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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Männer zählt als das gesamte Heer Ali al-Attars, ist Fernando der Ansicht, allein der Anblick unserer Truppe würde Ali al-Attar und seine Männer in die Flucht treiben.«
    »Ali al-Attar in die Flucht treiben?« Gonzalo stieß einen Schwall Luft aus. »Eher frisst eine Maus einen Elefanten!«
    Der Marqués stülpte die Lippen vor und nickte.
     
    Drei Tage später erreichten Gonzalo und der Marqués de Cadiz an der Spitze von Fernandos Heer den Gipfel, von dem aus man Loja sehen konnte. Der Marqués hob die Hand, um die Soldaten zum Stillstand zu bringen, und bedachte das Land zu seinen Füßen mit unwilligem Blick.
    »Genau so habe ich mir das vorgestellt«, stöhnte er. »Hügel, Hügel, nichts als Hügel – unmöglich, hier ein zusammenhängendes Lager aufzubauen.«
    »Noch mehr Sorgen macht mir der Fluss«, seufzte Gonzalo und zeigte auf den Genil, der dicht bei der Stadt floss. »Schaut nur, wie steil die Ufer hier sind. Meines Wissens ist der Fluss so tief, dass man ihn kaum durchschreiten kann – und die Mauren sind im Besitz der Brücke! Ich hoffe, Fernando erkennt bald selbst, dass er sich verrannt hat!«
    »Ich befürchte, er wird in diesen Schwierigkeiten eher eine besondere Herausforderung sehen, die seinen Ruhm nach der Eroberung nur noch mehren wird. In gewisser Weise kann ich ihn sogar verstehen: Don Juan hat in letzter Zeit so viel Kriegsglück gehabt, dass er langsam in Bedrängnis gerät. Schließlich ist er der König – ihm sollte der größte Ruhm zufallen, nicht einem seiner Adligen.«
    In der Tat hielt das schwierige Umland Lojas Fernando keineswegs von seinem Vorhaben ab. Ohne zu zögern, gab er Befehl, sein Zelt in einer Olivenbaumplantage am Fuße des Flusses aufzuschlagen und die Lager der Truppen auf den Höhen der umliegenden Hügel zu verteilen. Der Marqués riet Gonzalo, seine Kritik für sich zu behalten. »Warten wir ab, wie Fernando die Lage sieht, wenn die Zelte aufgeschlagen sind!«
    Doch auch am nächsten Morgen widerrief Fernando nicht seinen Befehl. Besorgt machte sich Gonzalo auf die Suche nach dem Marqués und traf stattdessen zunächst auf Miguel de Balera, der vor zwei Tagen mit seinen Soldaten überraschend zu ihnen gestoßen war. Gonzalo und Miguel kannten sich seit ihrer frühen Jugend. Genau wie Gonzalo war auch Miguel von seinen Eltern für einige Jahre in einem Kloster bei Sevilla untergebracht worden, um Grammatik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik zu lernen. Die Freunde hatten damals nicht nur viel Zeit Seite an Seite im Dormitorium, sondern oft genug auch in einer kargen, lichtlosen Zelle zugebracht, in welche die Mönche sie wegen ungebührlichen Benehmens oder eines ihrer Lausbubenstreiche gesteckt hatten. Meist war Miguel die treibende Kraft gewesen. Aber wenn er einen Verbündeten für seine Unternehmungen brauchte, war Gonzalo stets zur Stelle und saß die Straftage in der Zelle klaglos mit ihm ab. Nach den Klosterjahren verloren sie sich einige Jahre aus den Augen, weil Miguel nach dem frühen Tod seines Vaters als ältester Sohn die Verwaltung der weitläufigen elterlichen Besitzungen übernehmen musste, Gonzalo aber als Page in die Dienste Alfonsos und nach dessen Tod in die seiner Schwester Isabel trat. Als Gonzalo von der Gefangenschaft Miguels und kurz darauf auch noch von der seiner Mutter in Granada erfuhr, setzte er alle ihm möglichen Hebel in Bewegung, um die beiden freizukaufen. Dann aber erfuhr er, dass Miguels Mutter gestorben und seinem Freund die Flucht geglückt war. Doch er war so krank, dass man um sein Leben fürchtete. Sofort eilte Gonzalo zu ihm. Als er ihn matt, abgemagert und mit hohem Fieber in seinen Kissen liegen sah, bezog er in seinem Haus ein Gästezimmer und überwachte seine Pflege. Es dauerte Wochen, bis sich die tiefen Fleischwunden schlossen, welche ihm die Peitschenhiebe seines einstigen maurischen Herrn in den Rücken gegraben hatten, und Gonzalo wusste, dass es in den Augen der Ärzte ein Wunder war, dass er nicht an einer Blutvergiftung gestorben war und von seinen Verletzungen nichts weiter als dicke Narben und aufgrund der Schulterverletzung eine verminderte Beweglichkeit des linken Armes zurückbehalten hatte. Später erfuhr er von Miguel, dass ihm die Flucht aus Granada dank der Hilfe einer Maurin gelungen war, konnte ihm aber keine weiteren Details über die Frau entlocken. Allein das Aufleuchten seiner Augen, wenn er die Frau erwähnte, verriet Gonzalo, dass sie mehr als »irgendeine Maurin« für

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