicht zu rechtfertigen. Wahrscheinlich erscheint ihm dieser ganze Plan ebenso irrsinnig wie mir und er ist wie ich der Meinung, dass wir die Geschicke Granadas lieber denen überlassen sollten, die über Waffen, Soldaten und einen weniger strengen Vater als ich verfügen. Aber je näher sie ihrem Elternhaus kamen und je länger Kafurs Schweigen anhielt, desto unbehaglicher fühlte sich Zahra. Der Gedanke an Aischa und daran, dass sie im Comaresturm so hilf- und machtlos wie ein Vogel im Käfig festsaß, während das Land, für das sie schon so viel auf sich genommen hatte, vor ihren Augen dem Untergang entgegenging, ließ sie nicht los. Im Vorübergehen bekam sie das Gespräch zweier Passanten mit.
    »Hassan ist unser aller Verderben«, schimpfte der eine, und sein Begleiter brummte: »Warum hat Allah, er ist erhaben, uns nur diesen blindwütigen Kriegsherrn als Sultan gegeben statt seines klugen und weitsichtigen Sohnes?«
    Zwei Straßenecken weiter stand ein alter Mann, der den Passanten in dunklem Klageton zurief: »Der Santon hatte recht; die Stunde der Vernichtung ist nahe. Die Trümmer Zaharas fallen jetzt auf unsere Häupter. Das Ende unseres Reiches steht unmittelbar bevor!«
    Unwillkürlich rückte Zahra näher zu Kafur. Sie sah zu ihm auf, doch nichts in seiner Miene verriet, was er dachte. Eine Stimme in ihr wurde immer lauter: Die Menschen hier können allerdings nichts gegen den Untergang unseres Landes tun, aber sie, sie könnte es schon … Stattdessen war sie auf dem Weg nach Hause, um sich nächste Woche von ihrem Vater zu diesem grauenhaften Ibrahim bringen zu lassen.
    Sie blieb stehen, hielt Kafur am Ärmel seiner Tunika fest und sah zu ihm auf. »Ach, Kafur, so sag mir doch, was ich tun soll!«
    »Deinem Herzen folgen, mein Sternchen«, riet er und tippte ihr mit einem aufmunternden Nicken auf die Nase.
    »Und wenn mein Herz es auch nicht weiß? Außerdem habe ich solche Angst!«
    »Ich weiß«, erwiderte Kafur. »Und du hast weit mehr zu verlieren als ich, der ich schon ein alter Mann bin. Deswegen will ich dich auch nicht überreden. Du musst tun, was du für richtig hältst. Geh in dich, Sternchen. Und wenn du genau hinhörst, wirst du verstehen, was dein Herz dir sagt, und dann auch den Mut finden, seinem Rat zu folgen!«
    Zahra zog ihre Unterlippe in den Mund und kaute darauf herum. Kurz darauf sah sie zu Kafur auf. »Ich nehme an, wir müssten selbst zusehen, wie wir zu Boabdil kommen?«
    Kafur nickte.
    »Dann …« Zahra schluckte. »Dann bring mich zu Amina. Sie wird uns gewiss mit dem Nötigen versorgen.«
    Ein feines Leuchten entzündete sich in Kafurs Augen und erfasste schließlich das ganze Gesicht. Mit einem seligen »Ich wusste, dass mein Sternchen uns nicht im Stich lassen würde!« zog er Zahra an seine breite Brust und ließ sie erst wieder los, als Zahra ihm lachend zurief, dass er auf dem besten Weg sei, sie zu erdrücken.
     
    Amina fiel aus allen Wolken, als Zahra ihr erklärte, was sie vorhatte. »Bist du von allen guten Geistern verlassen?«, brauste sie auf. »Dafür wird dein Vater dich verstoßen, gar nicht zu reden davon, was geschieht, wenn Hassan oder Isabel de Solís deiner habhaft werden!«
    »Noch schlimmer fände ich, wenn ich mich nicht mehr im Spiegel ansehen könnte, weil ich Aischa im Stich gelassen habe, als sie mich am dringendsten brauchte.«
    »Du weißt doch gar nicht, was du redest! Zahra, ich bitte dich, dieses Unterfangen mit Hayat und dem Sklaven war wahrlich schon riskant genug, und es ist ein Wunder, dass das alles glimpflich ausgegangen ist!«
    Zahra zog es vor, hierauf nichts zu erwidern. Denn vor allem für Hayat waren die Folgen alles andere als glimpflich. Zwar hatte ihr Vater ihrer Halbschwester nur eine Standpauke gehalten, aber die Aussicht, schon nächste Woche zu ihrem Mann zurück nach Fès zu müssen, trieb Hayat stets von neuem die Tränen in die Augen.
    »Wie soll mich Miguel denn dann jemals finden?«, weinte sie in einem fort, und Zahra konnte nicht mehr tun, als sie dann

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