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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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seine Schritte … Er verharrte. Kurz darauf waren weitere Schritte und Blätterrascheln zu hören. Zahra klaubte ein paar mittelgroße Steine auf und verbarg sie in der linken Hand. Kafur ging weiter. Zahra hatte den Eindruck, dass er auf die anderen zulief, und wusste nicht, was sie tun sollte, um ihn zu warnen. Dann hörte sie wieder die Schritte der anderen, kurz darauf die von Kafur, dann einen dumpfen Schlag, einen Aufschrei und wütendes Schnaufen.
    Augenblicklich sprang Zahra auf und preschte durch die Blätterwand. Schon nach wenigen Metern entdeckte sie Kafur. Er rang mit einem Wegelagerer und verlor dabei seinen Ast; der Kerl war zwar ein gutes Stück kleiner, aber um einiges jünger als der Eunuch. Ein zweiter Räuber schwang einen dicken Knüppel und schien auf den passenden Moment zu warten, um ihn Kafur überzuziehen, doch die Kämpfenden bewegten sich zu schnell, als dass er den Schlag wagen konnte. Da packte Kafur seinen Angreifer an den Schultern und schleuderte ihn gegen einen Baum, und zugleich sprang er mit einer Behendigkeit zu dem anderen Wegelagerer herum, die Zahra ihm niemals zugetraut hätte. Der zu Boden gegangene Kerl blieb benommen liegen. Kafur und der zweite Wegelagerer umschlichen einander wie Katzen. Geschwind ergriff Kafur wieder seinen Ast. Schweiß rann ihm in die Augen. Als er ihn wegwischte, hob sein Angreifer den Knüppel und schmetterte ihn auf Kafur nieder – doch die Macht seines Schlags wurde dadurch gemildert, dass er wie durch Zauberhand selbst zu Boden ging. Kafur ächzte unter dem Hieb, taumelte, konnte sich aber auf den Beinen halten. Zahra rannte zu ihm. »Bist du in Ordnung, Kafur?«
    Er rieb sich über den Kopf, wo ihn der Hieb erwischt hatte, nickte aber. »Ja, schon, aber wieso …« Verwirrt zeigte er auf den bewusstlosen Wegelagerer.
    Zahra schwenkte lächelnd ihre Steinschleuder. »Raschid war ein guter Lehrer!«
    Kafur schüttelte ungläubig den Kopf. »Aber jetzt sollten wir die beiden Strauchdiebe schleunigst fesseln, ehe sie wieder zu sich kommen.«
    Während Kafur die Wegelagerer bewachte, holte Zahra das Seil, mit denen ihre Decken am Sattel befestigt waren, verschnürte den beiden Männern die Hände auf dem Rücken und band sie auch noch aneinander fest. Kafur prüfte die Knoten und grinste Zahra an. »Nicht schlecht für eine Hofdame!«
    Zahra erwiderte sein Grinsen. »Für einen alternden Haremswächter hast du dich auch wacker geschlagen. Aischa hätte gestaunt, wenn sie dich eben erlebt hätte!«
    Kafur schmunzelte und wedelte ihr mit den Händen zu. »Sehen wir zu, dass wir wegkommen. Am besten schlagen wir unser heutiges Nachtlager ein gutes Stück weit von diesen beiden Burschen hier auf. Wer weiß, wie lange sie brauchen, bis sie das Seil an einem Stein aufgescheuert haben. Ich würde den beiden nur ungern ein zweites Mal über den Weg laufen!«
     
    Fortan setzten Zahra und Kafur ihre Reise mit größerer Vorsicht fort, und als sie in Grenzgebieten immer wieder an zerstörten und gebrandschatzten Ortschaften vorbeikamen und die entsetzlich zugerichteten maurischen wie christlichen Leichen sahen, wählten sie ihre Wege mit noch mehr Bedacht und zitterten beim Gedanken daran, dass auch Boabdils Zufluchtsort ein ähnliches Schicksal ereilt haben könnte. Aufgrund ihrer Umwege erreichten sie das kleine Bergdorf, in dem sich Boabdil vor den Häschern seines Vaters versteckte, erst nach neunzehn Reisetagen. Zu Zahras großer Erleichterung fanden sie den Ort unversehrt vor. In den Gassen spielten Kinder, vor den Haustüren räkelten sich Katzen in der Mittagssonne, und an der Zisterne plauschten ein paar alte Männer miteinander.
    »Aischa meinte, an der Zisterne müssten wir nach links«, sagte Kafur. Hinter der Wegbiegung sahen sie hinter etlichen einstöckigen Häusern ein zweistöckiges emporragen und nahmen an, dass dies das Haus war, in dem sich Boabdil seit seiner Flucht aus seinem
palacio
in Almería vor den Häschern seines Vaters versteckte.
    »Kafur, sieh mal!« Zahra wies auf die Fenster des oberen Stockwerks. »Das, was da im Sonnenlicht blitzt, sind doch Waffen, oder?«
    »Ohne seine Soldaten und Leibwächter wäre Boabdil schon lange nicht mehr am Leben!«
    Vor der hohen, zweiflügeligen Eingangstür hielten zwei Soldaten Wache. Kafur und Zahra saßen von ihren Pferden ab und gingen mit verbindlichem Gruß auf die beiden Männer zu.
    »Wir sind gekommen, um Euren Herrn zu sprechen«, sagte Zahra zu dem älteren von ihnen.
    Der

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