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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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ihn war. Er ahnte, dass ihm vor allem die Sehnsucht nach seiner geheimnisvollen Retterin die Kraft verliehen hatte, den Todesengeln die Stirn zu bieten, und musste oft selbst an seine Maurin mit den unglaublich blauen Augen denken …
    Dass Miguel um diese Frau nach wie vor ein solches Geheimnis machte, verlockte die Soldaten der Kompanie zu den wildesten Spekulationen, zu denen sich Miguel jedoch nie äußerte. Seit seiner Rückkehr aus Granada war er schweigsam geworden, und statt nach dreistem Unfug stand ihm der Sinn eher nach nachdenklichen Gesprächen. Dass er vor zwei Tagen zu ihnen gestoßen war, hatte Gonzalo sehr überrascht, da Miguel ihm noch vor wenigen Wochen gesagt hatte, dass er nie wieder in den Krieg ziehen werde. Da Miguel ihm keinen Grund für seinen Sinneswandel nennen wollte, bedrängte ihn Gonzalo nicht weiter, sondern freute sich einfach, wieder einmal länger mit seinem Freund zusammen sein zu können.
    Weil Gonzalo den Marqués nirgends entdecken konnte und die Sonne zunehmend heißer auf sie niederstach, ließ er sich mit einem Seufzer neben Miguel auf einem von hohen Eukalyptusbäumen beschatteten Findling nieder und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wird es dir angesichts von Fernandos Planungen nicht auch allmählich angst und bang?«
    Miguel zuckte mit den Achseln. »Weder dir noch mir steht es zu, Fernando zu kritisieren. Ich hoffe, er wird noch selbst einsehen, dass wir die Mauren so nicht bezwingen können.«
    »Das Gleiche hat mir eben auch Jaime gesagt«, brummte Gonzalo, »und er ist außer sich vor Wut. Schließlich hat er seine Gefangenschaft bei den Mauren auch nicht viel besser überstanden als du und wenig Lust, das Gleiche noch einmal durchzustehen. Wenigstens wurde er freigekauft und braucht nicht wie du zusätzlich zu fürchten, dass ihn im Falle einer neuerlichen Gefangenschaft einer von den Mauren als entlaufener Sklave wiedererkennt und er am nächstbesten Galgen endet.«
    Statt etwas zu erwidern, ließ Miguel seinen Blick nach Loja wandern. In seine Miene trat etwas Versonnenes, was so gar nicht zum Thema ihres Gesprächs zu passen schien. Ehe er dazu kam, Miguel darauf anzusprechen, trat der Marqués zu ihnen. Als Gonzalo sein unzufriedenes Gesicht sah, atmete er auf. »Kann ich aus Eurer Miene schließen, dass Ihr jetzt doch bereit seid, Fernando auf seine Fehlplanung hier anzusprechen?«
    Der Marqués schnaubte unwillig auf. »Gott soll ja mit den Verrückten sein, aber was Fernando hier vorhat, kann selbst mit Gottes Hilfe nicht funktionieren!« Vielsagend wies er mit dem bärtigen Kinn zu den heillos um sie verstreuten Lagern. »Allerdings muss man zu Fernandos Ehrenrettung sagen, dass selbst erfahrenere Feldherren als er hier an ihre Grenzen stoßen würden!«
    »Zumindest aber hätten die das Lager nicht über mehrere Hügel verteilt«, brummte Miguel. »Wie soll denn ein Heer, dessen Lager durch solch tiefe, felsige Abgründe voneinander getrennt sind, einander im Ernstfall Hilfe leisten?«
    »Und hinzu kommt, dass Fernando in diesem unwegsamen Gebiet weder unsere Reiterei noch unsere Geschütze nutzbringend einsetzen kann!« Gonzalo sah den Marqués abwartend an.
    »Ja, ja, ich weiß …« Der Marqués kratzte sich im Bart. »Also gut, dann beiße ich eben in den sauren Apfel und werde bei unserem Herrn und König vorstellig. Betet für mich, dass er mir nicht gleich den Kopf abreißt!«
     
    Nach einer lautstarken Diskussion – die sich weder Gonzalo noch Miguel dem König gegenüber hätten erlauben können – hatte der Marqués Fernando endlich davon überzeugt, die Lager einander anzunähern. Überdies rief Fernando Gonzalo, Miguel und seine anderen Truppenführer zu sich und erklärte ihnen, dass er »nach reiflicher Überlegung« die Angriffspläne geändert habe. Nervös strich er sein kinnlanges, dunkelblondes Haar über der Stirn zurück. »Wir werden uns morgen früh auf die Eroberung der Brücke konzentrieren. Wir haben nur dann eine Chance, Loja einzunehmen, wenn wir die Brücke als Zaun gegen den Feind und zum Schutz des Lagers einsetzen können!«
    Gonzalo und die anderen Truppenführer nickten. Der Vorschlag erschien ihnen vernünftig. Vielleicht war also doch noch nicht alles verloren.
     
    Kaum hatten Gonzalo, Miguel und ihre Soldaten am Morgen die Anhöhe am Fluss erreicht, stürmte die maurische Kavallerie auch schon gegen sie an. Die Luft vibrierte vom Widerhall ihrer Klingen, der Fluss zu ihren Füßen verfärbte sich rot

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